Ständiger Rat der DBK 27./28.1.

„Nagelproben für das Amtsverständnis der Bischöfe“

Pressemitteilung München / Würzburg, 26. Januar 2014

Wir sind Kirche zur Auswertung des Fragebogens zur Familien-Synode 2014 in Rom und anderen aktuellen Themen des "Ständigen Rates" der DBK: Weltbild, Forschungsprojekt zur Sexualisierten Gewalt, Bistum Limburg


Die KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche fordert den „Ständigen Rat“ der deutschen Bischöfe, der am kommenden Montag und Dienstag in Würzburg tagt, auf, die Ergebnisse der Umfragen zur Familien-Synode des Vatikans ungeschminkt und ungeschönt nach Rom zu geben, aber auch in Deutschland zu veröffentlichen. Die Diskussion über die angesprochenen Fragen(Eheverständnis, Familienplanung, homosexuelle Partnerschaften usw.), die viele Katholikinnen und Katholiken sehr konkret betreffen, muss jetzt intensiv und in aller Öffentlichkeit weitergeführt werden.

So schwer es den deutschen Bischöfen fallen mag, jetzt ist ehrliche und absolute Transparenz im Umgang mit den Ergebnissen der Umfrage erforderlich. Es ist beachtlich, dass trotz der sehr unterschiedlichen und oft unsachgemäßen Vorgehensweisen in vielen Bistümern sich so viele Menschen beteiligt haben. Eine Repräsentativität ist aber noch nicht gegeben. Es bedarf zusätzlicher Studien und Untersuchungen durch unbefangene Experten, insbesondere Moral- und Pastoraltheologen, die eine eigene Stellungnahme vorgelegt haben (http://thf-fulda.de/fragebogen).

Trotz aller inhaltlichen und organisatorischen Mängel und trotz des viel zu kurzen Zeitraums sieht Wir sind Kirche den Ende November 2013 veröffentlichten Fragenkatalog des Vatikans als ein klares Zeichen von Papst Franziskus: Er will wissen, was das Kirchenvolk an der Basis glaubt, und nicht, was die Bischöfe wollen und – im doppelten Sinne – vorgeben. Es wäre ein falscher Schluss, wenn die Bischöfe angesichts der Ergebnisse jetzt meinten, die kirchliche Morallehre müsse nun nur noch intensiver und standhafter verkündet sowie noch rigoroser und unnachgiebiger eingefordert werden. Der Umgang mit dem Fragebogen und seinen Ergebnissen ist eine „Nagelprobe für das Amtsverständnis“ der Bischöfe.

Die von Franziskus angestoßene weltweite Diskussion ist – nicht nur nach Ansicht der katholischen Reformbewegung – wohl die letzte Chance für die römisch-katholischen Kirche, den 1968 mit der Enzyklika „Humanae Vitae“ verloren gegangen Anschluss an die gesellschaftlichen Entwicklungen zu finden. Damals hatte Papst Paul VI. nicht auf seine Berater gehört und jede Form künstlicher Verhütung verboten. Das darf Franziskus nicht passieren. Der Papst und die Bischöfe müssen endlich erkennen, dass ihre „lehramtlichen“ Grundlagen nicht stimmen. In Sachen Ehe und Sexualität ist die Mehrheit der Gläubigen näher an der christlich-biblischen Botschaft als die Bischöfe mit ihrer mittelalterlich erstarrten Theologie.

Verantwortung der Bischöfe für das weitere Vorgehen

Diejenigen Bischöfe, die in ihren Diözesen den Fragebogen des Vatikans aufgegriffen und zur Beteiligung eingeladen haben, haben Mut und Dialogbereitschaft gezeigt, müssen nun aber auch Verantwortung für das weitere Vorgehen übernehmen. Die bisher vorliegenden Ergebnisse sind für die meisten Bischöfe sicher nicht überraschend, jedoch beinhalten sie in ihrer Vehemenz und grundlegenden Übereinstimmung in allen beteiligten Diözesen einen dringenden und deutlichen Aufruf, das Ergebnis als „sensus fidelium“ (Glaubenssinn des Gottesvolkes) sehr ernst zu nehmen. Eine nochmalige Marginalisierung dieser Stimmen aus dem Kirchenvolk – wie etwa bei den Pastoralforen der 1980er und 1990er Jahre und beim gegenwärtigen „Dialogprozess“ in einigen Diözesen – würde den Vertrauensverlust noch einmal erheblich verstärken.

