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Verbunden mit den Menschen in den Todeszellen
21. April 2002
Der Gottesdienst wurde vorbereitet von
Ursula Böckenhoff und Josef Hanauer.
Die Todesstrafe in unserer heutigen Zeit
Die Todesstrafe ist eine der ältesten Strafen
der Gesellschaft.
Sie stammt noch aus der Vorzeit,
wo Blutvergießen mit Blutvergießen
geahndet wurde.
Die private Blutrache ist bis heute in manchen Ländern
nicht überwunden.
Auf dieser Basis beruht auch die Todesstrafe,
die in vielen Staaten noch gesetzlich verankert ist.
Neueste Informationen von amnesty international besagen:
-
75 Staaten haben die Todesstrafe vollständig
abgeschafft.
-
14 Staaten sehen die Todesstrafe nur noch für
außergewöhnliche Straftaten wie
Kriegsverbrechen vor.
-
20 Staaten haben die Todesstrafe in der Praxis,
aber nicht im Gesetz abgeschafft.
Somit wenden momentan 109 Staaten die Todesstrafe nicht mehr
an; aber 86 Staaten halten weiterhin an der Todesstrafe fest.
Das bedeutet, dass zur Zeit mehr als die Hälfte aller
Staaten weltweit die Todesstrafe per Gesetz oder zumindest
in der Praxis abgeschafft hat.
Dennoch lebt nur knapp ein Viertel der Weltbevölkerung
in Staaten ohne Todesstrafe.
Wenngleich noch in vielen Staaten Todesstrafengesetze
existieren und auch angewandt werden, so ist doch
festzustellen, dass die Zahl derjenigen Länder,
in denen tatsächlich Hinrichtungen stattfinden,
weitaus geringer ist.
Im Jahr 2000 wurden mindestens 1457 Gefangene in
27 Staaten hingerichtet - vor allem in China, Iran,
Saudi-Arabien und USA -.
In wesentlich mehr Staaten, nämlich in 65,
wurden mindestens 3058 Personen zum Tode verurteilt.
Soweit die Informationen von amnesty international.
Die tatsächlichen Zahlen liegen mit Sicherheit
höher.
Kain und Abel (Genesis 4, 1-16)
1Adam
schlief mit seiner Frau Eva, sie wurde schwanger
und brachte einen Sohn zur Welt.
«Mit Hilfe des Herrn habe ich einen Sohn geboren!»
rief sie aus. Darum nannte sie ihn Kain («Gewinn»).
2Ihren zweiten Sohn nannte sie Abel
(«Vergänglichkeit»).
Abel wurde ein Hirte, Kain ein Bauer.
Die beiden wuchsen heran.
3Zur
Zeit der Ernte opferte Kain dem Herrn von dem Ertrag
seines Feldes.
4Abel
schlachtete eines von den ersten Lämmern
seiner Herde und brachte die besten Fleischstücke
dem Herrn als Opfer dar.
Abels Opfer nahm der Herr an,
5das
von Kain aber nicht.
Darüber wurde Kain zornig und starrte
mit finsterer Miene vor sich hin.
6«Warum
bist du so zornig und blickst so grimmig zu Boden?»
fragte ihn der Herr.
7«Wenn
du Gutes im Sinn hast, kannst du doch jedem offen
ins Gesicht sehen.
Wenn du jedoch Böses planst,
dann lauert dir die Sünde auf.
Sie will dich zu Fall bringen,
du aber beherrsche sie!»
Entnommen aus:
Die Welt ist voller Farben
Bilder aus Thailand zum Alten Testament
Von Herrmann-Josef Frisch.
Mit Bildern von Prakhongkoon Phongphaiboon.
Aachen: Missio-Aktuell-Verlag, 1992.
ISBN: 3-928567-07-1
Seite 17: Kain und Abel.
8Kain
schlug seinem Bruder vor:
«Komm, wir gehen zusammen aufs Feld!»
Als sie dort ankamen, fiel er über Abel her
und schlug ihn tot.
9Da
fragte der Herr:
«Wo ist dein Bruder Abel?»
«Woher soll ich das wissen?»
wich Kain aus.
«Ist es etwa meine Aufgabe, ständig
auf ihn aufzupassen?»
10Aber
der Herr entgegnete:
«Warum hast du das getan?
Das vergossene Blut deines Bruders schreit
von der Erde zu mir!
