Zitate
12/2001Zitate aus Imprimatur
Misereor wirft Regierung mangelnden Einsatz für Arme vor
Spenden konzentrieren sich auf "Katastrophen, Kinder, Krankheiten"
Das Hilfswerk Misereor hat die Entwicklungspolitik der Bundesregierung scharf kritisiert. "Die Armutsbekämpfung ist kein gemeinsames Anliegen dieser Regierung", sagte der Hauptgeschäftsführer des Entwicklungshilfswerks der katholischen Kirche Josef Sayer am Freitag in Berlin. Die Zuwendungen des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit an Misereor seien im Jahr 2000 um 2,6 Prozent zurückgegangen.
Das Spendenaufkommen sei allerdings um 2,6 Prozent gestiegen. Sayer kritisierte, dass der Etat des Entwicklungshilfeministeriums für das kommende Jahr um 5,3 Prozent gekürzt worden sei, während zugleich der gesamte Bundeshaushalt um 1,6 Prozent steige. "Auch in dieser Regierung halten viele Entwicklungszusammenarbeit immer noch für Almosen." Derzeit lebten 1,2 Milliarden Menschen mit weniger als einem Dollar pro Tag. Die Bundesregierung hatte am 4. April ein Aktionsprogramm zur Halbierung der Armut in der Welt bis zum Jahr 2015 verabschiedet. ...
Insgesamt nahm das Hilfswerk 294,1 Millionen Mark ein. Das Spendenaufkommen von Misereor stieg den Angaben zufolge im Jahr 2000 um 2,6 Prozent auf 120,7 Millionen Mark.
Sayer zufolge neigen Spendenwillige dazu, ihre Zuwendungen für Zwecke zur Verfügung zu stellen, die unter die Stichworte "Katastrophen, Kinder, Krankheiten" fallen. Zwar habe Misereor in den vergangenen zehn Jahren beispielsweise zur Behandlung von Aidskranken und für Prävention dieser Krankheit mehr als 35 Millionen Mark bereitgestellt. Dennoch seien langfristige Änderungen etwa in der landwirtschaftlichen Produktion oder der Zivilgesellschaft der Entwicklungsländer ebenso dringend erforderlich. (Impr. 5+6/2001, S. 260f )
Bischof Pican mit Gefängnis bestraft
Zum ersten Mal seit der Französischen Revolution wurde in Frankreich ein Bischof von einem weltlichen Gericht verurteilt. Die Strafkammer von Caen verurteilte am 4. September 2001 den Bischof von Bayeux-Lisieux, Pierre Pican, zu drei Monaten Gefängnis auf Bewährung, weil er einen Priester seiner Diözese nicht angezeigt hatte, obwohl er von dessen pädophilen Neigungen und Vergehen wusste (imprimatur berichtete).
Der Bischof, der bei seiner ersten Zeugenvernehmung noch sehr arrogant auf das Gericht und die Nebenkläger, die Eltern der betroffenen Kinder, gewirkt hatte, berief sich bei der Hauptverhandlung im Juni auf sein Berufsgeheimnis. ... Bischof Pican, der ebenfalls diese Position weiterhin vertritt und in dem Urteil eine Abweichung von der bisherigen Rechtsprechung bezüglich des Berufsgeheimnisses sieht, hat inzwischen dennoch auf Berufung verzichtet - zur "Beruhigung der betroffenen Opfer", wie er erklären ließ. (Impr. 7, S. 310)
Bischofsernennungen: "WsK" fordert mehr Einfluss der Ortskirchen
Mehr Mitsprache
und Mitentscheidung der Ortskirchen bei den jetzt anstehenden
Bischofsrernennungen und eine stärkere Transparenz der Besetzungsverfahren
fordert die KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche. Die katholische
Reformbewegung erinnert anlässlich der Neubesetzung von zehn der
siebenundzwanzig deutschen Bischofsstühlen in den nächsten drei Jahren daran,
dass die Wahl des Bischofs durch das Volk einer langen kirchlichen Tradition
entspricht.
Je nach Regelung in den Konkordaten haben die Ortskirchen derzeit jedoch nur
sehr geringfügige Möglichkeiten der Mitwirkung. ...
Statt Treue und Gehorsam gegenüber der Hierarchie, Anhänglichkeit an die Lehre
der Kirche insbesondere zur Priesterweihe von Frauen und zur Sexualität,
marianische Frömmigkeit sowie Befolgung der Normen hinsichtlich der geistlichen
Kleidung, die der vertrauliche Fragebogen des Nuntius enthält, erwartet das
Kirchenvolk von den Bischofskandidaten vor allem die Fähigkeit und den Willen
zur Kommunikation, eine durch Überzeugung, Motivation und Vorbild ausgeübte
Leitung, Konfliktfähigkeit, unerschrockene Wahrnehmung der Verantwortung für
seine Diözese entgegen dem anwachsenden Zentralismus von Rom, praktische
Erfahrung in Pastoral und Gemeindeleitung, Respektierung der Ergebnisse des II.
