Kirche oder Couch: Kampf um die Seelen — Zitate von Peter Rosien

„Und was die Psychologie angeht, so wird auch hier dem Laien immer bewusster: In der Bibel geht es im Wesentlichen um Seelen-Bilder, um Mythen und Symbole, und kaum um geschichtliche Ereignisse, wie sie die kirchliche Lehre so betont. Vollends seit Carl Gustav Jung aber ist klar, dass man Mythen und Symbole in ihrem Wahrheitskern verfehlt und zerstört, wenn man sie als historische Berichte versteht.

Textgeschichtlich wie religionspsychologisch ist die Kirche heute mit sich selbst noch nicht ins Reine gekommen. Was wissenschaftliche Theologie längst geklärt hat, wird in Verkündigung und Seelsorge einfach ausgeblendet. Da darf es eigentlich nicht wundern, dass die Kirche mit ihrer Lehre heute so augenscheinlich ins Leere läuft. Vollends in der Seelsorge scheint sie die Menschen nicht mehr zu erreichen, obwohl doch Soziologen immer wieder einen starken "Hunger nach Religion" feststellen. Auf diesem Gebiet ist jetzt wohl die Psychologie dabei, der Kirche den Rang abzulaufen. Ein Blick in die Gelben Seiten einer mittelgroßen Stadt mit vielleicht 50 000 Einwohnern zeigt: Es gibt bereits mehr akademische Psychotherapeuten am Ort als Pfarrer beider Konfessionen.

Dabei wird unter Klienten in Therapiepraxen und Kliniken das Bedürfnis nach einer religiösen Deutung ihrer Schwierigkeiten und ihrer Persönlichkeit immer deutlicher erfahrbar. Das hat ja im Übrigen auch schon C. G. Jung vor über 40 Jahren festgestellt: "Unter allen meinen Patienten jenseits der Lebensmitte, das heißt jenseits 35, ist nicht ein Einziger, dessen endgültiges Problem nicht das der religiösen Einstellung wäre." ...

Transpersonale Psychologie kann zur unmittelbaren (und ungeschützten) Erfahrung des Heiligen führen. Damit steht sie der Mystik nahe, für die nicht satzhafter Glaube das Zentrum ist, sondern die unmittelbare Erfahrung Gottes im Herzen. So ist es auch kein Wunder, wenn sich in Basel immer wieder auch Theologen wie Anselm Grün, Willigis Jäger und Eugen Drewermann als Referenten einfinden. Bei aller Unterschiedlichkeit: Die beiden Benediktiner-Patres Grün und Jäger teilen die Überzeugung, dass Glaube ohne Erfahrung nicht trägt. ...

Will Kirche ihre Glaubwürdigkeit zurückgewinnen, muss sie wohl erst den Weg der Reinigung gehen. Aus: Publik Forum vom 13.7.01 http://www.publik-forum.de/SUB_AKT3.HTM

Treffen sich zwei Psychologen. Sagt der eine: „Können Sie mit den Weg zum Bahnhof zeigen?“ Sagt der andere: „Nein! Aber gut dass wir darüber gesprochen haben.“