Zerstörungswerk mit römischer Gründlichkeit

von Michael Mayr

Die Verteidigung des Glaubens gemäß dem päpstlichen Schreiben 'Ad Tuendam Fidem' richtet sich mehr und mehr gegen die eigenen Leute. Die Pfarre Corpus Christi in Rochester, New York (USA) war ein lebendiges Zeichen für Leben aus dem Evangelium, ein US-weit bekanntes Beispiel für die Gemeinde der Zukunft. Der radikale Weg der Nachfolge Jesu in dieser Pfarre schien jedoch für die Amtskirche nicht tragbar: der Gemeindepfarrer James (Jim) Callan wurde abgesetzt. Doch das war nur der Startschuß zu einem gründlichen Zerstörungswerk. Die Großstadtpfarre Corpus Christi war am Ende und sollte eigentlich geschlossen werden, als 1976 der damals 28-jährige Callan dort seinen Dienst antrat. Durchschnittlich etwa 50 Leute in fortgeschrittenem Alter besuchten die Sonntagsmesse. Doch nach wenigen Jahren war daraus eine beispiellos aktive und mitreißende Gemeinde von rund 4000 Leuten geworden. Diese Blüte ist einem faszinierenden geistlichen Führer zu verdanken: Father Jim Callan.

"Der Gottesdienst beginnt, wenn die Messe zu Ende ist."

Callan begann, junge Leute zu versammeln und mit ihnen an jedem Donnerstagabend Eucharistie zu feiern nach ihrer eigenen jugendlichen Gestaltung. Diese feiernde Gruppe wurde zur Keimzelle eines neuen Bewußtseins: Es bildete sich eine Gemeinschaft, die sich den Dienst am Nächsten zur zentralen Aufgabe machte. "Der Gottes-Dienst beginnt, wenn die Messe zu Ende ist", bekam mancher Anrufer zur Antwort auf die Frage nach der Beginnzeit des 'service' (engl. 'Gottesdienst'). Eine große Zahl junger Erwachsener stieß auf der Suche nach einer Gemeinschaft dazu.

Die Dienste der Pfarre Corpus Christi

Corpus Christi Center: Treffpunkt für Frauen, Männer und Kinder, Hilfe bei gesundheitlichen, sozialen oder rechtlichen oder erzieherischen Problemen, Klinik zur kostenlosen medizinischen Betreuung von Mittellosen; Corpus Christi Child Care: professionelle und liebevolle Betreuung und Erziehung für Kinder, speziell auch behinderte; Familienhilfe Rogers House: 90-Tage-Programm Betreuung für Haftentlassene; Beratung, Job– training, Hilfe zu einem neuen Anfang; Rogers House Restaurant: Job-Training für ehemals Straffällige; Dimitri House: Notunterkunft, Wärmestube, Lebensmittelladen, medizinische Versorgung für Obdachlose; Hilfe bei Alkohol- und Drogenentwöhnung; Isaiah House: Heim und Betreuung für Sterbende; Matthew's Closet: Second-Hand-Boutique für gebrauchte Kleider um wenig Geld – wenn nötig auch geschenkt.

1977 startete das erste einer Reihe von Nachbarschafts- und Armenprogrammen. Im 'Glasscherbenviertel' von Rochester wurde in einem ehemaligen Friseurladen das 'Corpus Christi Center' eingerichtet, ein Zentrum und Nachbarschaftstreff mit Kindergarten, Glaubens- und Bibelunterricht, Musik, Tanz und ersten Ansätzen für eine medizinische Versorgung der Armen. Unter den vandalisierenden Großstadtbanden, die in diesem Viertel Nacht für Nacht ihr Zerstörungswerk leisteten, hatte es sich herumgesprochen, daß hier 'good folks' wären. So blieb das Corpus Christi Center eine Oase inmitten von Verwüstung und Gewalttätigkeit.

Nächstenliebe konkret

Es folgten weitere große Projekte: Eine Klinik zur ärztlichen Betreuung der Armen zum Nulltarif, Häuser für Obdachlose und Haftentlassene bis hin zu einem Pflegeheim für Sterbende. Die Pfarre pflegte auch intensive Kontakte zur Dritten Welt. Daraus ergab sich ein besonderes Engagement gegen die Rolle der USA im Bürgerkrieg von El Salvador. Die Pfarrkirche wurde zur (illegalen) Zufluchtsstätte für Bürgerkriegsflüchtlinge. Eine besondere Erwähnung verdient noch die 'Corpus Haiti Clinic': Unter der Planung und Führung durch Corpus-Christi-Pfarrleute - und mit ihrem Spendengeld - wurde auf der Karibikinsel Haiti eine Armenklinik errichtet und in heimische Verwaltung übergeben. Heute werden dort täglich etwa 40 Patienten unentgeltlich behandelt. Corpus Christi bezahlt die Gehälter für acht Mitarbeiter und eine Reihe von Pfarrleuten hat in der Klinik monatelang freiwillig gearbeitet.

