29.12.2007 - Wiesbadener Kurier
Das Ende der Bescheidenheit
LIMBURG Von wegen besinnliche Weihnachtszeit. Ausgerechnet in der Domstadt Limburg herrscht unter vielen Katholiken Empörung. Das Bistum will trotz eines strikten Sparkurses sechs Millionen Euro für einen neuen Bischofssitz ausgeben.
Von Jorg Hamm
Helle Aufregung im Bistum Limburg. Kurz vor Weihnachten gab die Kirchenleitung Pläne für den Bau eines neuen Bischofssitzes und der Sanierung des alten aus dem Mittelalter stammenden Domvikariats bekannt. Sechs Millionen Euro sollen dafür ausgegeben werden. Die Summe treibt vielen katholische Gläubigen die Tränen in die Augen. Schließlich fährt das Bistum seit Jahren einen harten Sparkurs. Zuletzt wurde das Weihnachtsgeld der kirchlichen Mitarbeiter um 17 Prozent gekürzt.
Die Limburger Katholiken sind zudem empört darüber, dass das Bistum für diese Baumaßnahmen ausgerechnet den Frankfurter Architekten Christoph Mäckler beauftragte. Der gilt nicht nur in Kollegenkreisen als arrogant. In einem Fernsehbeitrag vor zwei Jahren zog er über die Domstadt her und prangerte zahlreiche Bausünden an. Das Domvikariat, ein dreigeschossiger Fachwerkbau, sei "kaputtsaniert" worden, merkte Mäckler an. Dabei ist der Frankfurter alles andere als ein Fachwerkexperte. Mäckler baut derzeit den Opernturm in Frankfurt und demnächst das Terminal 3 am Flughafen. Mit vielen Gläubigen hat es sich der Baumeister mit der Aussage verscherzt, das neue Wohnhaus des Bischofs mit sieben Zimmern, sei ein "eher bescheidenes Häuschen" und koste "unter einer Million". Angesichts der Tatsache, dass das Baugrundstück bereits der Kirche gehört, und daher keine Ausgaben fällig sind, fragt sich nicht nur Marlies Schweitzer aus dem Limburger Stadtteil Staffel: "Wie sind dann Häuser einzustufen, die 150000 bis 300000 Euro kosten?"
Zudem ist es in der vorbildlich sanierten Altstadt von Limburg, die jährlich zehntausende von Touristen anzieht, kein Geheimnis, dass selbst ein aufwendig saniertes Fachwerkhaus nicht mehr als 750000 Euro kostet. Ist der Rest also ein gigantisches Architektenhonorar? Die katholische Laienvereinigung "Wir sind Kirche" im Bistum Limburg macht jetzt gegen die Pläne mobil. In Zeiten eines strengen Sparkurses, in denen Opfer von den Gemeinden verlangt würden, sei so etwas nicht vermittelbar, sagte Sprecherin Henny Toepfer der "Nassauischen Neuen Presse" (NNP). "Die Menschen sind das franziskanisch-bescheidene Denken unseres guten Bischofs Franz Kamphaus gewöhnt. Eine solche Summe werden sie nicht akzeptieren", so Toepfer. Kamphaus lebte die gesamte 25-jährige Amtszeit in einer Zwei-Zimmer-Wohnung im Priesterseminar.
Was das Bistum in den nächsten Wochen erwartet, davon gaben die zahlreichen Leserbriefspalten der NNP vor und nach Weihnachten bereits einen Vorgeschmack. "Kaum ist unser beliebter Bischof im Ruhestand, schon haben einige Herrschaften in der kirchlichen Bürokratie die Geldvernichtungsmaschine gestartet", schreibt etwa Josef Maaß.
Ute Schäfer weist darauf hin, dass es in Limburg und umliegenden Gemeinden "einige hochqualifizierte Architekten und Baufirmen gibt, die große Erfahrung im Bereich Denkmalsanierung haben". Insofern sei es nicht nachvollziehbar, dass das Bistum mit Mäckler einen so teuren Architekten verpflichte, der "jede Menge an unserer schönen Stadt Limburg auszusetzen hat".
Werner Huber merkt an: "Viele Gemeinden müssen sich von Immobilien trennen, Unterhaltungszuschüsse für Gebäude werden gestrichen und hier sollen Millionen in eine neue Repräsentanz gesteckt werden? Wo bleibt hier die Vorbildfunktion der Verantwortlichen?" In fast allen Leserbriefen wird auf eine - in Limburg offenbar bekannte - Tatsache hingewiesen, dass es genügend leerstehenden Wohnraum in Limburg gibt, vor allem kirchlichen.
Der neue Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst, der am 20. Januar in sein Amt eingeführt wird, hat mit der ganzen Geschichte übrigens nichts zu tun. Die Entscheidung für die Baumaßnahmen fiel vor seiner Nominierung.
Zuletzt geändert am 29.12.2007