Wiederverheiratet-Geschiedene: eine Geschichte

von Helmut Falkenstein, WsK-Südtirol

In dieser Zeit kam Jesus in ein Dorf.

Der Pfarrer trat an ihn heran und fragte: „Meister, in meinem Dorf lebt eine Familie, Vater, Mutter und drei Kinder. Der Vater ist allerdings wiederverheiratet geschieden. Dürfen diese beiden Eltern an deinem Mahl teilnehmen, zu dem du Sonntag für Sonntag einlädst?“

Jesus fragte zurück: „Was sagt das (Kirchen-)Gesetz dazu?“ „Nach dem geltenden Recht ist das nicht erlaubt.“ „Warum fragst du dann?“ Weil es mir schwerfällt, nur diesen beiden Menschen in meiner Gemeinde sagen zu müssen, daß sie nicht an deinem Mahl teilnehmen dürfen. Ich kenne sie nämlich gut, ich kenne ihre Lebensgeschichte von Kindheit an, ihr Suchen und Ringen, ihr Kämpfen und Versagen , ihr Bemühen um Ehrlichkeit sich selbst und anderen gegenüber, auch ihre Schuld. Aber wer von uns ist ohne Schuld, wer ist gerecht? Wenn ich so beobachte, wer sonst so selbstverständlich an deinem Mahl teilnimmt, tu ich mich schwer, nur diesen beiden sagen zu müssen, daß sie dazu nicht eingeladen sind.“ Jesus antwortete ihm: Ich werde meine kompetentesten Schriftgelehrten und Berater zusammenrufen, sie werden darüber beraten und ich werde dir dann eine Antwort zukommen lassen.“

Die Zeit verging, ein Jahr, ein zweites Jahr ein drittes. Der Pfarrer glaubte nicht mehr daran, eine Antwort zu erhalten. Schließlich nach fünf Jahren kam Jesus wieder in dieses Dorf. Er erinnerte den Pfarrer an seine damalige Frage und sagte zu ihm: „Meine Beamten und Berater haben innerhalb von vier Jahren in 23 Sitzungen über deine Frage beraten und sind zum Ergebnis gekommen, daß es wichtig ist, mit diesem Paar über diese Frage zu reden.“ „Ja, und was soll ich ihnen sagen?“

„Du kannst ihnen sagen, daß du zwar Verständnis für ihre Situation und Entscheidung. Was aber die Teilnahme an meinem Mahl betrifft, mußt du ihnen sagen, daß sie zwar verpflichtet sind an der Feier des Mahles teilzunehmen, aber mitessen und trinken dürfen sie nicht. Sollten sie es trotzdem wagen, dann solltest du sie nicht bloßstellen vor der gesamten Gemeinde der Gerechten, aber sie anschließend auf jeden Fall drauf hinweisen, daß sie dazu nicht eingeladen sind und dies das nächste Mal unterlassen sollen.“

„Aber Meister, diese Antwort verwirrt mich nach dem, was ich von dir in der Heiligen Schrift gelesen habe.“ „Mich auch!“ sagte Jesus, verschwand und ward nie mehr gesehen.