Die deutschen Bischöfe müssen sowohl in ihren Bistümern als auch bei der Familien-Synode im kommenden Herbst in Rom sowie bei Papst Franziskus persönlich die seit langem auf den Nägeln brennenden Anliegen mit großem Nachdruck einbringen. Dazu gehören im Besonderen verbindliche pastorale Regelungen für Geschiedene Wiederverheiratete, der Umgang mit nichtverheirateten Paaren, die korrigierende Weiterentwicklung des bisherigen biologistischen Familienbildes, die Akzeptanz von Homosexualität und homosexuellen Partnerschaften. Unabdingbar ist aber auch die Verkündigung in einer Sprache, die verständlich ist und den Menschen in ihren jeweiligen Situationen entgegenkommt. Vor allem aber eine Theologie, die ihre Lehre nicht auf Irrtümern der letzten Jahrhunderte aufbaut, sondern den Betroffenen endlich Gerechtigkeit widerfahren lässt, indem sie die Barmherzigkeit Gottes zum Ausgangspunkt ihrer Regelungen nimmt.

Nicht überraschend dürfte die tendenziell geringe differenzierte Kenntnis der kirchlichen Lehrschreiben sein. Sie spielen im gemeindlichen Leben kaum eine Rolle, auch in den Eheseminaren wird das Augenmerk auf andere Themen gelegt. Die bisherigen kirchlichen Positionen gehen an der Lebenswirklichkeit vorbei und sind deshalb nur schwer vermittelbar. Für die Diözesen, die sich um eine intensive und breitaufgestellte Familien-, Ehe- und Kinderpastoral bemühen, kann die Beobachtung erschreckend sein, wie stark deren Rezeption von den Seelsorgern und Gemeinden am Ort abhängig ist.


Wir sind Kirche-Auswertung: Umsetzung der Vatikan-Umfrage zur Familien-Synode 2014 in den deutschen Bistümern
> Wir sind Kirche-Stellungnahme (PDF 8 Seiten) korrigierte Fassung
> tabellarische Zusammenfassung (PDF 1 Seite) korrigierte Fassung

> mehr zur Umfrage zur Familiensynode
> mehr zur Außerordentlichen Bischofssynode 2014



Weitere Nagelproben dieses letzten „Ständigen Rates“ unter dem Vorsitz des Apostolischen Administrators Dr. Robert Zollitsch werden sein:
  • Wie geht es weiter nach der Weltbild-Insolvenz?
    Es ist mehr als bedauerlich, dass – offensichtlich durch interne Differenzen zwischen den 14 Gesellschaftern bzw. Bistümern – die vorliegenden Sanierungskonzepte nicht konsequent umgesetzt bzw. weiterentwickelt wurden und die geplante Umwandlung in eine eigene Stiftung nicht gelungen ist. Bei aller grundsätzlichen Problematik kirchlicher Wirtschaftstätigkeit stellt sich die Frage, warum es trotz erheblicher finanzieller kirchlicher Unterstützung nicht gelang, ein Wirtschaftsunternehmen nach ethischen Grundsätzen zu führen.
    Angesichts der zu befürchtenden großen Arbeitsplatzverluste und der verlorenen Kirchensteuermittel in Millionenhöhe fordert Wir sind Kirche eine vollständige Transparenz der gesamten kirchlichen Medienpolitik und -finanzierung und bezüglich des WELTBILD-Konzerns: Welche Beträge sind bisher zum Medienkonzern geflossen und welche zurück? Aus welchen „Kassen“ und in welche „Kassen“ (Kirchensteuermittel, Bischöfliche Stühle, Stiftungen usw.) sind bisherige Transaktionen getätigt worden?

  • Wird eine transparente wissenschaftliche Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in der Kirche gelingen?
    Nach der Aufkündigung des kriminologischen Forschungsprojektes von Prof. Christian Pfeiffer (Leiter des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen e. V. KFN) durch die Deutsche Bischofskonferenz vor einem Jahr sollten in das Forschungsvorhaben mehrere Wissenschaftsteams und vor allem auch der Staat als politisch verantwortlicher Partner eingebunden werden. Nur eine solche Konstruktion erscheint geeignet, eine wirklich unabhängige und wissenschaftlich-transparente Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in der römisch-katholischen Kirche sicherzustellen.
    Neben der Opfer- und Täterforschung sind auch die durch das System der römisch-katholischen Kirche bedingten Ursachen intensiv zu untersuchen, wie Autoritäts- und Gehorsamsstrukturen, Sexuallehre, Lebensform der Priester. Nur dies wird zukünftig eine wirksame Prävention ermöglichen, die mehr ist als nur eine Verlagerung der Verantwortung auf die unteren Ebenen durch bürokratische Selbstverpflichtungen.

  • Lernen von Limburg?
    Der Fall Limburg muss ein ernstes Warnsignal für den Papst, für die Kurie und für alle deutschen Bischöfe sein bezüglich ihres eigenen Handelns, Leitungs- und Lebensstils. Nach dem immensen Vertrauensverlust durch das Verhalten von Bischof Tebartz-van Elst – ein Vertrauensverlust, der nicht nur das Bistum Limburg erfasst hat – ist es nicht vorstellbar, dass Bischof Tebartz-van Elst wieder in Limburg oder irgendwo sonst das Bischofsamt ausüben kann.

Pressekontakt Wir sind Kirche-Bundesteam:
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Zuletzt geändert am 06­.02.2014