Unterwegs
zu einer katholischen Verfassung
Einleitung
“Schafft eine Verfassung für die katholische
Kirche!” Das sagte Papst Paul VI. während des Zweiten Vatikanischen Konzils
(1962‑65). Faktisch hat es im Laufe der Jahrhunderte in vielen
kirchlichen Schriftstücken zahllose
Elemente und Teile einer Verfassung gegeben. Es gibt sogar beachtliche
Bestandteile einer geschriebenen
Verfassung, die in den Codex Iuris Canonici von 1983 eingegangen sind. Doch
ist diese “Teilverfassung”
keineswegs vollständig, und sie enthält auch keine Hinweise auf
demokratische Mitverantwortung,
wie sie in Lenkungsstrukturen der katholischen Kirche in der Vergangenheit als
Tatsachen vorgekommen sind.
Aus den Visionen des Zweiten Vatikanums und aus den Kräften, die dieses
Konzil erzeugte, erwächst ein ständig kräftiger
werdendes Streben nach einer Verfassung, die zunächst ausgearbeitet und dann
angenommen werden muß, damit die
Kirche danach leben kann. Diese Verfassung im befreienden Geist des
Evangeliums Jesus Christi, erfüllt
von seiner Liebe, könnte die am weitesten gereiften Formen der Lenkung und
der Verwaltung aufnehmen, die an
der Wende zum dritten Jahrtausend zur Verfügung stehen.
Die folgenden Seiten bieten den Entwurf eines
“Verfassungsvorschlags für die katholische Kirche”. Er wurde
abgefaßt auf der Grundlage des Evangeliums, der Kirchengeschichte,
einer Kirchen-theologie, des kanonischen Rechts,
der Konzilsdokumente des Zweiten Vatikanums, des “kirchli-chen
Grundgesetzes” (Lex Ecclesiae Fundamentalis),
das Papst Paul VI. 1965 in Auftrag gab, des Codex Iuris Canonici von 1983
sowie der Erfahrung mit
staatlichen Verfassungen im Verlauf der letzten zweihundert Jahre. Die in der
Verfassung aufgelisteten Rechte
und Pflichten sind der “Charta der Rechte der Katholiken in der Kirche”
entnommen, die die “Association
for the Rights of Catholics in the Church” (ARCC) auf Grund weltweiter
Beratungen formulierte. Die Charta
beruht teilweise auf der “Allgemeinen Menschenrechtserklärung” der
Vereinten Nationen von 1948.
Diese Verfassungsentwurf wurde von der “Association for the Rights of
Catholics in the Church” (ARCC) sorgfältig
erarbeitet und durchdacht. Sie wurde vielen Einzelpersonen und Gruppen
vorgelegt, einschließlich der
“Europäischen Konferenz für Menschenrechte in der Kirche” und der
“Internationalen Bewegung Wir sind Kirche”
(IMWAC) und auf Grund der Reaktionen mehrfach überarbeitet. Es liegt
nichtsdestoweniger auf der Hand,
daß diese Vorlage lediglich ein Entwurf sein kann, aus dem nur auf Grund
einer längeren, gründlichen und weitverzweigten
Diskussion ein effektives Instrument für die Lenkung der katholischen Kirche
werden kann.
Einbeziehen in die Diskussion muß man die
Erfahrung und die Weisheit von Verfassungsjuristen,
Politikwissenschaftlern, Kanonisten, Theologen, Kirchenhistorikern,
Pfarrern, Bischöfen, Päpsten, Geschäftsleuten,
Soziologen, Psychologen, Pädagogen und anderen Berufsgruppen, von Eltern, von
Jungen und Alten, von Frauen und Männern,
kurz gesagt: von Kirchenmitgliedern jeglicher Art. Wir möchten auch aus der
Erfahrung anderer Kirchen lernen, die verschiedene Formen der Mitverantwortung
und der demokratischen Einrichtungen
in ihrer Lenkung und Verwaltung entwickelt haben. Wir möchten aus ihren
positiven und negativen Erfahrungen
lernen.
Vielleicht ist der wichtigste Wandel, den wir
bewirken müssen, um eine katholische Verfassung Wirklichkeit
werden zu lassen, eine Bewußtseins‑ oder Mentalitätsänderung
bei Katholiken, bei Laien wie Klerikern. Man
muß die katholische Tradition und die katholische Gemeinschaft sehen
und erfahren als lebendige Quelle einer Kraft,
die das Leben mit Sinn erfüllt, die es heil und damit heilig macht, die die
Menschen befreit und sie fähig macht,
Verantwortung zu übernehmen. Dazu gehört ein selbstbewußtes Eintreten für
Rechte und eine Übernahme von
Verantwortung im Rahmen einer demokratischen Verfassung.
Deshalb treten ARCC and Europäisches Netzwerk dafür ein, daß:
a) Alle Katholiken
‑ einzelne und Gruppen ‑ ihre Aufmerksamkeit auf ein tiefgehendes
Durchdenken konzentrieren, auf
eine gründliche Diskussion und schließlich auf ein wirksames Handeln, das zu
Mitverantwortung, zu einem demokratischen Katholizismus und zu einer
Verfassung führt.
b) Konstruktive
Verbesserungsvorschläge schriftlich eingereicht werden (eine Adresse, an die
solche Vorschläge eingeschickt
werden können, findet sich am Ende dieser Einleitung), wobei zu bedenken ist,
daß es sich hier um eine
Verfassung handelt und nicht um ein theologisches Kompendium oder eine
Gesetzessammlung. Aus diesem Grund
beschränkt sich diese Vorlage auf Grundsätze sowie auf die wesentlichen
Verfahren und Einrichtungen.
c) Alle Katholiken
‑ einzelne und Gruppen ‑ sich aufgerufen fühlen, die Vorstellung
von einem demokratischen Katholizismus
und seine darauf gegründete Verfassung bekannt zu machen und für sie
einzutreten, etwa durch Aufsätze
in Zeitungen und Zeitschriften, durch Lesebriefe, durch Vorträge, durch Lehrbücher,
durch Predigten, durch Unterricht, durch Rundfunk‑ und Fernsehsendungen,
durch e‑mail und Internet. Dem Einfallsreichtum sind
keine Grenzen gesetzt.
d)
Alle Katholiken IHRE SEELSORGER DAZU BRINGEN, NICHT AUF ANWEISUNGEN VON OBEN
ODER DRUCK VON UNTEN ZU WARTEN, SONDERN SOFORT DAMIT BEGINNEN, ALLE
BESTREBUNGEN IN IHREN GEMEINDEN ZUSAMMENZUFÜHREN, UM EINE
GEMEINDEVERFASSUNG FÜR DIE LENKUNG DER EIGENEN PFARREI ZUSTANDE ZU BRINGEN.