Die karitativen Aktivitäten von Corpus Christi waren inzwischen weithin bekannt und etliche höchst fähige Leute aus allen Winkeln der USA stellten sich in den Dienst dieser Sache, darunter auch eine Reihe von Ärzten. Zwischen 700 und 1000 Leute leisteten freiwillige Arbeit in den verschiedenen Projekten.

Corpus Christi in Zahlen

Mitglieder: 3500 - 4000 zählen sich zur Gemeinschaft; 2300- 2700 regelmäßige Meßbesucher an Sonntagen; 700 - 1000 freiwillige Mitarbeiter in den Diensten Menschen, denen geholfen wurde: ca. 15000 Kontakte und Beratungen pro Jahr im Corpus Christi Center; 164 im Pflegeheim (Isaiah House) (in 11 Jahren); über 200 Obdachlose wurden betreut (Dimitri House); 500 - 600 pro Monat erhalten Essen und Obdach; ca. 3000 Kontakte und Beratungen für Ex-Sträflinge; 720 Familien erhielten Second-Hand-Kleidung; 10 Ex-Sträfinge pro Jahr auf Job-Training; 65 Kinder pro Jahr in Betreuung (Child Care)

Finanzielle Beiträge aus der Gemeinde:

1.2 Mill $ aus Sammlungen (90%) und Schenkungen; 1.0 Mill $ Unterstützungen und Beiträge für Dienste; 2.2 Mill $ aus Sammlungen für sonstige Zwecke; 120.000 $ für Wohltätigkeit außerhalb der Pfarre; 85.000 $ an die Diözese 1983 kam das Ehepaar Ramerman aus Kalifornien nach Rochester, um in der Corpus Christi Church zu arbeiten. Jim (46), ein Organisationstalent, nahm unter anderem die Koordination der Projekte und Dienste in die Hand und entwickelte eine wirkungsvolle und stark demokratisch geprägte Organisation der Pfarre. Seine Frau Mary (43) brachte neue Ideen in die Seelsorge ein und startete Programme zur Ehevorbereitung, Familienseelsorge und zur religiösen Erziehung.

Die Frau am Altar

Gottesdienste für bis zu 2700 regelmäßige Meßbesucher erforderten Arbeitsteilung. Ein Liturgiekomitee übernahm die Vorbereitungs- und Gestaltungsarbeiten und machte die Liturgie zum Anliegen der Laien. In diesem Team hat sich besonders Mary Ramerman als hervorragende und von allen geschätzte Predigerin erwiesen. Wenn kein Priester da war, leitete sie Wortgottesdienste und hielt Begräbnisse. Immer mehr fiel ihr eine zentrale Rolle in der Gemeindeliturgie neben den beiden ordinierten Priestern zu. Enrique Cadena (46), mexikanisch-stämmiger Kaplan der Pfarre, lud sie 1988 zum erstenmal ein, bei der Wandlung Kelch und Hostie gemeinsam mit ihm zu erheben. Seither gehörte das einfach dazu. Als sichtbare Anerkennung und Bestätigung ihrer tatsächlichen liturgischen Rolle schenkte ihr die Pfarrgemeinde 1993 eine Alba mit Stola. Die Überreichung dieses Geschenkes am Ende einer Sonntagsmesse wurde von 'standig ovations' begleitet und wurde vielfach als 'lokale Ordination' betrachtet. In der Folge stießen zahlreiche neue Leute zur Gemeinde, vor allem Frauen, die böse Erfahrungen mit kirchlicher Mißachtung gemacht hatten.

