Ein Brief des Ultramontanus an seinen Erzbischof

Oberberg im September 2000

Hochzuverehrende, exzellente Eminenz,

endlich ist die "saure Gurkenzeit" vorbei. Sie sind wieder im heiligen Köln, und wir können Ihnen unsere Grüße von hinten den Bergen senden. Hoffentlich wissen Sie, wie treu und ergeben Ihre Schäfchen hier sind. Ein hiesiger Pfarrer zum Beispiel sagte: "Der Herr Kardinal hat mich hier hingestellt und da stehe ich. Ich kann nicht anders!" Spricht nicht eine treue Anhänglichkeit aus diesen Worten?

Umso enttäuschender war für uns die Feststellung, daß sie nicht am Katholikentag in Hamburg teilnahmen. Wie sehr hatten wir doch auf Ihr stärkendes und eindeutiges Wort in den Wirren und Turbulenzen dieser Tage in Hamburg gehofft. Nur Ihr schon verewigter Mitbruder fand zu seinen starken Worten. Mein Freund, ein echter Likaki, meinte, diese Worte seien auch dem lieben Gott zu stark gewesen, so daß er ihn zu sich nahm.

Nun sind Sie die letzte stabile Säule in unserer so bedrohten Kirche. Ich nehme an, daß Sie eine Teilnahme am Katholikentag als eine verlorene Liebesmüh´ angesehen haben, da doch keiner auf Ihr "allerhöchstes Wort" gehört hätte. Mein Freund jedoch, dieser "Sturkopp", behauptet doch steif und fest, daß Sie sich gar nicht einem Dialog stellen könnten, denn Sie könnten nur monologisieren. Wir hinter den Bergen sehen das ganz anders: Immer haben Sie die Nöte der Menschen Ihrer Diözese im Blick. So sind wir sehr erfreut, daß Sie in Bonn ein neokommunales Priesterseminar gründen wollen. Endlich hat einer erkannt, was den Leuten vor Ort fehlt: ehrliche und gewissenhafte Kommunalpolitiker, die sich Ihrem Wort unterordnen. Nun bekommen Sie die Möglichkeit, die zukünftigen Pfarrer auf die Tätigkeit in den Kommunen vorzubereiten.

In Zukunft wird es keine "schwarzen Schafe" mehr geben, keine Politiker, die in ihre eigene Taschen wirtschaften, sondern nur noch Hirten, die Ihre Schafe weiden. Wie gut werden es diese dummen Schafe haben.

Wo erhalten Sie nur die guten Ideen her, mit denen sie uns immer wieder überraschen? Gott möge Sie erhalten! Ich nehme mir das Wort des Propheten, daß im Stillesein und Ausharren unsere Stärke liegt, zu Herzen.

In diesem Sinne grüßt Sie hochzuverehrende Eminenz
Ihr Ultramontanus


W. Mickiewicz