In dem Codex des kanonischen
Rechts von 1983 findet sich nichts, was einer solchen Verfassung
entgegensteht. Gemeindeleiter
haben hierin freie Hand und brauchen keine Erlaubnis einzuholen.
Zwar
brauchten ihre Nachfolger im Pfarramt sich nicht an solche Verfassungen zu
halten, aber es wäre eine Kugel
ins Rollen gekommen, deren Richtung sich nur mit Schwierigkeit umkehren ließe.
Dies wäre vor allem dann der
Fall, wenn es gelungen wäre, in mehreren Pfarreien eine Verfassung einzuführen.
Es liegt auf der Hand, daß
erfolgreich entworfene und eingeführte Verfassungen sich positiv auf andere
Pfarreien und auf andere Diözese
auswirken würden.
e)
Alle Katholiken AUCH IHRE BISCHÖFE DAZU BRINGEN, OHNE AUF ANWEISUNGEN VON
OBEN ODER DRUCK VON UNTEN ZU
WARTEN, SONDERN SOFORT DAMIT BEGINNEN, ALLE
BESTREBUNGEN IN IHRER DIÖZESE ZUSAMMENZUFÜHREN, UM EINE VERFASSUNG FÜR
DIE LENKUNG DER EIGENEN DIÖZESE ZUSTANDE ZU BRINGEN. Dem steht im Codex des
kanonischen Rechts von 1983 nichts
entgegen. Die Bischöfe haben völlig freie Hand in diesen Dingen und brauchen
keine Erlaubnis einzuholen. Als
leuchtendes Beispiel können wir auf Bischof John England von Charleston, NC,
(1820‑1842) verweisen, den man wohl als den bedeutendsten
katholischen Bischof in der Geschichte Amerikas
bezeichnen kann.
Zwar brauchten die
Nachfolger dieser Bischöfe sich nicht an eine solche Verfassung zu halten,
aber auch hier wäre eine Kugel
ins Rollen gekommen, deren Richtung sich nur mit Schwierigkeit umkehren ließe.
Dies wäre besonders dann der
Fall, wenn es mehreren Bischöfen eines Landes gelungen wäre, in ihren Diözesen
eine Verfassung einzuführen. Es liegt auf der Hand, daß erfolgreich
entworfene und eingeführte Diözesanverfassungen sich positiv auf
Pfarrgemeinden dieser Diözese sowie auf andere Diözesen auswirken
würden.
f) Alle Angehörige
der Ordensgemeinschaften verwenden ihr besonderes Charisma aus den langen und
intensiven Erfahrungen mit Verfassungen, mit demokratischen Strukturen,
mit Dialog und mit Subsidiarität, besonders
aus der grundlegenden Überprüfung und Erneuerung der Strukturen aller
Ordensgemeinschaften, die in den
Jahren nach dem Vaticanum II gekommen sind. Sie mögen dieses Charisma
einsetzen, um der Weltkirche zu
verstehen helfen, wie diese demokratischen Grundsätze das Christentum
erweitern und vertiefen.
JEDE
ORDENSGEMEINSCHAFT SOLLTE DAUERND ÜBERLEGEN, WIE SIE DIE TEILHABE AN DEN
EIGENEN ERFAHRUNGEN UND KENNTNISSEN DER DEMOKRATISCHEN STRUKTUREN UND
GEISTES IN KIRCHE FÜR DIE WELTKIRCHE GESTALTEN KANN. Ferner sollte
jede Ordensgemeinschaft mit
anderen Ordensgemeinschaften B
und mit Laien‑ und Priestergruppen B
Arbeitsgruppen bilden.
Der Weg zu einer
schriftlich niedergelegten und von der Kirche akzeptierter Verfassung wird
zweifellos lang und beschwerlich
und wahrscheinlich nicht frei von Umwegen sein. Aber eine zunehmende Zahl von
Katholiken kommt zu der Überzeugung,
daß man diesen Weg gehen muß. Diejenigen unter uns, die bereits dieser
Überzeugung sind, haben nicht nur das Privileg, sondern auch die
Verpflichtung, auf diesem Weg voranzugehen,
wenn sie vielleicht auch die Ankunft am Ziel selbst nicht mehr erleben
werden.
Kontaktadresse:
Professor Leonard Swidler, Religion Department, Temple University,
Philadelphia, PA 19122, USA. Tel. 215‑204‑7251 (Vorwahl für USA
001); Fax 215‑204‑4569; e‑mail: dialogue@vm.temple.edu; Web:
http://astro.temple.edu/~arcc
Web‑Site Editor: Ingrid H. Shafer, Ph.D
ihs@ionet.net
Posted
March 8, 1999
Last
updated
April 18, 1999
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Copyright 8 1999 Ingrid H. Shafer
Verfassungsentwurf
für die
katholische
Kirche
Diese Verfassung
bietet den Rahmen, innerhalb dessen die katholische Kirche sich selbst
verwaltet und lenkt. Die
Verfassung legt fundamentale Rechte und entsprechende Pflichten ihrer
Mitglieder dar sowie Grundlagen für
Entscheidungsfindung und Handeln in der katholischen Kirche. Alle Gesetze,
Regelungen und Traditionen der
katholischen Kirche sollen im Rahmen dieser Verfassung und in ihrem Geiste
angewandt werden.
