Aufgelesen |
Alte Botschaft Der Mann ist sich treu. Was Joseph Ratzinger dachte, spricht Papst Benedikt XVI. aus – volkstümlicher, ausdrücklich „positiv“ im Ton, doch in der Sache unbeugsam. Was vier zur Verneigung neigende, als Journalisten angereiste Stichwortgeber und das Fernsehpublikum am Sonntagabend erfuhren, liegt in dem Trend, den schon Benedikts Vorgänger setzte: Anpassung ans Lebensgefühl der Zeit (und vor allem der Jüngeren) im Ton, konsequente Verweigerung gegenüber gesellschaftlichen Veränderungen in der Sache. Im – zugegeben sprachlich unangemessenen – Slang der Marketing-Leute: Der Markt der Wertesuchenden wird knallhart penetriert, aber das „Produkt“ namens Glaubenslehre bleibt, wie es ist. So dürfen sich also Frauen freuen, dass ihnen von höchster kirchlicher Stelle die besten Eigenschaften attestiert werden. Und sie dürfen diese Eigenschaften zum Wohle aller und überall entfalten, nur nicht in den Ämtern, die ihnen auch die Macht dazu gäben. So dürfen Protestanten an der Verkündigung der „großen ethischen Richtlinien“ und des „gemeinsamen Christenzeugnisses“ fleißig teilnehmen, aber bitte vom Katzentischchen aus und nicht etwa auf der Basis einer gleichberechtigten Ökumene. Es hat schon etwas, diesem Mann zuzuschauen. Es fasziniert in der Tat, dass es eine Institution gibt, die nicht – wie viele andere unter dem Deckmantel des Pragmatismus und in Wahrheit doch opportunistisch jeder Mode folgt. Wie schön das wäre, wenn sie dabei die Wirklichkeit zur Kenntnis nähme! Stephan Hebel |