Spiritualität: Einladung an alle

Neben Father Jim ist es auch Mary Ramerman zu verdanken, daß sich in der Pfarre trotz der enormen Aktivitäten auch eine tiefe Spiritualität entwickeln konnte, die von großer Toleranz geprägt ist. Am deutlichsten wurde dies in einem 'Statement des Glaubens', das wenige Tage nach der Absetzung von Father Jim Callan von der Pfarrversammlung beschlossen und verbreitet wurde. Der Kern des 'Geistes von Corpus Christi' ist die Zuwendung an alle Benachteiligten: Arme, Obdachlose, Flüchtlinge, Gefangene, Kranke und Sterbende. Die besonders von der katholischen Kirche Benachteiligten - die Geschiedenen, Andersgläubigen, Frauen und Homosexuellen - sollen über bloße Toleranz hinaus auch Wertschätzung und Zugehörigkeit erfahren können. Dazu heißt es in dem Statement:

- Jesus, der für alle gestorben ist, lädt alle zum Eucharistischen Mahl ein.

- Frauen mit ihren leuchtenden Gaben des Dienstes für Gott und Menschen werden ihre Gaben weiterhin einsetzen - und ihre Berufung zum priesterlichen Dienst wird anerkannt werden.

- Die homosexuellen Mitglieder unserer Gemeinschaft und ihre Familien werden weiterhin ein kostbarer Teil unserer feiernden Gemeinde sein. Der Text enthält ein klares Bekenntnis zur römisch-katholischen Kirche. "Aber als Christen sind wir zuerst und vor allem Nachfolger Christi", schließt das Statement.

Absetzung unter römischem Druck?

Am 13. August 1998 wurde Father Jim Callan von der Diözese informiert, daß er als Pfarrer von Corpus Christi abgesetzt sei und bis zum 6. Oktober die Pfarre zu verlassen habe. Die Steine des Anstoßes waren dreierlei: Die eucharistische Praxis gegenüber Nichtkatholiken, die Segnung von homosexuellen Paaren und die Funktionen von Frauen in der Leitung der Gemeinde und am Altar. Diese Nachricht - Callan selbst berichtete am Schluß der Sonntagsmesse – schlug wie eine Bombe ein. Bischof Matthew Clark von Rochester war immer als überaus liberal bekannt gewesen und hatte selbst so manche Schwierigkeiten mit konservativen Kirchenkreisen gehabt. Die Pfarre hatte immer mit seiner schützenden Hand rechnen können. Daraus ergab sich zwanglos der Schluß, daß die Absetzung nicht des Bischofs eigene Idee gewesen sein konnte, sondern daß Druck aus dem Vatikan im Spiel war. Trotz des bischöflichen Dementis sprechen tatsächlich einige Indizien dafür, daß die Glaubenskongregation und deren Chef Kardinal Ratzinger die treibenden Kräften waren.

Aufruhr zieht weltweite Kreise

Unmittelbar nachdem Callan die Gemeinde von seiner Absetzung informiert hatte, begann die Pfarre für ihren Father Jim zu kämpfen. Einige hundert Pfarrmitglieder bildeten spontan mehrere Aktionsgruppen, die zum Frühlingskomitee - unter Bezug auf die Blüte der Gemeinde- zusammengefaßt wurden. Mit einer generalstabsmäßig durchorganisierten Serie von Aktionen, Petitionen, Briefkampagnen, Protest- und Solidaritätsdemonstrationen, Auftritten in TV-Talkshows, Sit-ins und Gebetswachen versuchte die Gemeinde die Absetzung ihres Pfarrers doch noch zu verhindern - vergeblich. Über Internet wurde die Tragödie in die Welt hinausgeschrien. Der Fall fand auch in den US-Medienberichten starkes Interesse und große Sympathie. Angesichts des sich ausbreitenden Aufruhrs trat der unter Druck stehende Bischof Clark die Flucht nach vorne an und schwenkte auf die harte Linie um: Er verkürzte die ursprünglich gesetzte Frist um einen Monat und Father Jim mußte am 6. September die Pfarre verlassen.

Chronik der 'Normalisierungsmaßnahmen'

- Jim Callan wird 'probeweise' in die Stadt Elmira, 150 km südlich von Rochester, versetzt. Für eine endgültige neue Anstellung als Pfarrer wird von ihm ein Abschwören von seinem bisherigen Kurs und die Unterwerfung unter die 'diözesanen Richtlinien' verlangt. Der Kontakt zu seiner ehemaligen Pfarre wird ihm de facto untersagt. Auch anläßlich seines 24. Priesterjubiläums gibt es keine Ausnahme.

- Father Enrique Cadena, Callans bisheriger Kaplan und Freund, wird interimistisch mit der Weiterführung der Seelsorge betraut und in das von der Diözese nominierte Übergangsteam entsandt. Am 24. September tritt er als Mitglied dieses Teams zurück. Als Grund dafür nennt er einen offensichtlichen Mangel an Dialogbereitschaft auf diözesaner Seite.