I.
Präambel
1.
Wir, das Volk der katholischen Kirche, sind überzeugt, daß alle Männer
und Frauen gleichermaßen als Ebenbild
Gottes geschaffen sind und daß dieselbe göttliche Lehre über die rechte
Lebensweise in jedes Menschenherz
geschrieben ist, daß allen Menschen Würde und Gleichheit zusteht, wobei
allen dieselben Grundrechte und dieselbe grundlegende Verantwortung zukommt.
2.
Wir sind überzeugt, daß unser Glaube an Gott, den Jesus uns gelehrt
hat, sowie unsere Taufe aus dem Wasser und dem Heiligen Geist alle Christen zu
“Gliedern des Leibes Christi”, das heißt der universellen Kirche, macht
und daß wir verpflichtet sind, nach dem Evangelium zu leben, das Jesus durch
seine Lehre und sein Leben uns gebracht hat. Desweiteren
vertreten wir, daß alle Christen, die den Dienst der Einheit anerkennen, den
seit langem der Bischof von Rom ausübt, Mitglieder der (römisch‑)katholischen
Kirche sind (im folgenden einfach als “die Kirche” bezeichnet).
3.
Wir sind überzeugt, daß es die im Evangelium gründende Aufgabe der
Kirche ist, die Gute Botschaft Jesu zu verkünden und aufzuzeigen, wie man ein
wahrhaft menschliches Leben leben kann als Ebenbild Gottes in Gerechtigkeit
und Liebe gegenüber einzelnen und der Gemeinschaft. Wir
sind überzeugt, daß die Kirche diese Aufgabe im Rahmen von Gesetzen erfüllt,
die sie erläßt, um den Geist des Evangeliums zu fördern und zu erhalten und
ihre Mitglieder in ihrem Streben zu unterstützen, in Gottes‑ und Nächstenliebe
zu leben.
II. Rechte
und Pflichten
Im folgenden werden
die fundamentalen Rechte der Kirchenmitglieder dargestellt, die sich zum Teil
aus allgemein menschlichen
Grundrechten ergeben und zum Teil aus Grundrechten der Getauften. Jedem Recht
entspricht eine Pflicht. Diese Pflichten sind in vielen Fällen so
offensichtlich, daß es sich erübrigt, sie
ausdrücklich zu formulieren. In allen Fällen gelten diese Rechte und
Pflichten für alle Katholiken, unabhängig von ihrer Rasse, ihrem Alter,
ihrer Nationalität, ihrem Geschlecht, ihrer geschlechtlichen Orientierung,
ihrem Familienstand sowie ihrer gesellschaftlichen und wirtschaftlichen
Situation.
A.
Menschliche Grundrechte
1. Alle Katholiken haben
menschliche Grundrechte. Dazu zählen (a) Handlungsfreiheit, (b)
Gewissensfreiheit, (c) Freiheit der Meinung und der Meinungsäußerung, (d)
das Recht, Informationen zu erhalten und weiterzugeben, (e)
Vereinigungsfreiheit, (f) das Recht auf ein gesetzlich geregeltes
Gerichtsverfahren, (g) das Recht, sich an Selbstverwaltung zu beteiligen, (h)
das Recht, von gewählten Leitern und Vorgesetzten Rechenschaft zu erhalten,
(i) das Recht auf Schutz des guten Rufs und der Privatsphäre, (j) das Recht
zu heiraten, (k) das Recht auf Bildung. Sie haben zugleich die Pflicht, diese
Rechte verantwortungsbewußt wahrzunehmen.
2.
Aus dem Menschenrecht auf Handlungsfreiheit folgt das Recht aller
Katholiken, sich auf jede Weise zu betätigen, die andere nicht schädigt oder
deren Rechte verletzt.
3.
Aus dem Menschenrecht auf Gewissensfreiheit folgt, daß alle Katholiken
das Recht und die Pflicht haben, in allen Dingen ihrem wohlinformierten
Gewissen zu folgen.
4.
Aus dem Menschenrecht, Information zu erhalten und weiterzugeben,
folgt, daß alle Katholiken das Recht auf Zugang zu allen Informationen im
Besitz kirchlicher Behörden haben, sofern sie für das eigene geistliche und
materielle Wohl von Belang sind und die Rechte anderer dadurch nicht beeinträchtigt
werden.
5.
Aus dem Menschenrecht der Freiheit der Meinung und der Meinungsäußerung
folgt, daß alle Katholiken das Recht haben, Zustimmung zu oder Ablehnung von
Entscheidungen kirchlicher Behörden auf verantwortungsbewußte Weise öffentlich
zum Ausdruck zu bringen.
a)
Alle Katholiken haben das Recht und die Pflicht, ihre Meinung auf
verantwortliche Weise zum Ausdruck zu bringen, besonders dann, wenn sie von
der jeweiligen Sache Kenntnisse aus erster Hand besitzen.
b)
Katholische Lehrer und Forscher der Theologie haben das Recht auf
akademische Freiheit und die Pflicht, sie zu vertreten. Die Akzeptabilität
ihrer Lehrmeinungen muß sich im Dialog mit ihren Fachkollegen und, falls
erforderlich, mit kirchlichen Behörden erweisen. Theologen sollten bedenken,
daß die Suche nach der Wahrheit und die Darstellung der Ergebnisse die
Bereitschaft einschließt, den Weg zu gehen, den der Befund ihnen weist. Dies
wiederum setzt die Berechtigung von verantwortlicher Meinungsverschiedenheit
und den Pluralismus der Denk‑ und Darstellungsweisen voraus.
6.
Aus dem Menschenrecht auf Vereinigungsfreiheit folgt, daß alle
Katholiken das Recht haben, Vereinigungen zu bilden, auch solche, die
kirchliche Zwecke verfolgen. Diese Vereinigungen haben das Recht, ihre eigene
Statuten und Geschäftsordnung zu bestimmen.
