7.12.2014

Papstinterview mit Elisabetta Piqué "La Nacion"

Neues Papstinterview: Kurienreform, Familiensynode und Schweizer Garde

Die (verkürzten) Berichte über das neue Interview von Franziskus in der argentinischen Zeitung "La Nacion" sind in der Frage der geschiedenen Wiederverheirateten enttäuschend und irritierend. Deshalb haben wir ausgehend von der Webseite Exclusive interview with Pope Francis die Links zum Original-Interview und zur englischen Übersetzung des Wortlauts (siehe unten) zusammengestellt.

Auszug aus dem Interview von Elisabetta Piqué (La Nación, B.A.) mit Papst Franziskus vom 7. Dezember

Quelle: http://www.periodistadigital.com/religion/vaticano/2014/12/07/francisco-es-sano-ventilar-las-diferencias-que-hay-en-la-iglesia-religion-dios-jesus-papa-obispo-vaticano-francisco.shtml

Piqué: Die außerordentliche Bischofssynode über die Familie deckte zwei Sichtweisen von Kirche auf: der eine Sektor ist offen für die Debatte, der andere will davon nichts wissen. Ist das so? Was denken Sie?

Franziskus: Ich würde nicht sagen, dass es so ist ... Es stimmt, vereinfachend könnte man sagen, dass mehr auf dieser Seite waren, oder mehr auf der anderen, aber dabei ging es stets um die Suche nach der Wahrheit. Sie können mich fragen: 'Gibt es einige, die in ihren Positionen völlig stur sind?'. Dann würde ich antworten, ja, einige soll es geben. Aber das macht mir keine Sorgen. Das ist eher ein Anliegen fürs Gebet, dass der Heilige Geist ihnen zur Umkehr verhilft, wenn es denn solche gibt.
Wohl habe ich so etwas wie eine brüderliche Suche nach dem erfahren, wie man sich den pastoralen Probleme der Familie zu stellen hat. Die Familie wird praktisch zerschlagen. Junge Menschen heiraten nicht. Was geht da vor sich?
Und wenn die, die bereits zusammenleben, dann kommen, um zu heiraten, glauben wir, dass wir sie mit drei Gesprächen auf die Ehe vorbereiten können. Aber das reicht nicht, denn die überwiegende Mehrheit ist sich darüber nicht im Klaren, was es bedeutet, sich für das ganze Leben festzulegen.
Benedikt hat zweimal im letzten Jahr davon gesprochen, dass man für eine Nichtigkeitserklärung der Ehe berücksichtigen müsse, in welchem Glauben der Mensch gelebt hat, als er heiratete. Wenn das irgendein allgemeiner Glaube war, er aber genau wusste, was die Ehe bedeutete, wie kann er sie dann auf einen anderen Menschen übertragen. Das müssen wir uns gründlich anschauen.

Piqué: Konservative Kreise, vor allem in den USA, fürchten einen Zusammenbruch der traditionellen Lehre der Kirche. Sie behaupten, die Synode habe Verwirrung gestiftet, denn zuerst sprach sie im Entwurf des Schlusstextes von "positiven Elementen" im Zusammenleben von Menschen und bei homosexuellen Paaren, dann aber gab es wieder einen Schritt zurück ...

Franziskus: Die Synode war ein Prozess. Und so wie die Meinung eines Synodenvaters die Meinung eines Synodenvaters bleibt, so ist es auch mit einem ersten Entwurf. Es war ein erster Entwurf, der alles aufgegriffen hat. In der Synode hat niemand von homosexueller Ehe gesprochen.
Wohl aber haben wir über die Familie gesprochen, die einen homosexuellen Sohn oder eine homosexuelle Tochter hat, darüber wie sie das Kind erzieht, wie sie damit umgehen soll, wie man dieser Familie helfen kann, mit dieser ganz besonderen Situation umzugehen. Mit anderen Worten, auf der Synode diskutierte man über die Familie und über Homosexuelle in ihrem Verhältnis zu ihren Familien. Denn es ist eine Realität, mit der wir im Beichtstuhl immer wieder zu tun haben: ein Vater und eine Mutter, die ein solches Kind haben.
In Buenos Aires hatte ich damit häufig zu tun. Also muss man schauen, wie man dem Vater oder der Mutter behilflich sein kann, ihr Kind zu begleiten. Das haben wir in der Synode behandelt. Deshalb sprach der eine oder andere im ersten Entwurf von positiven Elementen. Aber es war ein vorläufiger Entwurf.

Piqué: Der Papst bestätigt, er habe keine Angst, den Weg der Synodalität (ein aus dem Griechischen abgeleitetes Wort "syn"+"hodos" = gemeinsam gehen) weiter zu gehen, "denn das ist der Weg, den Gott uns abverlangt, und mehr noch: der Papst ist der Garant, er ist dazu da, sich darum zu kümmern ", und fügte hinzu: "Im Fall der wiederverheirateten Geschiedenen haben wir uns die Frage gestellt. Was tun wir mit ihnen? Welche Tür können wir für sie auftun? Das war eine pastorale Sorge: Sollen sie zur Kommunion gehen? Das ist keine Lösung. Das allein ist nicht die Lösung, die Lösung ist die Integration. Sie sind nicht exkommuniziert, das ist wahr. Aber sie dürfen keine Taufpaten sein, sie dürfen in der Messe die Lesung nicht vortragen, sie dürfen die Kommunion nicht austeilen, sie dürfen keinen Religionsunterreicht erteilen, sieben Sachen dürfen sie nicht, die Liste habe ich da. Wenn ich das so aufzähle, dann ist doch klar, dass sie de facto exkommuniziert sind! Also, es ging darum, die Türen ein wenig mehr zu öffnen."

Übersetzung aus dem Spanischen: Norbert Arntz, ITP Münster






Links zum Original-Interview und zur englischen Übersetzung des Wortlauts


Francisco: "Dios me da una sana dosis de inconsciencia"
> spanisches Original
Pope Francis: "God has bestowed on me a healthy dose of unawareness"
> englische Übersetzung

El sínodo sobre la familia: "Los divorciados vueltos a casar parecen excomulgados"
> spanisches Original
The synod on the family: "The divorced and remarried seem excommunicated"
> englische Übersetzung

Cambio en la Guardia Suiza: "Fue una mera renovación... es sano saber que nadie se eterniza"
> spanisches Original
Changes of the Swiss Guard: "It was a mere renewal... is sane to know that nobody goes on forever"
> englische Übersetzung

La intimidad de la entrevista: humor y anécdotas en una lluviosa tarde en el Vaticano
> spanisches Original
Humour, anecdotes and a laid back Pope on a rainy afternoon at the Vatican
> englische übersetzung






Berichte über das Interview

Neues Papstinterview: Kurienreform, Familiensynode und Schweizer Garde
> Radio Vatican 7.12.2014

Papst: Kommunion für Wiederverheiratete «keine Lösung»
> dpa-Meldung






Amplia repercusión en la prensa del mundo tras la entrevista con Francisco en LA NACION
> Link

Zuletzt geändert am 21­.12.2014