Und sie folgten und dienten ihm
von Willi Mitzkewitz
Es war einmal eine kirchliche Mitarbeiterin, zuständig für die niederen Dienste in Pfarrei und Kirche. Über zwanzig Jahre diente sie treu und brav der Kirche: schrubbte die Kirchenböden, ging mit dem Klingelbeutel herum, war für den Kirchenschmuck zuständig, putzte das Jugendheim, kurzum, sie tat das, wofür sich kein anderer finden ließ. Im Dienste ihres Herrn verschließ sie viele Paar Schuhe, opferte ihre Nerven- und Körperkraft und den Frieden ihrer Familie. Wund an Seele und Füße stand sie nach zwanzig Jahren da und erfuhr von ihrem Vorgesetzten, daß sie nicht mehr gebraucht werde. Eine neue Finanzierungsstrategie machte sie überflüssig.
Wohin sollte sie sich nun in ihrer Not wenden? Weil sie einfachen Gemütes war, wandte sie sich an die Beamten Gottes, die von Amtswegen für die Bedrängten und Hilflosen da sein sollten. Hoffnungsvoll, aber mit vielen Schwielen an den Füßen, humpelte sie zur Gottesverwaltung in Köln, um dort ihre Notsituation zu erläutern. Sie kam jedoch zur Unzeit in der hl. Verwaltung an; es war Mittagspause und da pflegen die Männer zu ruhen. Man wies sie ab; sie solle zu einer späteren Stunde wiederkommen.
Wieder auf der Straße, sah sie in der Nähe eine Kirche. Mit müden und geschwollenen Füßen ging sie auf diese zu, um ihrem Herrn Jesus die Not vorzutragen. Wer vermag ihren Schrecken zu beschreiben, als sie auch diese verschlossen fand. ( Anmerkung des Verfassers: Auswärtige sollte wissen, daß Gott in Kölner Kirchen zwischen 12 und 15 Uhr ruht.)
Zum Glück für die Erschöpfte stand im Schatten der Chormauer eine Bank, auf die sie sich aufseufzend niederließ. Gerade als sie ihre Beine von sich strecken wollte, sprach eine Stimme sie an: “Hat man dich ausgesperrt?” Erschrocken blickte sie sich um, konnte aber niemanden entdecken und glaubte, sie habe geträumt.
“Du suchst mich draußen vergeblich”, erscholl wieder die Stimme. “Ich bin hier in der Kirche und zwischen 12 und 15 Uhr zur Mittagsruhe verurteilt. Wie ich sah, hat man dich in der Gottesverwaltung abgewiesen. Warum soll es dir besser gehen als deinem Herrn?”
“Vor einigen Tagen,” so fuhr die Stimme fort, “versuchte ich ebenfalls Zutritt zur hl. Verwaltung zu erhalten, um zu erfahren, was sie über mich lehren. Ich machte mich also auf den Weg. Kaum hatte ich das Gebäude betreten, wurde ich auch schon von einem geistlichen Herrn abgefangen. ‚Wohl Jude, was?‘, sprach er mich an. Bevor ich mein Erstaunen über sein schnelles Erkennen ausdrücken konnte, redete er schon weiter: ‚Das sehe ich doch! Hatten schon mal einen, vor 2000 Jahren, mit Ihrem Aussehen. – Wir erst haben aus dem Verein versponnener Enthusiasten eine straffe Organisation gemacht. Du solltest uns dankbar sein. Wir haben Erfahrung!‘
“Bescheiden versuchte ich dem gelehrten Herrn beizubringen, was ich wollte. ‚Was? – In die kirchliche Lehre wollen Sie Einblick nehmen? Und unseren hochwürdigsten Herrn sprechen? Da ist ganz und gar ausgeschlossen, das geht auf gar keinen Fall. Unser hochwürdigster Herr befindet sich zur Zeit in Rom, um sich Anweisungen für die nächste Woche zu holen. Darf ich Ihnen eine Rat geben: Konvertieren Sie und lassen Sie sich taufen, werden Sie ein Christ, und dann legen sie den Zölibat ab. Sie werden sehen: Alle Türen öffnen sich dann gleich.‘
“Aber, meine Liebe, er plapperte weiter: ‚Im übrigen sind Sie hier an der falschen Stelle. Für Bekehrungen ist das Seelsorgeamt zuständig. Wenden Sie sich dort hin.‘
Unterdessen gesellte sich ein weiterer Herr zu uns. Er stellte sich breit vor mich hin und sagte: ‚Für Glaubensfragen bin ich zuständig. Beantragen Sie nach Ihrer Bekehrung die Missio Canonica, zwei Referenzen – eine geistliche und eine weltliche – beifügen, theologisches Studium nachweisen. – Übrigens, neutestamentliches Griechisch können Sie bei mir lernen.‘
“Gern hätte ich mit Kohelet*) geantwortet: ‚Wenn der Ungebildete redet, steht Dummheit am Anfang, am Ende schlimme Verblendung. Und der Dumme redet endlos.‘ (Koh 10,13) Bevor ich aber reden konnte, stand ich schon auf der Straße.”
“Du siehst meine Liebe: Der Herr steht nicht über seiner Dienerin. Entschuldige, ich wollte sagen, Diakonin. Es wird in der Gottesverwaltung viel geredet, aber haben sie auch etwa zu sagen?”
“Ich habe eine Bitte an dich: Sage den Gebeugtgehenden unter euch: ‚Ich bin allezeit bei euch!‘”
Lehre: Für jeden ist jetzt einsichtig, was Nachfolge heißt!
*) Buch des AT: Der Prediger