7.
Aus dem Menschenrecht auf ein gesetzlich geregeltes Gerichtsverfahren
folgt, daß alle Katholiken bei rechtlichen Auseinandersetzungen Anspruch
darauf haben, daß ohne Verzögerung nach allgemein als fair anerkannten
administrativen und juristischen Verfahrensweisen eine Entscheidung herbeigeführt
wird. Sie haben ferner Anspruch darauf, daß sie bei Beeinträchtigung ihre
Ansprüche in einem geregelten Verfahren einklagen können.
8.
Aus dem Menschenrecht, sich an Selbstverwaltung zu beteiligen, folgt,
daß alle Katholiken ein Mitspracherecht haben bei allen Entscheidungen, die
sie selbst betreffen, wozu auch die Mitwirkung bei der Wahl von Vorgesetzten
gehört. Dem entspricht die Pflicht, diese Funktionen auf verantwortliche
Weise wahrzunehmen.
9. Auf
Grund des Menschenrechts, von gewählten Leitern und Vorgesetzten Rechenschaft
verlangen zu können, haben alle Katholiken ein Recht darauf, daß Vorgesetzte
ihnen über ihre Amtsführung Auskunft geben.
10.
Aus dem Menschenrecht auf Schutz des guten Rufs und der Privatsphäre
folgt, daß alle Katholiken einen Anspruch darauf haben, daß ihr guter Ruf
nicht geschädigt und ihre Privatsphäre nicht verletzt wird.
11.
Aus dem Menschenrecht zu heiraten folgt, daß alle Katholiken das Recht
haben, ihren Familienstand frei zu wählen. Dies schließt sowohl für Laien
als auch für Ordinierte das Recht ein, zu heiraten, alleinstehend zu leben
oder sich zu zölibatärem Leben zu verpflichten.
12.
Aus dem Menschenrecht zu
heiraten, wobei beide Ehepartner gleichberechtigt sind, folgt, daß alle
Katholiken das Recht haben, eine Ehe zu beenden, wenn sie unheilbar zerrüttet
ist.
a)
In einem solchen Fall behalten alle Katholiken das Recht auf
Wiederverheiratung.
b)
Alle geschiedene und wiederverheiratete Katholiken, die nach ihrem
Gewissen im Einklang mit der Kirche leben, haben das Recht auf die gleichen
Dienste der Kirche, einschließlich aller Sakramente, die auch anderen
Katholiken zustehen.
13.
Aus den Menschenrechten, zu heiraten und eine Erziehung zu erhalten, folgt, daß
alle Katholiken das Recht und die Pflicht haben,
a)
nach ihrem Gewissen die Größe ihrer Familie festzusetzen,
b)
angemessene Methoden der Familienplanung zu wählen,
c)
sich um die Erziehung ihrer Kinder zu kümmern.
B.
Rechte und Pflichten Getaufter
1.
Aus dem Empfang der Taufe folgt, daß alle Katholiken ein Recht auf
alle Dienste der Kirche haben, die für ein wahrhaft christliches Leben
erforderlich sind. Hierzu gehören
a)
Gottesdienste, die die Freude und Sorge der versammelten Gemeinde zum
Ausdruck bringen und diese Gemeinde lehren und mit dem rechten Geist erfüllen,
b)
Unterweisung in der christlichen Tradition und Einführung in ihre
Spiritualität und Morallehre auf eine Weise, die christliche Werte hilfreich
und bedeutsam für das zeitgenössische Leben werden läßt,
c)
Seelsorge, die so geartet ist, daß sie das christliche Erbe für
Menschen in ihren jeweiligen Situationen einfühlsam und wirksam vermittelt.
2.
Aus dem Empfang der Taufe folgt desweiteren, daß alle Katholiken das
Recht haben, a)
alle Sakramente zu empfangen, auf die sie angemessen vorbereitet
wurden,
b)
alle Dienste in der Kirche auszuüben, für die sie angemessen
vorbereitet wurden, je nach den Bedürfnissen der Gemeinden und mit deren
Zustimmung oder Beauftragung.
3.
Aus dem Empfang der Taufe folgt ferner, daß alle Katholiken das Recht
haben, bei der Zuteilung materieller Hilfsmittel der Kirche angemessen berücksichtigt
zu werden. Dies schließt unter anderem ein,
a)
daß alle katholischen Frauen das Recht auf Gleichbehandlung mit Männern
bei der Zuweisung materieller Hilfsmittel und Vollmachten in der Kirche haben,
b)
daß alle katholischen Eltern Anspruch auf materielle und sonstige
Unterstützung kirchlicher Vorgesetzter bei der religiösen Erziehung ihrer
Kinder haben und
c)
daß alle alleinstehenden Katholiken Anspruch haben auf angemessene Berücksichtigung
bei der Zuweisung kirchlicher Hilfsmittel.
4.
Aus dem Empfang der Taufe sowie aus der Natur des Menschen als
Gemeinschaftswesen folgt, daß alle Katholiken die Pflicht haben, die Kirche
je nach ihren zeitlichen Möglichkeiten, ihrer Begabung und ihren finanziellen
Mitteln zu unterstützen.
III.
Strukturen der Lenkung und Verwaltung
A.
Grundlegende Einsichten
Im Lauf der
Jahrhunderte hat die Kirche ich mit den jeweiligen Formen von Machtausübung
und Rechtspraxis auseinandergesetzt,
ohne die keine Gesellschaft überleben, geschweige denn sich menschenwürdig
entwickeln kann. In dieser langen
Zeit hat die Kirche aus vielen Versuchen in der Handhabung von Macht und Recht
Nutzen gezogen, aber auch unter
ihnen gelitten. In dem die Kirche solche Formen der Machtausübung und
Rechtspraxis für sich erprobt
hat, hat sie viel Einsicht erworben, sowohl in positiver als auch in negativer
Hinsicht, d.h. sie hat gelernt,
was sich bewährt und nützlich ist und was nicht.
