Zitate 12/2002
Eine Email in der KVB-Liste
Liebe Freunde,
in Jesu Rede vom Weltgericht (Mt 25, 1-46) ist das einzige Kriterium für die Auserwählung so beschrieben: "Denn ich war hungrig, und ihr habt mir zu essen gegeben; ich war durstig, und ihr habt mir zu trinken gegeben; ich war fremd und obdachlos, und ihr habt mich aufgenommen; ich war nackt, und ihr habt mir Kleidung gegeben; ich war krank, und ihr habt mich besucht; ich war im Gefängnis, und ihr seid zu mir gekommen ... Amen, ich sage euch: Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan." Davon, daß man den "richtigen Glauben" (im Sinne von Lehrsätzen) haben muß, ist hier nicht die Rede.
Ebenso zeigt die Aussage Jesu
über das wichtigste Gebot (Mt 22, 34-40), worauf es ankommt, während wir in 1
Kor 13,12 daran erinnert werden, daß unser Erkennen Stückwerk ist. Daher auch
die Warnung davor, sich von Gott ein Bild machen zu wollen, d.h. sich
einzubilden", man wisse genau über Gott Bescheid - freilich dürfen wir
darauf vertrauen, was uns der Sohn über den Vater geoffenbart hat. Aber auch
das, wenn es auch nicht falsch ist, sind Begriffe, die eben in unsere
beschränkten Gehirne hineinpassen, und nicht die „Wirklichkeit".
Mir erscheint daher der Streit zwischen den christlichen Konfessionen, wer nun
die "richtigen" Lehrsätze habe, ziemlich sinnlos. Ja, ich möchte
sogar, über das Christentum hinausgehend, behaupten: Für mich ist das System
der sogenannten "natürlichen Zahlen" (1,2,3,4,5 usw) ein Teil der
Schöpfung dessen, der "alles" geschaffen hat. Angesichts dessen
müßte man vielleicht auch die Aussage, in Gott seien drei Personen,
relativieren. Mein verstorbener Freund Univ.-Prof. Dr. Gernot Eder hat dies in
seinem theologischen Testament (http://griess.st1.at/gernoted.htm) getan. Und
vielleicht sind unsere drei göttlichen Personen und die Aussage des Koran,
Allah habe 99 Namen, beides im Rahmen unserer beschränkten Erkenntnis gültige
Aussagen über die gleiche für uns Menschen unbegreifliche Wirklichkeit Gottes.
Mit freundlichen Grüßen
Friedrich Griess
C
hrist in der Gegenwart schreibt in Nr. 41, S.329 unter der Überschrift "Das unvollendete Konzil":Die Religionsstatistiken etwa
zeigen, daß auch das Konzil nicht jenen Säkularisierungsschub aufhalten
konnte, der bereits Ende des 19. Jahrhunderts machtvoll eingesetzt hatte. Gerade
in dieser Hinsicht ist das Zweite Vatikanum ein unvollendetes Konzil geblieben.
Wo unsere Väter und Mütter noch an der Kirche litten, weil sie dem
gemeinschaftlichen Glaubenserleben, der aktiven Teilhabe aller am Gottesdienst
zu wenig Raum gab,
bedrängt uns heute mehr das Problem, wie wir überhaupt eine individuelle
Verankerung in Gebet, Liturgie und Gottesdenken finden können. wie wird in
einer Single-Kultur, die wir schätzen, auch der Single-Glaube so
entwicklungsfähig, daß er die Einsamkeit des Menschen vor den
Herausforderungen der modernen Welt- und Wissenschaftserfahrung ernstnimmt?
Uns interessiert nicht mehr, wie sich die Kirche einer gegenüberstehend gedachten "Welt" öffnet. Wir fühlen uns als Gotteskinder selbst als Kinder der Welt. Seinerseits fragte man, wie man glauben könne neben den wissenschaftlichen Tatsachen - und war froh über die Einsicht, daß zum Beispiel die biblische Schöpfungsgeschichte den evolutionären Erkenntnissen nicht widersprechen muß.
