“Wir sind im wahren Christentum...”

Gedanken und Erfahrungen zu konfessionsverschiedenen Ehen und Familien

von Ursula Schumacher

Fast 200 Jahre haben Generationen von Katholiken dieses Lied gesungen, und vielleicht mag dem einen oder anderen der Gedanke gekommen sein, daß es gewisse Parallelen aufweist zu dem Evangeliumstext Lk 18,11 in dem der Pharisäer betet: "Gott, ich danke dir, daß ich nicht bin wie die übrigen Menschen." Im Gotteslob befindet sich der Liedtext nicht mehr, der dem ökumenischen Gedanken nicht gerade förderlich ist. Ob er aber auch aufgehört hat, in unseren Köpfen zu existieren? Gerade in konfessionsverschiedenen Ehen und Familien werden unterschiedliche Sichtweisen von "katholisch" und "evangelisch" unmittelbar bewußt, weil sie sich im täglichen Miteinander bemerkbar machen. (In Gummersbach werden pro Jahr etwa ein Viertel bis ein Drittel dieser Ehen kirchlich geschlossen). Ich möchte hier zwei Dinge herausgreifen, die für Eheleute beider Konfessionen wichtig sind, wenn sie ihren Glauben ernst nehmen und leben wollen.

1. Sonntagsgottesdienst: Hier böten sich ökumenische Gottesdienste an. Seit Jahren finden sie statt und werden von ökumenischen Kreisen mit viel Engagement gestaltet. Sie sollen nicht am Wochenende sein, doch wohl, damit ja kein Katholik auf die Idee kommt, mit ihrem Besuch der Sonntagspflicht zu genügen. Im Schlußvotum 9.9 des Pastoralgesprächs wird der Erzbischof gebeten, "die Möglichkeit der Feier ökumenischer Gottesdienste an Sonn- und Feiertagen zu erweitern." Abstimmungsergebnis über dieses Votum. 117 Ja-Stimmen, 31 Nein-Stimmen, zwei Enthaltungen. Dieses Ergebnis zeigt, daß in unserem Erzbistum viele Vertreter der Katholiken der Meinung sind, daß der ökumenische Gottesdienst einen höheren Stellenwert erhalten sollte und daß das auch von vielen Priestern so gesehen wird, die ja mit etwa 50% beim Pastoralgespräch vertreten waren. Sehen wir uns aber die Praxis in konfessionsverschiedenen Ehen und Familien an. Erlaubt ist: Jedes Familienmitglied geht zum Gottesdienst in "seine" Kirche. In diesem Fall wird die Familie auseinandergerissen, statt ihre Gemeinschaft auch vor Gott zu erleben. Bleibt aber ein Elternteil dem Gottesdienst fern, so können die Kinder den Vater oder die Mutter nicht als religiösen Menschen erleben und dadurch in ihrer eigenen Religiosität gestört werden. Heiraten zwei Menschen aus verschiedenen Ländern, werden sie als Eltern Wert darauf legen, daß ihr Kind beide Sprachen lernt, damit es sich in beiden Kulturkreisen zu Hause fühlt.

Es ist bedauerlich, daß das in konfessionsverschiedenen Ehen in Bezug auf die beiden Kirchen nicht ebenso praktiziert wird. Die Eheleute brauchten dabei aber beispielsweise die Unterstützung von ökumenischen Kreisen, die ihnen helfen, das Wissen über die eigene Kirche zu vertiefen und die andere kennenzulernen. Hierzu wären junge Leute am ehesten bereit, wenn sie sich beim Pfarrer zur kirchlichen Trauung anmelden oder wenn sie sich zur Taufe eines Kindes entschlossen haben. Es soll also hier nicht einer Gleichmacherei das Wort geredet werden, sondern jedem soll noch einmal die Besonderheit der eigenen Kirche, die Andersartigkeit der anderen Kirche und die vielen Gemeinsamkeiten beider Kirchen bewußt gemacht werden. Dann können Achtung und Wertschätzung für das Eigene und für das Fremde entstehen. Es wäre dann wünschenswert, daß es für die Familien möglich wäre, die Gottesdienste beider Kirchen zu besuchen und sich in der jeweils anderen Kirche als Gast willkommen zu fühlen. "Die gegenseitige brüderlich(?) Kenntnis" wird zwar im katholischen Katechismus gefordert, der Besuch eines evangelischen Gottesdienstes an Stelle der Sonntagsmesse aber abgelehnt. Hier wäre ein erster wichtiger Schritt von der katholischen Kirche zu tun, der Kompromißbereitschaft und Umdenken verlangt, der aber, Familien, die sich jetzt im kirchlichen Abseits fühlen, in ihrem religiösen Leben und auf ihrem Weg zu Christus helfen würde.

2. Empfang der Kommunion bzw. des Abendmahls: Im Prolog des katholischen Katechismus heißt es (Satz 25): "Die ganze Belehrung und Unterweisung muß auf die Liebe ausgerichtet sein, die kein Ende hat." In Satz 1400 heißt es: "Die aus der Reformation hervorgegangenen, von der katholischen Kirche getrennten kirchlichen Gemeinschaften haben, vor allem wegen des Fehlens des Weihesakramentes, die ursprüngliche und vollständige Wirklichkeit des eucharistischen Mysteriums nicht bewahrt. Aus diesem Grund ist für die katholische Kirche die eucharistische Interkommunion mit diesen Gemeinschaften nicht möglich." Das Schlußvotum 9.12 des Kölner Pastoralgesprächs besagt: "Der Erzbischof möge sich dafür einsetzen, daß die theologischen und pastoralen Bemühungen mit dem Ziele der eucharistischen Mahlgemeinschaft mit Nachdruck weitergeführt und gefördert werden. Das Votum wurde mit 132 Ja-Stimmen, 25 Nein-Stimmen und 7 Enthaltungen verabschiedet. Das zeigt, daß der Wunsch an der Basis und in der Praxis nach der Möglichkeit der Interkommunion groß ist, wenn man bedenkt, daß je 2 Vertreter (1 Priester und 1 Laie) pro Dekanat an diesem Gespräch teilgenommen haben. Besonders katholische Kinder kommen spätestens bei der eigenen Erstkommunion in oft erhebliche religiöse Schwierigkeiten, wenn der von ihnen geliebte, konfessionsverschiedene Elternteil vom Empfang der Kommunion ausgeschlossen bleibt. Sie befürchten, daß Vater oder Mutter nicht in den Himmel kommen oder etwas sehr Böses getan haben müssen, weil sie nicht zum Gastmahl des Herrn zugelassen sind. Da hilft ihnen auch Satz 818 des Katechismus nicht viel, der da besagt: "Denen aber, die jetzt in solche Gemeinschaften geboren sind ... können keine Vorwürfe wegen der Sünde der 'Trennung gemacht werden,... sie werden aufgrund des Glaubens in der Taufe gerechtfertigt, und darum gebührt ihnen der Ehrenname des Christen, und mit Recht werden sie von den Kindern der katholischen Kirche als Brüder (?) im Herrn anerkannt."

Ein Schüler des 3. Schuljahres sagte etwas, über das man nachdenken sollte: "Wenn ich Jesus jetzt fragen könnte, ob mein Papa mit mir zur Kommunion geben darf, ich glaub, er würd's erlauben."

Ich glaube das auch - und Sie?