Zwei solche
Einsichten, die aus dieser Erprobung hervorgingen, sind für die Lenkung du
Verwaltung der Kirche im dritten
Jahrtausend entscheidend. Zum einen, daß die Teilhabe an Verantwortung und
die damit verbundene Freiheit
Herzstücke der Menschlichkeit sind, sowohl für das Individuum als auch für
die Gemeinschaft. Zum andern, daß
die wirksamste Weise, zu einem ständig wachsenden Verständnis der
Wirklichkeit zu kommen, der Dialog
ist, der sowohl innerhalb der Kirche als auch mit denen, die außerhalb
stehen, gepflegt werden soll. Auf diese
lange Erfahrung der Kirche und die dadurch erworbene Weisheit, besonders auf
die beiden obengenannten Einsichten
gründet sich diese Verfassung, und auf sie sind die in ihr dargestellten
Lenkungsstrukturen aufgebaut.
B.
Grundsätze
1.
Es ist das Wesen der Kirche, daß sie eine Gemeinschaft ist. Die
fundamentalen Einheiten solcher Kirchengemeinschaft sind diejenigen, in denen
ihre Mitglieder ihr tägliches Leben verbringen, angefangen von der Familie
und anderen vertrauten Verbindungen. Darüber hinaus ist eine entscheidende
Einheit für die Kirche die Ortsgemeinde. Dies ist in den meisten Fällen,
aber nicht immer, die Pfarrgemeinde.
2.
Es gehört ferner zum Wesen der Kirche, daß sie eine Gemeinschaft von
Gemeinschaften ist, so daß die Ortsgemeinden auf einer mittleren Ebene zu größeren
Einheiten zusammengefaßt werden, zumeist, aber nicht immer, in der Form von
Diözesen, diese wiederum zu nationalen kirchlichen Gemeinschaften und diese
schließlich zur Weltgemeinschaft der universellen katholischen Kirche. Außerdem
können andere kirchliche Gemeinschaften entstehen, etwa regionale und
multinationale, die durch geographische Gegebenheiten, Sprachen oder andere
Faktoren bedingt sind.
3.
Im Einklang mit dem Geist des Evangeliums, mit der Entwicklung
menschlicher Erfahrung und mit der dynamischen christlichen Tradition, vor
allem mit den beiden Grundeinsichten in die Teilhabe an Verantwortung und der
dadurch bedingten Freiheit sowie in die Bedeutung des Dialogs, sollen die
folgenden Grundprinzipien die Strukturen und Regelungen der Lenkung in der
Kirche bestimmen:
a)
Der Grundsatz der Subsidiarität soll durchgängig für die Kirche Gültigkeit
haben, d.h. alle Entscheidungsprozesse und die damit verbundene Verantwortung
sollen Sache der kleineren Gemeinschaft sein, es sei denn, daß das Wohl einer
größeren Gemeinschaft es erfordert, Entscheidungen auf einer höheren Ebene
zu treffen.
b)
In der gesamten Kirche soll die Formulierung und die Anwendung der
Tradition sich durch einen Dialog vollziehen, der von gegenseitiger Liebe und
Achtung zeugt.
c)
Alle kirchlichen Gemeinschaften sollen sich ihre eigene Statuten und
Geschäftsordnung geben. d)
In der ganzen Kirche sollen die Leitenden nach angemessenen Verfahren
gewählt werden, und zwar so, daß alle Mitglieder der jeweiligen Gemeinschaft
zu Wort kommen können.
e)
Personen in leitender Position sollen ihr Amt für eine festgesetzte
Zeit innehaben.
f)
Das Prinzip der Gewaltenteilung zwischen Legislative, Exekutive und
Judikative mit den jeweils erforderlichen Kontroll‑ und
Ausgleichsmechanismen soll durchgängig gelten. Diese drei Bereiche werden
realisiert durch repräsentativ gewählte Ratsversammlungen (Legislative) und
durch gewählte Leiter (Exekutive), sowie durch geregelte Rechtsprechung
(Judikative) auf allen Ebenen. Alle drei Bereiche sind gemeinsam
mitverantwortlich auf jeweils eigene Weise für das Handeln im Geiste des
Evangeliums und im Sinne dieser Verfassung.
g)
Alle Leitende und alle Ratsversammlungen werden ihren Wählern regelmäßig
Rechenschaft über ihre Tätigkeit ablegen, wobei der Kassenbericht von außenstehenden
Rechnungsprüfern zu überprüfen ist.
h)
Alle Gruppen unter den Gläubigen, einschließlich Frauen und
Minderheiten, sind in angemessener Weise an Leitungsämtern und
Entscheidungsgremien zu beteiligen.
C. Räte
1.
Auf allen Ebenen - der lokalen, der diözesanen, der nationalen und der
universalen sowie etwaigen anderen - sind garantiert repräsentative
Vertretungsorgane genannt Räte einzurichten, die als Entscheidungsgremien
dienen sollen. Dabei ist folgendes zu beachten:
‑
Die Prinzipien der Subsidiarität und des Dialogs sollen Wesensmerkmale der
Beratungs‑ und Entscheidungsabläufe in jeder Ratsversammlung sein.
‑ Ratsmitglieder
sollen auf möglichst repräsentative Weise gewählt werden, wobei
gegebenenfalls verschiedene Organisationen innerhalb der jeweiligen
kirchlichen Gemeinschaft zu berücksichtigen sind.
‑ Ratsmitglieder
werden für eine begrenzte Zeit gewählt.
‑ Die Räte auf jeder
Ebene sollen ihre eigenen Statuten und Geschäftsordnung formulieren, wobei
Statuten und Geschäftsordnung der Räte auf den höheren Ebenen angemessen zu
berücksichtigen sind.