11Darum
bist du von nun an verflucht:
Weil du in diesem Land einen Mord begangen hast,
mußt du von hier fort.
12Und
wenn du ein Feld bebauen willst,
wird es dir keinen Ertrag mehr bringen.
Gejagt und gehetzt mußt du von jetzt an
umherirren!»
13«Meine
Strafe ist zu hart - ich kann sie nicht
ertragen!» erwiderte Kain.
14«Du
verstößt mich aus meiner Heimat,
und auch vor dir muss ich mich verstecken!
Gejagt und gehetzt werde ich umherirren,
und jeder der mich sieht,
kann mich ungestraft töten!»
15«Nein»,
sagte der Herr, «wenn dich jemand tötet,
wird er dafür siebenfach bestraft werden!»
Er machte ein Zeichen an Kain,
damit jeder, der ihm begegnete, wußte:
Kain darf man nicht töten.
16Dann
verließ Kain die Nähe des Herrn und wohnte im
Land Nod («Land des ruhelosen
Lebens»)
Meditation
Herr, wir sind hier versammelt, um alles, was uns erfreut
und bedrückt, vor Dein Angesicht zu bringen.
Wir sind in Deinem Namen versammelt und Du bist
mitten unter uns.
Herr wir gedenken heute der vielen Menschen,
alten und jungen, die zum Tode verurteilt sind.
Wir sind mit ihnen solidarisch, obgleich wir ihre Namen
nicht kennen und nichts von ihren Schicksalen wissen.
Nur Du, Herr, kennst den Lebensweg jedes einzelnen.
Du weißt auch um die schwere Schuld und die
großen Verbrechen, die viele von ihnen auf sich
geladen haben.
Bevor wir uns aber den Tätern zuwenden, möchten
wir der Opfer gedenken...
Wie viele Menschen wurden ermordet im Affekt oder aus
Habsucht, Neid, Eifersucht oder Machtstreben.
Wir wissen um die schweren Vergehen vieler Täter
und wollen ihre Schuld nicht klein reden.
Du hast das Gebot erlassen, nicht zu töten.
Aber seit es Menschen gibt, gibt es Mord und Totschlag.
Bereits Kain erschlug Abel. Kain wurde von Dir bestraft
mit harter Arbeit und hatte die Gemeinschaft als
heimatloser Flüchtling zu verlassen.
Trotzdem: Niemand sollte ihm ungestraft nach dem Leben
trachten...
Er stand unter Deinem Schutz!
Was wissen wir wirklich von den Tätern und ihren
Motiven...?
Wie viele Täter sind frei in ihren Entscheidungen?
Wie viele sind geistig oder psychisch gestört?
Dass es Verbrecher gibt, die für andere Menschen eine
Gefahr darstellen und deshalb in der Gemeinschaft nicht
mehr frei leben können, ist offensichtlich.
Aber wer hat das Recht, diesen Menschen das Leben
abzusprechen?
Herr, wie viele Menschen wurden schon zu Mördern
aus Verzweiflung, Armut, Ausbeutung oder
Unterdrückung.
Du weißt, wie schwierig das Leben in
menschenunwürdigen Elendsvierteln und in Slums ist.
Oft wird schon für ein kleines Vergehen die
Todesstrafe verhängt.
Ganz besonders möchten wir derjenigen gedenken,
die in den Todeszellen sitzen und unschuldig sind.
Nicht selten traten falsche Zeugen auf oder es lagen
Verwechslungen vor und kein Richter hatte ihnen ihre
Unschuldsbeteuerungen geglaubt.
Herr, Du sprachst: «Selig sind diejenigen,
die hungern und dürsten nach Gerechtigkeit.»
Herr, Du bist selbst - unschuldig - angeklagt und
verurteilt worden. Du kennst die Hilflosigkeit,
brutalen Machtmenschen ausgeliefert zu sein.
Du kennst die Todesangst und Hoffnungslosigkeit.
Du weißt um die seelische Not und Verlassenheit
in den dunklen Stunden der Nacht.
Gerade im Angesicht des Todes wird das Leben so kostbar
empfunden; wenn alles Äußere unwichtig ist,
wird jeder Atemzug, jeder Pulsschlag bewußt erlebt.
Leben heißt hoffen.
Herr, wie viele Menschen, die zum Tode verurteilt werden,
wissen nichts von Dir, haben nie Deinen Namen gehört,
wissen nichts von Deinem Kreuzweg und Deinem Kreuzestod,
ihnen ist Deine Botschaft fremd!