Die Wissenschaft sage das Richtige, der Glaube das Wahre - so die Kompromißformel schiedlich-friedlicher Koexistenz. Für uns ist diese Zwei-Reiche Lehre trügerisch. Kann denn ein Glaube "wahr" sein, der "falschen" Verständnismodellen anhängt?
Wir leben und glauben unter dem Druck einer umfassenden Entmythologisierung, die unsere Vorfahren erst ahnten. Fühlen mit der Kirche, fühlen mit Christus, fühlen mit der ‚Welt - wie kann da in unserem Herzen und Verstand eins werden, was als das Rätsel und Geheimnis von Kosmos und leben unsere Existenz erschüttert? Wir wollen nicht nur "wahr" glauben, sondern auch "richtig" glauben. In all diesen Dingen, die unser nachgeborenes" Christsein heute erregen, stand das Konzil erst am Anfang. Und wir stehen da gleichfalls - nach ihm.
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„Seine angebliche Bußfertigkeit hinderte Opus-Gründer Escrivá nicht, einen ausgedehnten Personenkult um sich zu inszenieren. Beispielsweise bestand er darauf, dass ihn seine Jünger mit Kniefall begrüßten. Auch sonst war es mit der Tugendhaftigkeit des künftigen Heiligen offenbar nicht weit her. Escrivá, so beschrieb die Spanierin María del Carmen Tapia in ihrem Buch "Hinter der Schwelle" die Unarten des Monseñor, habe "keine guten Manieren" gehabt, sei barsch und rücksichtslos gegenüber seinen Mitarbeitern gewesen.
Die heute 77-Jährige muss es wissen: Sie war 18 Jahre Mitglied des Opus Dei und gehörte 4 Jahre zum engsten Führungskreis des weiblichen Ordenszweiges, bevor sie 1968 austrat. Escrivás Verhalten, konstatiert Tapia, habe sie "erinnert an die Mentalität der politischen Kommissare in totalitären Ländern". Ihr vernichtendes Urteil: "Ich meine sogar, dass Monseñor Escrivá in seiner ganzen Existenz der grundlegende Sinn für Barmherzigkeit fehlte." Peinlich für einen Heiligen.
Zum totalitären Gehabe passt, dass die Mitglieder auf Weisung des Gründers selbst in ihrer Lektüre unmündig gehalten werden: Zwar hat das Zweite Vatikanische Konzil den Index der verbotenen Bücher 1966 abgeschafft, doch im Opus lebt er verschärft weiter. Zu den Autoren, die Opus-Leute nur mit Sondererlaubnis lesen dürfen, zählen Luther und Lessing, Kant und Hegel, Brecht und der katholische Theologe Hans Küng. Deren Werke, befand Escrivá, "sind als Dreck zu behandeln".
Noch schärfer als Tapia attackiert der tschechische Priester Wladimir Felzmann, der 23 Jahre lang an führender Stelle für das Werk gearbeitet hat, den Opus-Gründer. Felzmann warf seinem früheren Chef in einem Interview mit einem der besten Opus-Kenner, dem Journalisten Peter Hertel, sogar Sympathien für den Faschismus vor. Escrivá habe ihm gegenüber sinngemäß geäußert: So schlecht sei Hitler nicht gewesen. Er könne nicht mehr als drei oder vier Millionen Juden getötet haben. Schon Franco-Spanien war eine Hochburg des Opus.“
(DER SPIEGEL, 40/2002, 30.9.2002, VON ULRICH SCHWARZ)
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Kein Witz war es, als die mexikanische Tageszeitung «Reforma» am 10.9.2002 meldete, in der Stadt Tepic sei ein Priester gestorben, der 6 uneheliche Kinder und ein Vermögen in Höhe von 3,5 Mio Pesos (360.000 Euro) und mehrere Häuser hinterlassen habe. Unter den Nachkommen sei mittlerweile ein Streit über das Erbe ausgebrochen.
Es wäre allerdings ein Witz, wenn dies als Verteidigung des Zölibats ernsthafte argumentative Verwendung fände. np
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