‑ Die Statuten sollen
die Zahl der Ratsmitglieder, den Wahlmodus, die Dauer der Wahlperioden, die
Wahl der oder des Vorsitzenden, sowie die Zuweisung von
Verantwortungsbereichen regeln. Ferner sollen sie andere kirchliche Abläufe
ordnen, wobei die Grundsätze dieser Verfassung zu berücksichtigen sind.
‑
In allen Räten soll der Grundsatz @eine Person, eine Stimme@ gelten.
‑ Auf der diözesanen,
nationalen, multinationalen und universalen Ebene soll die Versammlung so
zusammengesetzt sein, daß ordinierte Inhaber der Dienstämter wenigstens 30%
der Mitglieder stellen und übrige Gläubige ebenfalls wenigstens 30%.
‑ Niemand soll ein
Vetorecht besitzen.
a)
Die lokale Kirche
1.
Die Mitglieder jeder Pfarrgemeinde (oder einer anderen Gemeinschaft auf
örtlicher Ebene) wählen einen Pfarrgemeinderat als Entscheidungsgremium der
Gemeinde. Der Pfarrer ist ex officio Mitglied des Rates.
2.
Wenn es nicht bereits Statuten bzw. Geschäftsordnung gibt, soll der
Pfarrgemeinderat sie formulieren und die Gemeinde ihnen zustimmen. Dabei sind
die Statuten der Räte auf der höheren Ebene zu berücksichtigen.
3.
Der Pfarrgemeinderat ist entweder als Plenum oder über Ausschüsse
verantwortlich für Gottesdienste, Bildung, Sozialarbeit, Verwaltung, Finanzen
sowie für sonstige Aktivitäten, die im Namen der Pfarrgemeinde ausgeführt
werden.
b) Die Diözese
1.
Jede Diözese soll einen Diözesanrat wählen als wichtigstes
Entscheidungsgremium der Diözese. Der Bischof ist ex officio Mitglied des
Rates. Der Rat soll so zusammengesetzt sein, daß ordinierte Inhaber der
Dienstämter wenigstens 30% der Mitglieder stellen und übrige Gläubige
ebenfalls wenigstens 30%.
2.
Wenn es nicht bereits eine Diözesanverfassung und/oder Diözesangeschäftsordnung
gibt, soll der Diözesanrat solche formulieren. Sie werden gültig, wenn sie
von zwei Dritteln der Pfarrgemeinderäte gebilligt wurden. Sie sollen die
entsprechenden Ordnungen der nationalen und der internationalen Ebene
angemessen berücksichtigen.
3.
Der Diözesanrat ist als Plenum oder durch Ausschüsse oder
Vertretungen für die Diözesanpolitik sowie für Gottesdienste, Bildung,
soziales Engagement, Verwaltung, Finanzen und andere Aktivitäten
verantwortlich, die im Namen der Diözese ausgeführt werden.
c) Die Nationalkirche
1.
Im Normalfall werden die Diözesanräte eines Landes einen Nationalrat
einrichten. Sollten einige Diözesanräte entscheiden - sei es wegen ihrer Größe,
sei es aus einem anderen Grund - ,
daß für sie der eigene Nationalrat nicht die angemessene Vertretung wäre,
so sollen sie sich an den Generalrat wenden, um die Genehmigung zu erhalten,
sich einem anderen Rat auf dieser Ebene anzuschließen oder einen solchen zu
konstituieren. Der Nationalrat oder ein entsprechendes Gremium ist das
Hauptentscheidungsgremium einer nationalen Kirche. Ein Bischof und eine
nichtordinierte, vom Nationalrat gewählte Person, übernehmen gemeinsam den
Vorsitz. Der Rat soll so zusammengesetzt sein, daß die ordinierten Inhaber
der Dienstämter wenigstens 30% der Mitglieder stellen und übrige Gläubige
ebenfalls wenigstens 30%.
2.
Wenn es nicht bereits eine nationale Verfassung und/oder Geschäftsordnung
gibt, soll der Nationalrat sie formulieren. Sie müssen von zwei Dritteln der
Diözesanräte der jeweiligen Nation gebilligt werden und die Geschäftsordnung
der universellen Kirche sowie diese Verfassung angemessen berücksichtigen.
3. Der Nationalrat ist als
Plenum oder durch Ausschüsse oder Vertretungen letztlich verantwortlich für
die Entscheidungen der Nationalkirche sowie für Regelungen für
Gottesdienste, Bildung, Sozialarbeit, Verwaltung, Finanzen sowie sonstige
Aktivitäten, die im Namen der nationalen Kirche ausgeführt werden.
d) Die multinationale Kirche
1. Sollten mehrere Nationalräte, etwa die eines Kontinentes oder einer
bestimmten geographischen Einheit, beschließen, daß es hilfreich wäre, sich
ein gemeinsames Entscheidungsgremium zu schaffen, werden sie eine Geschäftsordnung
ausarbeiten, nach der dieses multinationale Gremium verfahren soll. Diese
Geschäftsordnung kann in Kraft treten, wenn sie von zwei Dritteln der
beteiligten Nationalräte bestätigt wurde. Sie soll die Geschäftsordnung der
Universalkirche und die vorliegende Verfassung angemessen berücksichtigen.
e) Die
Universalkirche
1. Alle zehn Jahre sollen
die Nationalräte einen Generalrat als oberstes Entscheidungsgremium der
Weltkirche wählen. Der Generalrat ist letztlich verantwortlich für die
Gesetze und Verordnungen der Weltkirche sowie für die Grundzüge ihrer
Politik und ihre Grundsätze hinsichtlich der Glaubenslehre, der Moral, des
Gottesdienstes, der Bildung, des sozialen Engagements, der Verwaltung, der
Finanzen und allerübrigen Tätigkeiten, die in ihrem Namen ausgeführt
werden. Der Papst und ein nichtordiniertes Ratsmitglied übernehmen gemeinsam
den Vorsitz. Der Rat soll zu wenigstens 30% aus ordinierten Inhabern der
Dienstämter und zu wenigstens 30% ausübrigen Gläubigen bestehen.
2.