Sie ahnen nicht, dass Du ihnen ganz nahe bist in diesen
schweren Stunden.
Mit Recht wird Deine Botschaft eine Frohe genannt:
denn jeder, der sich an Dich wendet
- so schwer auch seine Schuld ist - erhält Vergebung
und kann neu sein Leben gestalten.
Welche Befreiung, welche Hoffnung, welches Aufatmen!
Unsere Schuld drückt uns, ja erdrückt uns
nicht mehr.
Du nimmst unsere ganze Schuld auf Dich und befreist uns.
Herr, als Du am Kreuze hingst und der rechte Schächer
sich an Dich gewandt hat, hast Du ihn nicht
zurückgestoßen:
«Heute noch wirst du mit mir im Paradiese
sein».
Herr, wie viele der zum Tode Verurteilten werden ihre
Untaten bereuen und ihr Vergehen beklagen und hoffen
- wahrscheinlich bis zum letzten Augenblick -,
dass man ihnen noch eine Chance gibt.
Herr, laß sie spüren, dass Du in ihrer
Nähe bist und reiche ihnen Deine rettende Hand.
Jesus vergibt der Ehebrecherin (Johannes
8,1-11):
1Jesus
verließ die Stadt und ging zum Ölberg.
2Aber
schon am nächsten Morgen war er wieder im Tempel.
Viele Menschen drängten sich um ihn.
Er setzte sich und begann, sie zu unterrichten.
3Da
schleppten die Schriftgelehrten und Pharisäer
eine Frau heran, die beim Ehebruch ertappt worden war,
stießen sie in die Mitte,
damit jeder sie sehen konnte,
4und
sagten zu Jesus:
«Diese Frau wurde beim Ehebruch überrascht.
5Wenn
wir das Gesetz Mose befolgen wollen,
müssen wir sie steinigen.
Was meinst du dazu?»
6Das
war eine Fangfrage.
Sie suchten nämlich einen Anlass,
um Jesus anklagen zu können.
Aber Jesus schien gar nicht auf ihre Frage zu achten.
Er bückte sich und schrieb mit seinem Finger auf die Erde.
7Als
sie hartnäckig nach einer Erklärung verlangten,
richtete er sich auf und sagte:
«Nun, dann steinigt sie!
Aber den ersten Stein soll der werfen,
der selbst noch nie gesündigt hat!»
8Dann
bückte er sich wieder und schrieb weiter auf die Erde.
9Als
erstes gingen die Ankläger.
Dann schlichen sich auch alle übrigen
stillschweigend davon -
einer nach dem anderen.
Schließlich war Jesus mit der Frau allein.
10Da
stand er auf und fragte sie:
«Wo sind jetzt deine Ankläger?
Hat dich denn keiner verurteilt?»
11«Nein,
Herr», antwortete sie.
«Dann will ich dich auch nicht verurteilen»,
entgegnete ihr Jesus.
«Geh, aber sündige nicht noch einmal!»
Glaubensbekenntnis (Ernesto Cardenal):
Wir glauben an Gott.
Er gab denen,
die unter dem Gesetz litten, die Liebe.
Er gab denen,
die fremd waren im Land, ein Zuhause.
Er gab denen,
die unter die Räuber fielen, seine Hilfe.
Wir glauben an Jesus Christus,
Sohn Gottes, unseren Bruder und Erlöser.
Er gab denen,
die Hunger hatten, zu essen.
Er gab denen,
die im Dunkel lebten, das Licht.
Er gab denen,
die im Gefängnis saßen, die Freiheit.
Wir glauben an den Heiligen Geist.
Er gibt denen,
die verzweifelt sind, neuen Mut.
Er gibt denen,
die in der Lüge leben, die Wahrheit.
Er gibt denen,
die die Schrecken des Todes erfahren,
die Hoffnung zum Leben.
Gott segne uns
und behüte uns,
dass wir bewahrt bleiben
vor der Macht dunkler Kräfte in uns
und vor der Versuchung,
mit ihnen herrschen zu wollen
in der Welt.
Gott segne uns
und stärke uns,
dass wir die Angst überwinden
vor allem, was unser Leben bedroht,
und was zerstörerisch wirkt
in der Welt.
Gott segne uns
und erfülle uns mit Frieden,
dass wir mit uns selbst zur Ruhe kommen
und die gesammelten Kräfte einsetzen können
für den Frieden
in der Welt.