Dem Revolutionär Jesus zum Geburtstag

 

Zweitausend Jahre ist es fast,

seit du die Welt verlassen hast,

du Opferlamm des Lebens!

Du gabst den Armen ihren Gott.

Du littest durch der Reichen Spott.

Du tatest es vergebens.

Du sahst Gewalt und Polizei,

Du wolltest alle Menschen frei

und Frieden auf der Erde.

Du wußtest, wie das Elend tut

und wolltest alle Menschen gut,

damit es schöner werde!

Du warst ein Revolutionär

und machtest dir das Leben schwer

mit Schiebern und Gelehrten.

Du hast die Freiheit stets beschützt

und doch den Menschen nichts genützt.

Du kamst an die Verkehrten!

Du kämpftest tapfer gegen sie

und gegen Staat und Industrie

und die gesamte Meute.

Bis man an dir, weil nichts verfing,

Justizmord, kurzerhand beging.

Es war genau wie heute.

Die Menschen wurden nicht gescheit.

Am wenigsten die Christenheit,

trotz allem Händefalten.

Du hattest sie vergeblich lieb.

Du starbst umsonst. Und alles blieb

beim alten.

 

Erich Kästner