Aufgelesen
  Ida Raming:

Warum ist der Zugang zu Ordination und Priesteramt für die Frauen und für die Reform der Kirche von zentraler Bedeutung?

Sollen sich Frauen trotz aller Widerstände, die sich ihnen schon seit langem und voraussichtlich auch noch länge Zeit entgegen stellen werden, für ihren Zugang zum Diakonat und Presbyterat einsetzen? Wie hoch ist der menschliche, auch gesundheitliche Preis für diese Anstrengung? Lohnt sich die Anstrengung überhaupt? Welchen Sinn hat sie für die Beteiligten und für die Kirche insgesamt? Folgende Gründe sprechen für diesen hohen Einsatz:

Gottes Geistkraft weht, wo sie will, und teilt einer jeden/einem jeden zu, wie sie will (vgl. 1 Kor 12,11): Sie verleiht Frauen wie Männern Charismen/Geistesgaben, die dem Aufbau der Kirche dienen sollen. Frauen werden (ebenso wie Männer) zum priesterlichen Dienst berufen. (Entsprechende Selbstzeugnisse von Frauen liegen vor, sie sollten endlich respektiert werden!) Frauen müssen einen freien Zugang zu allen Diensten und Ämtern der Kirche erhalten, damit sich ihre Berufung zum Wohl der Kirche auswirken kann. Die Verantwortung für die Förderung geistlicher Berufungen soll die gesamte christliche Gemeinschaft übernehmen (vgl. CIC c. 233 § 1); in besonderer Weise wird dem Bischof diese Aufgabe übertragen (vgl. c 385). Wenn aber die verantwortlichen kirchlichen Amtsträger nur Männer zum priesterlichen Dienst zulassen, dann schreiben sie Gott geradezu vor, dass Gottes Geistkraft nur Männer beruft, und stellen so dem freien Wirken Gottes unerträgliche, geist-lose Schranken entgegen! (Welch ein Gottesbild liegt dem zugrunde?)

Durch den Zugang zu allen kirchlichen Diensten würden Frauen endlich volle und gleichberechtigte Mitglieder der Kirche. Solange sie um ihres Geschlechtes willen ausgeschlossen werden, haben sie die "Freiheit der Kinder (bzw. Töchter) Gottes" noch nicht erlangt. Sie werden inferior gehalten und verkümmern in ihrer Persönlichkeitsentfaltung. Bewusst oder unbewusst tragen sie daran. Durch den freien Zugang zu allen Diensten in der Kirche können sie diese Fesseln abstreifen, sie können aufatmen und ihre Gaben ungehindert in den Aufbau der Kirche stellen. Sie wachsen innerlich an und mit diesen Aufgaben. (Das zeigen uns die evangelischen Pastorinnen, die - ebenfalls nicht ohne vorangegangenen Kampf - seit einigen Jahrzehnten die vollen Rechte als Pfarrerinnnen erlangt haben: Ihr Zugang zu Ordination und Amt hat für alle Frauen in der evangelischen Kirche eine befreiende Wirkung, auch wenn sie das pastorale Amt nicht anstreben.) Die in ihrer Persönlichkeit gestärkten Amtsträgerinnen haben für andere Frauen eine Vorbild-Funktion; sie können anderen (Laien)Frauen neue Wege und Gestaltungsmöglichkeiten aufzeigen, sie "höher ziehen". Frauen im priesterlichen Dienstamt können anderen Frauen in ihrer spezifischen Situation als Frauen beistehen, raten …. Frauen in der Kirch brauchen daher dringend "Schwestern im Amt"! Wie langeschon haben Frauen in ihrer Entwicklung solche Vor-Bilder und Schwestern entbehrt!

Auch für Männer in der Kirche ist der freie Zugang von Frauen zu kirchlichen Ämtern sehr vorteilhaft: Sie gewinnen Frauen als gleichrangige Partnerinnen und Kolleginnen. Sie werden dadurch aufgefordert, ihre antichristliche Vor-Herrschaft, ihr Macho-tum abzulegen, werden menschlicher, können Jesus wirklich nachfolgen, ihm ähnlicher werden, der nicht gekommen ist zu herrschen, sondern den Menschen zu dienen, und der aus seinem Mann-Sein niemals einen Vor-Rang für sich abgeleitet hat.

Durch die gleichrangige Partnerschaft zwischen Frauen und Männern in der Kirche gewinnt die Kirche an Lebendigkeit und Reichtum (auch im Hinblick auf die liturgische Sprache und in Bezug auf das Gottesbild, dessen rein männliche Prägung eine nicht zu übersehende Verarmung und Einseitigkeit bedeutet), Die Kirche gewinnt an Glaubwürdigkeit und erhält einen Vorbild-Charakter auch für die "profane" Welt. Denn solange Frauen in der Kirche (in den Religionen überhaupt) als zweitrangig eingestuft werden, hat das eine negative, niederziehende Wirkung auch auf die profane Gesellschaft. Die biblische Botschaft und Verheißung: "In Christus" ist aufgrund von Glaube und Taufe … "nicht männlich und weiblich" (Gal. 3,27 f) - d.h. es gibt keine Vorrangstellung aufgrund des menschlichen Geschlechts - diese Botschaft wird durch den freien Zugang von Frauen zu den kirchlichen Dienstämtern endlich auch in den Strukturen der Kirche verwirklicht. So erst erhält die Kirche Strahlkraft nach innen und nach außen.



aus Ida Raming: "Römisch-katholische Priesterinnen, Realität in der gegenwärtigen und zukünftigen Kirche!" S. 17 - 19, 2013, ISBN 978-3-643-12307-7. LIT-Verlag