Ansprache von Prof. DDr. Gotthold Hasenhüttl:

Ich begrüße Sie ganz herzlich zum Ökumenischen Gottesdienst mit Eucharistiefeier nach katholischem Ritus und "offener Kommunion". Alle sind eingeladen zum Empfang des Abendmahls als Zeichen der Gemeinschaft untereinander in Jesus Christus in den Symbolen von Brot und Wein.

Es ist schon erstaunlich, wie schwer sich die Christen von Anfang an mit dem gemeinsamen Abendmahl getan haben. Der erste Streit unter den Christen, wie wir aus der Apostelgeschichte und bei Paulus erfahren, geht um die Tischgemeinschaft. Wie können Juden und Heiden beim eucharistischen Mahl zusammenkommen? Heiden essen doch nicht koscher! Eine nicht koschere Eucharistiefeier ist unmöglich - so die Juden. Petrus schwankt, er ist schließlich für die getrennte Mahlfeier. Hätte Paulus dem Petrus, nach katholischem Verständnis der erste Papst, nicht ins Angesicht widerstanden, wären Juden- und Heidenchristen gesonderte Wege gegangen und die Spaltung hätte in der biblischen Zeit begonnen. Der erste Papst aber pochte nicht auf seine "Unfehlbarkeit" und so wurden die theologischen Unterschiede versöhnt. Aber bald folgte das zweite Ausschlussverfahren. Mit Ungetauften Tischgemeinschaft zu pflegen, ist doch unmöglich. Ist also Christus nur noch für Getaufte da? Hat er nicht selbst mit Zöllnern und Sündern gegessen? Und hat nicht Judas am Abendmahl teilgenommen? Keiner der Apostel war je getauft worden und doch feierten sie Eucharistie. Und die, die in der Apostelgeschichte miteinander in den Häusern das Brot brachen, waren wohl kaum alle getauft. Wer kann einem Ungetauften, wenn er die Gemeinschaft mit Jesus Christus haben möchte, diese Gemeinschaft verweigern? Doch die Kirche trennte sich ab und schloss aus. Ist Jesus Christus seit damals nicht mehr für alle da?

Und schließlich schlossen sich auch Getaufte gegenseitig aus, weil die Theologie über die Gegenwart Christi und wodurch sie geschieht (Amt) unterschiedlich war, dabei hören wir, dass wo zwei oder drei in meinem Namen beisammen sind, Jesus Christus mitten unter ihnen ist. Können Brot und Wein kein Zeichen mehr dafür und Symbol seiner Gegenwart sein? Wollte Jesus Christus nicht ein Hirte und für seine Herde da sein? Gerade den anderen anders sein lassen, ermöglicht echte Gemeinschaft. Vielfalt nicht Uniformität! Kann Jesus Christus nicht auf verschieden Weise für Menschen mit unterschiedlichem Verständnis gegenwärtig sein? Auf evangelische Wiese, auf katholische Weise, auf jede christliche Weise? Nach katholischem Verständnis empfängt freilich der, der meint, er isst nur Brot, auch tatsächlich nur dieses. Wie intensiv lädt Jesus zum Hochzeitsmahl ein - gerade auch die Geächteten. Wer hingegen ausschließt, schließt sich selbst von der Gegenwart Christi aus.

Nicht die Gemeinschaft macht ein Essen nach Paulus "unwürdig". Unwürdig ist es nur dann, wenn sie einen satt sind und die anderen hungern, d.h. wer das Zeichen der Eucharistie setzt, das Zeichen der Gemeinschaft, des Friedens und der Liebe ist, und sich unsolidarisch, sich "gleichgültig gegenüber den Armen" verhält, wer also spaltet, der schließt sich aus, der spaltet sich selbst, indem er im Symbol der Tischgemeinschaft in Liebe bejaht, im Leben aber verneint. Das Symbol wird zum Diabol. Eucharistie wird diabolisch. Wer den Menschen nicht liebt, den er sieht, kann Gott nicht lieben, den er nicht sieht. Nur im Sichtbaren begegnet Gottes Wirklichkeit. Hier beim Gottesdienst kann unter uns Christi Wirklichkeit, Gotteserfahrung möglich werden. Die Lebensfrage aber lautet nicht: Wie oft habt ihr Abendmahl gefeiert, sondern, was ihr dem Geringsten getan habt, das habt ihr mir getan. Die Eucharistie will jede Spaltung beseitigen und ist vor allem Zeichen dafür, dass alle Menschen angenommen sind. So sollen wir heute die Aufforderung des Papstes in "Ecclesia de Eucharistia" folgen, indem er sagt: "Steh auf und iss, sonst ist der Weg zu weit für Dich" - und dies gilt für uns alle.