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Kommentar von Otto Herrmann Pesch zum deutschen Katholizismus

Aus einem Artikel im Sonntagsblatt vom 15.2.2004

Was die deutschen Katholiken Luther verdanken

Münchner Akademietagung fragt nach dem Selbstverständnis des deutschen Katholizismus

Dass es in der deutschen katholischen Kirche »in bestimmter Hinsicht etwas freier zugeht als anderswo«, verdankt sie dem Augustinermönch und Reformator wider Willen Martin Luther. Diese Ansicht vertrat zumindest der Hamburger Theologe Otto Hermann Pesch - Katholik und Luther-Spezialist - bei einer Tagung der Katholischen Akademie zum Thema »Was ist deutsch an der Kirche in Deutschland?«

Spätestens das Zweite Vatikanische Konzil habe auf katholischer Seite zahlreiche Anliegen Luthers aufgegriffen und umgesetzt, von der Liturgiereform über die Anerkennung der Bibel als des alleinigen und konkurrenzlosen Maßstabs kirchlichen Lehrens und Handelns bis zum Bild des »Volkes Gottes« unter Beteiligung aller Getauften. »Urlutherisch« sei dieses neue Selbstverständnis, trotz mancher »nervenden, aber theologisch nicht zu beanstandenden« Folgen wie Kirchenvolksbegehren oder Initiative Kirche von unten. Pesch: »Die Kirche besteht nicht aus Hirten und geweideten Schafen, sondern ist Gemeinschaft derer, die alle in der Taufe den Heiligen Geist empfangen und darum Anspruch auf entsprechende Partizipation am Leben der Kirche haben.«