- Die Diözese entsendet zwei Damen in das Übergangsteam. Deren erste Aktion besteht darin, alle Finanzgewalt in der Pfarre an sich zu ziehen. Dem bisherigen Management werden alle Unterschriftsberechtigungen entzogen.

- Am 10. Oktober wird Father Daniel McMullin als neuer Pfarrer von Corpus Christi eingesetzt.

- Fünf Tage später wird Mary Ramerman gefeuert. Der Grund: Sie hatte die diözesane Anordnung, ihre liturgische Rolle einzuschränken und auch ihre Stola abzulegen, nicht befolgt.

- Enrique Cadena wird am 23. Oktober auf eigenen Wunsch vom Priesteramt beurlaubt.

- Ende November und Anfang Dezember feiert Father Jim Gottesdienste in einer methodistischen und einer presbyterianischen Kirche in Rochester. Mary Ramerman predigt. Nahezu die gesamte Corpus-Christi-Gemeinde feiert mit.

- Im Pfarrbrief vom 4. Dezember gibt der neue Pfarrer die Aussperrung des Spring Committee aus der Pfarre bekannt.

- Father Jim Callan wird am 7. Dezember vom Priesteramt suspendiert.

- Am 9. Dezember bekommt die Pfarre einen neuen Pfarradministrator von der Diözese vorgesetzt.

- Zehn Tage vor Weihnachten feuert der neue Pfarradministrator sechs weitere Angestellte. Betroffen sind die Leiter der verschiedenen Häuser und Dienste. Auch die Ordensfrau Sr. Marjory Henninger, die 1976 zusammen mit Father Jim in Corpus Christi begonnen hatte, wird vor die Tür gesetzt. In den folgenden Tagen wird nach und nach das gesamte 13-köpfige Team der früheren Pfarre entfernt, zum Teil gefeuert, einige nehmen selbst den Hut.

Austreibung aus der katholischen Kirche

Corpus Christi im Internet Die web-site http://corpus-christi-friends.org bietet umfangreiche Informationen über die Affäre rund um Corpus Christi sowie Berichte, Kommentare, historische Informationen und vieles andere mehr. Bis Mitte März wurde diese website rund 28.000 mal abgerufen. Die Pfarrbevölkerung hatte unter diesen traumatischen Ereignissen jedes Vertrauen in die diözesane Führung verloren. Der überwiegende Teil der Gemeinde stand jedoch zu ihrem Father Jim, zu Mary Ramerman und zum früheren Geist von Corpus Christi. In einem Gottesdienst mit Father Jim am 15. Dezember wurden die bis dahin Gefeuerten mit standig ovations geehrt. In einer spontanen Sammlung gaben die rund 1000 Mitfeiernden mehr als 30.000 Dollar zur Unterstützung der Betroffenen und ihrer Familien. Etwa 1300 Pfarrmitglieder feierten am Heiligen Abend die Geburt Christi mit Father Jim - aber nicht mehr in der eigenen Pfarrkirche, sondern als Mieter in der 'Salem United Church of Christ'.

