Kleine Garten - Theologie
von Gabi Zimmermann, April 1967 (!)
Es waren einmal viele blühende Gärten in einem ansonsten recht kargen Gebiet. Und jeder von diesen Gärten hatte einen eigenen Gärtner, der für die Pflanzen Sorge trug und ihnen Wasser gab. Dazu wurde er auf besondere Weise ausgebildet und vor allem beauftragt.
Mit der Zeit geschah es nun, dass sich nicht mehr genügend Gärtner für all die Gärten zur Verfügung stellten, denn als Gärtner durfte man das ganze Leben lang keine Gärtnersfrau haben; und Gärtnerinnen kamen schon deshalb nicht in Frage, weil sie sich ihrer naturgegebenen Veranlagung gemäß nicht für das Ausgießen von Flüssigkeiten eigneten.
So wurden die verbliebenen Gärtner immer weniger und älter, aber sie taten ihr Bestes. Sie begannen zwischen den Gärten hin und her zu rasen, um sie wenigstens kurz zu tränken.
Als aber auch das nicht mehr ausreichte, wurden (wenige) Botanik-Assistenten ausgebildet und angestellt. Diese pflegten nun die Blumen, legten sogar neue Beete an und predigten über die Bedeutung des Wassers. Sie machten den Schlauch bereit, füllten die Gießkannen und Eimer mit Wasser und stellten sie an den Rand des Gartens. Nur eines durften sie nicht: Die Blumen gießen!
So kam zunächst regelmäßig, dann ab und zu einer der vielbeschäftigten Gärtner vorbei, der die Blumen mittels der vorbereiteten Eimer und Schläuche mit Wasser übergoss. Allmählich vertrockneten die Blumen am Rande des Gartens, weil der Gärtner einfach keine Zeit und keine Kraft mehr hatte, jeweils den ganzen Garten zu tränken.
Gegen diesen Zustand, der vor allem für die Blumen unbefriedigend war, protestierten viele Gärtner und Botanik-Assistenten, aber der Obergartendirektor untersagte jede Änderung mit dem Argument, der Erfinder des Gartens, zu dem der Obergartendirektor eine gleichsam besondere Verbindung habe, wolle, was die schwindende Zahl der Gärtner beträfe, nichts, aber auch gar nichts von Gärtnerfrauen und Gärtnerinnen wissen.
Die regionalen Gartendirektoren sahen sich nun zu folgenden botanischen Notlösungen gezwungen:
1. Zusammenlegung mehrerer Gärten zu Plantagenverbänden mit wenig unterschiedlichen Blumen zwecks einfacherer Pflege und Bewässerung.
2. Anpflanzung von Blumen, die wenig Wasser brauchen, insbesondere Kakteen.
3. Aufklärung darüber, dass auch Wüstenpflanzen ihren Reiz haben.
4. Wöchentlicher Transport von Blumenkästen und Blumenkübeln zum Springbrunnen des regionalen Gartendirektors.
5. Herausgabe botanik-amtlicher Richtlinien für gärtnerlose Gartenpflege ohne Wasser.
In Notfällen kommt es bis heute vor, dass Botanik-Assistenten schon einmal Wasser auf die Blumen gießen, wobei aber von einigen selbst ernannten Wasserspezialisten deutlich klargestellt wird, dass das eigentlich kein Wasser sei! - Gott sei Dank regnet es zwischendurch!!!!!!!!!!