Die Mitglieder des Generalrats, insgesamt 500, sollen nach einem
zeitversetzten System für eine Dauer von zehn Jahren gewählt werden. Der
Generalrat soll wenigsten einmal im Jahr zusammentreten.
3. Die 500 Mitglieder des
Generalrats werden von den Nationalräten gewählt und zwar proportional zur
Zahl der Katholiken in dem jeweiligen Land. Sollte die Zahl der Katholiken in
einem Land so klein sein, daß ihm nicht einmal ein Ratsmitglied zusteht, so
soll es mit einem anderen Land oder anderen Ländern eine ausreichend große
Einheit bilden, um wenigstens ein Mitglied in den Generalrat entsenden zu können.
4. Falls es nicht bereits
eine Verfassung und/oder Geschäftsordnung für den Generalrat gibt, soll der
erste Rat eine solche schaffen. Sie tritt in Kraft, wenn sie von zwei Dritteln
der Nationalräte gebilligt wurde. Sie soll die Grundsätze der vorliegenden
Verfassung berücksichtigen.
5. Verfassung und Geschäftsordnung
des Generalrats sowie die Geschäftsordnungen aller vom Generalrat
eingerichteter Ämter sollen denselben rechtlichen Status haben wie die
vorliegende Verfassung. Sie können nur durch die in Teil V dieser Verfassung
festgelegten Verfahren geändert werden.
6. Der Generalrat soll in
seinem ersten Jahr einen Papstwahlausschuß schaffen und diesem eine
Verfassung und eine Geschäftsordnung geben. Der Wahlausschuß ist nicht an
Weisungen des Generalrats gebunden.
7. Der Generalrat ist durch
Ausschüsse und Vertretungen letztlich für die Ausführung der Gesetze, der
Verordnungen und der Beschlüsse der Weltkirche verantwortlich.
D.
Leitungsämter und Leitende
a)
Allgemeines
1. Alle Leitende,
einschließlich der ordinierten Inhaber der Dienstämter, sollen über eine
angemessene Ausbildung und Erfahrung verfügen.
2.
Ordinierte Inhaber der Dienstämter sind Kirchenführer, die in der
Regel hauptamtlich im Dienst der Kirche stehen. Sie werden von einer
bestimmten kirchlichen Gemeinschaft gewählt und wirken in ihrer Namen.
3.
Alle ordinierte Inhaber der Dienstämter sollen gewählt werden, und
zwar nach Verfahren, die die Stimmen all derer angemessen berücksichtigen,
die ihrer Leitung und Verwaltung unterstehen. Dies gilt vor allem für Inhaber
des Pfarramts, des Bischofsamts sowie des Papstamts.
4.
Alle ordinierte Inhaber der Dienstämter werden für eine begrenzte
Amtszeit gewählt. Der Diözesanrat soll die Dauer einer Amtsperiode für die
Pfarrer der jeweiligen Diözese sowie die Frage der Wählbarkeit für weitere
Amtsperioden festlegen. Für das Bischofsamt tut dies der Nationalrat.
5.
Alle ordinierte Inhaber der Dienstämter können nur aus gewichtigen Gründen
ihres Amtes enthoben werden. Dabei soll man nach einem geregelten Verfahren
vorgehen, das sich an die Grundsätze der vorliegenden Verfassung hält.
6.
Alle ordinierte Inhaber der Dienstämter haben Pflichten und
entsprechenden Rechte, die in der jeweiligen Verfassung niederzulegen sind. Für
das Pfarramt, das Bischofsamt und das Papstamt werden sie im folgenden aufgeführt.
b)
Das Pfarramt
1.
Pfarrer werden von den Mitgliedern der Pfarrgemeinde (oder einer
entsprechenden Gemeinschaft) gewählt und von dem Bischof sowie dem Diözesanrat
bestätigt. Dabei soll nach den Grundsätzen der vorliegenden Verfassung
verfahren werden.
2.
Pfarrer leiten die Gruppe der Seelsorger. Innerhalb der vom
Pfarrgemeinderat festgelegten Richtlinien tragen sie die Hauptverantwortung für
den Gottesdienst, für die geistliche und moralische Unterweisung sowie für
die Seelsorge in der Pfarrei. Im einzelnen schließt dies ein:
a)
Gottesdienste, die die Freude und die Sorgen der versammelten Gemeinde
wiedergeben und die Teilnehmer lehren und mit Geist erfüllen;
b)
Einführung in die christliche Tradition und Darstellung von
Spiritualität und Moral in einer Weise, die erkennen läßt, daß christliche
Werte für heutige Menschen hilfreich und bedeutsam sind;
c)
Seelsorge, die das christliche Erbe den Menschen in ihren jeweiligen
Situationen mit Liebe und Wirksamkeit erschließt.
3.
Pfarrer haben Anspruch auf angemessene Ausbildung und auf Fortbildung während
ihrer Amtszeit sowie die Pflicht, solche Bildungsmöglichkeiten wahrzunehmen.
4. Pfarrer haben Anspruch
auf faire finanzielle Zuwendung, die ihnen die Ausübung ihres Amtes ermöglicht.
Sie haben auch den nötigen Ermessensspielraum im Umgang mit diesen
finanziellen Mitteln.
c)
Das Bischofsamt
1. Der Bischof wird vom Diözesanrat im Einklang mit der Diözesanverfassung
gewählt. Dabei soll man die einschlägigen Bestimmungen der nationalen und
der internationalen Gemeinschaft berücksichtigen. Dies schließt die Beratung
mit den betreffenden Ausschüssen des Nationalrats und des Generalrats sowie
die Bestätigung durch diese Räte ein.
2. Bischöfe leiten die
Gruppe der Diözesanseelsorger. Innerhalb der vom Diözesanrat festgelegten
Richtlinien tragen sie die Hauptverantwortung für den Gottesdienst, für die
geistliche und moralische Unterweisung sowie für die Seelsorge in der Diözese.