Die Vertriebenen sammeln sich

"Wir wollen jede Mühe und Anstrengung unternehmen, um in der katholischen Kirche zu bleiben", hatte das Pfarrforum noch im August beschlossen. Doch für die meisten ist dieser Weg kaum ein halbes Jahr später nicht mehr möglich. Sie fühlen sich aus ihrer Kirche hinausgetrieben, hinausgeekelt. Den Geist von Corpus Christi am Leben zu erhalten wird zum wichtigsten Ziel. Unter den von der Diözese diktierten Randbedingungen ist dafür keine Chance zu sehen. Im Klartext: Aus den Resten der Pfarre Corpus Christi nach der Zerstörung ist eine neue Gemeinde, die 'Corpus-Christi-Glaubensgemeinschaft' entstanden. Sie steht außerhalb der diözesanen Strukturen, sieht sich aber sehr wohl in der katholischen Tradition verankert, kann und will sich aber nicht mehr der Macht der derzeitigen römisch-katholischen Amtskirche unterordnen. Mary Ramerman, Jim Callan, Enrique Cadena und einige weitere führende Köpfe aus der früheren Mannschaft überlegen, wie es weitergehen soll. In einem Brief schildert Mary Ramerman die Lage nach dem Desaster: "...Die Leute verlassen die Pfarre und die Kirche zu Hunderten. Wir beginnen, eine Rettungsboot-Gemeinde' zu bilden ... Die große katholische Gemeinde von Rochester beginnt uns als 'Abtrünnige' zu meiden. Es herrscht Stille, was die Entweihung unserer Pfarre betrifft, aber man verurteilt das Verlangen, unsere Gemeinde zu erhalten ... Die katholische Erwartung scheint zu sein, daß die Gefeuerten still verschwinden sollten. ... Aber ich kann nicht einfach jetzt zu anderen Dingen übergehen, während 2000 Menschen, denen ich 15 Jahre lang seelsorglich beigestanden bin, traumatisiert sind ... Als Frau in der Seelsorge sehe ich es als besonders wichtig an, nicht als Opfer still und höflich zu verschwinden. Das würde den vielen Frauen (und Männern) nichts Gutes tun, die unter ungerechten und demütigenden Umständen leben und arbeiten... Doch unsere 'Rettungsboot-Gemeinde' wirft auch viele Fragen auf: Wie können wir unsere katholische Identität außerhalb der diözesanen Strukturen aufrechterhalten? Ist es nicht schändlich, einfach wegzubrechen, wenn der Stamm des Baumes verrottet ist? Gibt es Alternativen? ... Und was bedeutet Eucharistie wirklich? Können wir als Gemeinschaft, die zusammenkommt zum Brechen des Brotes und zum Gedenken an Leben, Tod und Auferstehung Jesu unsere eigene Eucharistie konsekrieren? Oder brauchen wir einen Untergrundpriester ...?"

Übrig bleiben Scherben

Die Pfarre Corpus Christi ist in drei Teile zerbrochen:

* Etwa ein Viertel der Leute der früheren Pfarre ist unter der neuen 'romtreuen' Leitung geblieben.

* Rund 1500 Leute - fast die Hälfte - sind dabei, sich der neuen Gemeinde mit dem 'alten Geist von Corpus Christi' anzuschließen.

* Der Rest ist verschwunden aus der Pfarre - und zum großen Teil auch aus der Kirche ausgetreten.

Was aus den von der Diözese übernommenen Diensten von Corpus Christi wird, ist zur Zeit unklar. Die Basis der Finanzierung aus Spendenmitteln ist jedenfalls dünn geworden. Die neue 'Rettungsboot-Gemeinde' hat dagegen fürs erste keine finanziellen Sorgen: Auf dem Konto sind nahezu 150.000 Dollar an Spendengeldern eingetroffen, mit denen man im 'Geist von Corpus Christi' weitermachen will.

Letzter Akt: Exkommunikation

Am 24. Februar wurde Jim Callan und mit ihm die ganze neue Gemeinschaft exkommuniziert. Nach römischer Logik völlig selbstverständlich, denn "durch die Gründung einer eigenen Kirche hat man sich ins Schisma begeben", so die diözesan-offizielle Aussage. Callans Kommentar dazu: "Ich glaube nicht an Exkommunikation. Ich glaube an eine einladende Kirche. Ich bin Katholik und das kann niemand ändern. Ich bin von Gott gerufen, den Menschen zu dienen und das werde ich weiterhin tun. ... Wir wollen keine neue Religion, keine neue Sekte gründen. Wir wollen nur fortsetzen was wir in Corpus Christi aufgebaut haben". Die Mitglieder der neuen Gemeinschaft sehen sich als 'Katholiken im Exil'. Callan hofft, daß trotz allem die früheren guten Beziehungen zu anderen Pfarren in der Diözese weiterhin aufrecht bleiben. In den US-Medien hat dieser letzte Schritt des Bischofs ein starkes Echo gefunden. Unter den zahlreichen Kommentaren findet man auf katholischer Seite neben linientreuen Worten auch manche kritische Stimme. Die protestantische Sicht ist naturgemäß durch die Schisma-Erfahrung der 'anderen Seite' geprägt:

"Die 2000-jährige Geschichte des Christentums ist voll von Spannungen, hervorgerufen durch Menschen, die ihrem prophetischen Glauben an Gottes Willen folgen" ,sagte ein Bischof der Episkopalkirche. "Die Tragödie ist, daß dies die Kirche spaltet ... Die Zeit wird zeigen, ob der Prophet richtig liegt." mit freundlicher Genehmigung – aus "Kirchenzeitung JA" Nr. 17 / 99 vom 25. April