Auf dem Wege zur Kirchengemeinschaft
von Willi Mitzkewitz
Für viele Menschen hat die Unterscheidung von Katholisch und Evangelisch schon längst an Bedeutung verloren. Mit Unverständnis wird auf die hinhaltende Strategie der offiziellen Kirche zur Kirchengemeinschaft reagiert. An der Basis, in den Kirchengemeinden ist man vielerorts schon weiter als es die kirchlichen Oberen wollen; denn die Menschen verstehen die oft subtilen theologischen Einwände gegen die Einheit der Kirchen nicht mehr. Die Institution Kirche hinkt gewaltig hinter den Anforderungen der Wirklichkeit unserer Menschen her: Zuviel Unbedarftheit, Enge, Feigheit, Unsicherheit, Furchtsamkeit, Angst, gewaltige Über-Ich-Vorstellungen, Ausflüchte und Mittelmäßigkeit behindern den Weg zur Ökumene.
Gute Gründen sprechen für eine Kirchengemeinschaft jetzt: - Angesichts unseres Gottesbildes vom Dreieinen Gott, in dem wir die Gemeinschaft in Gott besonders herausstellen, ist die Kirchentrennung ein Skandal und spricht der christlichen Botschaft von der Versöhnung Hohn. - Kirchenspaltung ist kein Normalzustand, sondern dauernde Anklage und ein fundamentaler Selbstwiderspruch der christlichen Botschaft. Es bedarf der Gewissensprüfung.
- In beiden Kirchen ist die Auslegung des Evangeliums zur Botschaft des Heils für die Menschen kein Element der Trennung mehr.
- Von den europäischen Kirchen ging das Gift der Trennung unter den Christen in die kirchlichen Gemeinschaften der Welt aus; deswegen müssen wir alles tun, daß die Kirchentrennung überwunden wird.
- Der Jude Jesus ist das Heil für alle Menschen, nur in der Rückbesinnung auf ihn können wir zur Einheit finden.
- Der Weg zur Kirchengemeinschaft ist der Weg der Umkehr zum lebendigen Gott. Diesen Weg finden wir nur, wenn wir uns auf Jesus und seinen Geist einlassen.
- Auf diesem Weg zur Einheit müssen die Strukturen der Kirchen geändert werden, damit wir gemeinschaftsfähig werden.
- Die Taufe ist das sakramentale Band der Einheit, Sie vergegenwärtigt das allen Christen gemeinsam geschenkte Heil und begründet die Kirchengemeinschaft.
- Wir gewähren eucharistische Gastfreundschaft, da Jesus Christus zu seinem Mahl (Abendmahl/Eucharistie) einlädt. Nicht die Einladung zur Mahlgemeinschaft bedarf der Begründung, sondern die Verweigerung.
- Es gibt nur ein ordiniertes Amt in der Kirche, das sich auf den Glauben der Apostel, also auf die inhaltliche apostolische Tradition stützt und nicht auf die apostolische Sukzession der Amtsträger, die sich für einige Jahrhunderte nicht nachweisen läßt.
- Ein großes Hindernis auf dem Weg zur Kirchengemeinschaft ist das Desinteresse und die Gleichgültigkeit in den Gemeinden, die Unentschlossenheit bei Klerus und Pfarrerschaft.
- Das Ziel der Gemeinschaft ist nicht eine uniforme Einheit, sondern eine konziliante Gemeinschaft von Kirchen in versöhnter Verschiedenheit.
- In den Ortsgemeinden - vielerorts geschieht das schon - sollte eine spontane Ökumene ablaufen, die nicht von oben diktiert wird, sondern sich an den Menschen und ihren Problemen orientiert. Hier ist eine ökumenische Gemeindepartnerschaft gemeint, wie sie auch schon im Oberbergischen z.T. praktiziert wird.
- Der Bischof von Rom beansprucht für sich das Amt des Dienstes an der universalen Einheit aller Christen. Diesem Dienst steht aber eine absolutistische Kirchenverfassung entgegen. Dieser notwendige Dienst kann nur in konziliaren Formen ausgeübt werden, das bedeutet: Kirchengemeinschaft ist Gemeinschaft mit dem Papst und nicht unter ihm.
- Am Ende dieses Jahrtausends der Spaltungen sind die Kirchen gut beraten, einen mutigen Schritt aufeinander zuzugehen, der allein dem Anspruch des Glaubens entspricht: Kirchengemeinschaft zu beginnen - und zwar jetzt.
(Karl Rahner, Heinrich Fries, Johannes Brosseder)