Vatikanischen Konzils und Einsatz für die Ökumene. (Impr. 7/2001, S. 308)
Zitate 8/2001
- zur Zeit des Nationalsozialismus Freiburgs Oberhirte Konrad Gröber, seit 1933 förderndes Mitglied der SS war und der Osnabrücker Bischof Hermann Wilhelm Berning seine Reden stets mit einem dreifachen "Sieg Heil!" beendete. Als Hitler am 30. April 1945 Selbstmord beging, ordnete der Breslauer Erzbischof Adolf Bertram "ein feierliches Requiem" im "Gedenken an den Führer" an.
- Konrad Adenauer den Bernings und Gröbers unter den Bischöfen krasses moralisches Versagen vorwarf. Wenn sie "alle miteinander an einem bestimmten Tage öffentlich von den Kanzeln" gegen die Judenmorde gepredigt hätten, schrieb er 1946, wäre "vieles verhütet" worden. Dass sie es nicht taten, sei unentschuldbar.
- dass Streiks in kirchlichen Einrichtungen nach einem von der Gewerkschaft ver.di in Auftrag gegebenen Gutachten möglich sind. Das Gutachten des ehemaligen Verfassungsrichter Jürgen Kühling kommt zu dem Ergebnis, dass Arbeitskämpfe, die die Evangelische und Katholische Kirche ihren Beschäftigten verweigern wollen, von dem im Grundgesetz verankerten Recht auf Koalitionsfreiheit abgedeckt seien. Auch im öffentlichen Dienst dürfe für die Tarifforderung gestreikt werden. In ver.di sind rund 80.000 kirchliche Mitarbeiter organisiert. Kühling sagte, obwohl das Recht der Religionsgemeinschaften, ihre Angelegenheiten selbstständig zu regeln, ebenfalls Verfassungsrang habe, dürften diese sich nicht «über die Grundprinzipien unserer Rechtsordnung hinwegsetzen. Ver.di-Vorstandsmitglied Ulla Derwein sagte: «Die Kirchen sollen erkennen, dass Tarifverträge kein Teufelswerk sind.» Die Gewerkschaft prüfe die Möglichkeit eines Streiks im evangelischen Johanneswerk in Bielefeld. In dieser Einrichtung seien die Bezüge der Beschäftigten gekürzt worden. Mitarbeiter der Kirche streikten zuletzt in den Jahren 1919 bis 1921. Das Gutachten kommt außerdem zu dem Schluss, dass der so genannte Dritte Weg zur Entgeltfindung bei den Kirchen kein Ersatz für den weitgehenden Verlust der Koalitionsfreiheit der Beschäftigten sei. Die Arbeitsrechtliche Kommission der Diakonie ist den Angaben zufolge paritätisch mit Arbeitnehmern und Arbeitgebern besetzt und entscheidet mit qualifizierter Mehrheit. Kommt keine Entscheidung zu Stande entscheidet eine Schiedskommission. Kühling sprach in diesem Zusammenhang von einem «unerträglichen Zwangsschlichtungsverfahren». Dies dürfe die Kirche sogar im Rahmen ihres Selbstverwaltungsrechts jederzeit ändern, kritisierte er.
- Das Bestürzende (der heutigen Situation der Kirche) liegt darin, daß die derzeitige Kirchenleitung einfach ein theologisches und pastorales Defizit aufweist, so peinlich das zu sagen ist. Das Amt in der Kirche ist von seinem biblischen Verständnis her ein dem Heile dienendes Amt und kein sakramentaler Selbstzweck, dem es völlig gleichgültig sein kann, ob Millionen und Abermillionen von Christen überhaupt die Möglichkeit haben, Heil stiftende Sakramente zu empfangen und die Mitte ihrer Gemeinschaft, die biblisch und dogmatisch die Eucharistie ist, in einer menschlich erlebbaren Weise zu pflegen.“ (Bischof Reinhold Stecher, em. Innsbruck)
Zitate 4/2001
„Sie (die Schweizer Bischöfe) reiben sich an seiner (Haags) Darlegung, der historische Jesus den Tempeloferkult und die mit dieser Schlachtopferpraxis verbundene Priesterschaft scharf abgelehnt. Das habe letztlich zu seiner Tötung geführt. Folglich könne sich von Jesus her keine priesterzentrierte Kirche begründen. Die Kleruskirche sei eine menschengemachte Entwicklung seit dem 2. und 3. Jahrhundert. „Dagegen nennen die Bischöfe keine Gegenargumente“ ,erklärt Haag, „ sondern immer nur Pauschalitäten.“
... „ Es ist unbiblisch und daher ausgeschlossen, dass Neugeborene Sünder sind.“ Die Menschheit stamme — so die Erkenntnis der Evolution — nicht von einem Paar ab, von Adam und Eva. Also können jene zwei auch keine Sünde „vererben“.
... „ Nein, Jesus starb wie andere Propheten — für die Wahrheit. Jesus wollte nicht eine Kirche gründen; er hat kein kirchliches Amt und keine Sakramente eingesetzt.“ Haag:“ Gerade die Hauptsakramente Taufe und Abendmahl sind nicht von Jesus eingesetzt, sondern von der jungen Kirche. „Folglich könne die Kirche bestimmen, „unter welchen Voraussetzungen und von wem die Sakramente gespendet werden dürfen“. Die Kirche „hat die Vollmacht zu erklären, auch eine Laie kann der Eucharistie vorstehen.“ (aus: publik-forum, 4/01, S. 52f)