Dabei sollen sie den Grundsatz der Subsidiarität berücksichtigen.
d) Das Papstamt
1. Der Papst der Weltkirche
wird von Delegierten der Nationalräte für eine einmalige Amtszeit von zehn
Jahren gewählt.
a)
Die Zahl der Delegierten der einzelnen Nationalräte errechnet sich
nach der Zahl der eingetragenen Katholiken in dem jeweiligen Land. Wie groß
die Gesamtzahl der Delegierten sein soll, legt der Papstwahlausschuß fest.
b)
Die Delegierten sollen so repräsentativ wie möglich zusammengesetzt
sein. Ein Drittel sollen Bischöfe sein.
2. Der Papst trägt zusammen
mit dem Generalrat und dessen Ausschüssen und Vertretungen die
Hauptverantwortung für die Ausführung der vom Generalrat für die
Gesamtkirche beschlossenen Richtlinien, besonders auf den Gebieten des
Gottesdienstes, der Glaubenslehre, der Moral und der Seelsorge. Dabei sollen
sie den Grundsatz der Subsidiarität berücksichtigen.
IV.
Das Rechtswesen
A.
Grundsätze
1.
Die katholische Kirche ist eine Kirche auf der Pilgerschaft. Ständig
braucht sie Reform und Verbesserung. So wird es auch immer wieder
Auseinandersetzungen, ja Streit und Rechtsverletzungen unter ihren Mitgliedern
geben. Um hier Lösungen herbeizuführen, muß es geregelte Verfahren der Versöhnung
und Schlichtung geben. Wenn solche Verfahren nicht zu einer Einigung führen,
können Katholiken kirchliche Gerichte anrufen. Alle Katholiken haben das
Recht auf ein faires und geregeltes Verfahren im Rahmen der kirchlichen
Gesetze. Alle im kirchlichen Rechtssystem tätigen Personen sollen angemessen
ausgebildet sein und über die erforderliche Kompetenz verfügen.
2.
Ein System von Diözesan‑, Provinzial‑, National und
Internationalkammern ist einzurichten als Gerichte der ersten Instanz, denen
entsprechende Berufungsinstanzen zugeordnet sind. Die Gerichte sollen im
Einklang mit der vorliegenden Verfassung verfahren sowie im Rahmen von
Gesetzen, die mit dieser Verfassung konform sind.
B.
Gerichte
a)
Lokale und Regionale Gerichte
1.
Jede Diözese soll eine Kammer einrichten oder anderweitige
Vorkehrungen treffen für den Fall, daß Mitglieder der Diözese sie in
Streitfällen oder Rechtsverletzungen anrufen.
a)
Diözesangerichte sind für alle Fälle zuständig, die die innere
Ordnung der lokalen oder regionalen Kirche betreffen. Dies bezieht sich auf
alle Tatbestände, die im allgemeinen kirchlichen Gesetz als
Verwaltungsentscheidungen, Vergehen, Rechtsstreitigkeiten, Billigkeitsurteile
oder Wiedergutmachungsansprüche bezeichnet werden.
b)
Diözesangerichte sollen nach einer für die Weltkirche festgelegte
Prozeßordnung verfahren.
c)
Als Berufungsinstanz gegen Urteile des Diözesangerichts dient das
Gericht der jeweiligen Kirchenprovinz.
2.
Alle Fälle, die einen Diözesanbischof betreffen, sollen vor dem
Nationalgericht verhandelt werden.
b) Nationalgerichte
1.
Wo immer dies angebracht ist, soll der Nationalrat Berufungsgerichte für
jede Kirchenprovinz einrichten sowie eine Berufungsinstanz für angefochtene
Urteile der Provinzialgerichte.
2.
Als Berufungsinstanz für
Urteile der obengenannten Instanz dient das oberste Kirchengericht.
c) Internationale
Gerichte
1.
Für Länder, in denen es keine nationale Berufungsinstanz gibt, soll
der Generalrat multinationale Berufungsgerichte einsetzen, die als Gerichte
der zweiten Instanz dienen.
2.
Der Generalrat soll einen obersten Gerichtshof einsetzen, der als
letzte Instanz dient für alle Fälle, die von Gerichten unterer Instanzen an
ihn verwiesen werden.
3.
Der Oberste Gerichtshof ist zuständig für alle Fälle, in denen der
Papst rechts‑ oder verfassungswidriger Handlungen bezichtigt wird.
4.
Gegen Urteile des obersten Gerichtshofs gibt es keine Berufung.
C.
Fortgesetzte Amtsfähigkeit der Leitenden
Personen in leitender
Position sollen ihr Amt für die Dauer der Zeit innehaben, für die sie gewählt
sind, es sei denn, daß ihre Fähigkeit, die Amtsgeschäfte weiterhin zu führen
im Einklang mit verfassungsgemäßen Normen in Frage gestellt wird. Die
Feststellung der Fähigkeit zur weiteren Amtsführung kann von kirchlichen
Vorgesetzten der Betroffenen oder von dem zuständigen Rat vorgenommen werden,
wobei geregelte Verfahren einzuhalten sind. Im Falle eines Papstes wird diese
Feststellung vom Generalrat getroffen, falls erforderlich in einer
Sondersitzung.
V.
Verfassungsänderungen
Für eine Verfassungsänderung sind drei Viertel der Stimmen des
Generalrats erforderlich. Sie ist innerhalb von
fünf Jahren von drei
Vierteln der Nationalräte zu ratifizieren.
VI.
Inkrafttreten
Die vorliegende
Verfassung tritt in Kraft, wenn sie von einer angemessen legitimierten
verfassunggebenden Versammlung
angenommen wird.
______________________________________________
Fassung September 1998
Aus
dem Englischen übersetzt von Oswald Stein, November 1998 ‑ Januar 1999
Web‑Site Editor: Ingrid H. Shafer, Ph.D
ihs@ionet.net Posted
March 8, 1999 Last updated
March 8, 1999 Hypertext
Copyright 8 1999 Ingrid H. Shafer