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Veröffentlicht am 01­.05.2024

Mai 2024 – Kirche In (Kolumne „Unzensiert“)

Auf nach Erfurt!

Eine Reise in die thüringische Landeshauptstadt Erfurt lohnt immer, in diesem Jahr besonders am Fronleichnams-Wochenende. Vom 29. Mai bis 2. Juni 2024 findet dort der 103. Katholikentag in Deutschland statt. Im Mittelalter erhielt Erfurt wegen seiner zahlreichen Kirchen und Klöster den Beinamen „Thüringisches Rom“. Wahrzeichen der Stadt sind 25 Kirchtürme und das einzigartige Ensemble von Dom und Severikirche über dem Domplatz. Martin Luther studierte hier an einer der ersten Universitäten in Deutschland. Dank der ältesten erhaltenen Synagoge in Mitteleuropa ist Erfurt in die Liste des Weltkulturerbes aufgenommen worden.

Aber dieser Katholikentag findet in einem schwierigen Umfeld statt. Das Gebiet der ehemaligen DDR gilt laut „International Social Survey Program“ heute als „gottesfernste Region weltweit“. Fachleute sprechen von einer „vererbten Konfessionslosigkeit“. In Thüringen sind zwei Drittel der Bevölkerung konfessionslos, knapp 20 Prozent gehören der protestantischen Kirche an, gut 7 Prozent der römisch-katholischen, 2 Prozent sind Muslime, der Rest sind Minderheiten anderer Religionsgemeinschaften.

Die zweite Erschwernis: Die Landesverbände der „Alternative für Deutschland“ (AfD) in Sachsen und Thüringen werden von den dortigen Verfassungsschutzämtern als gesichert rechtsextrem eingestuft, das Bundesland Brandenburg, das Berlin umschließt, ist ein Verdachtsfall. In allen drei Bundesländern werden im Herbst neue Landtage gewählt. Kurz vor dem Katholikentag gibt es Kommunalwahlen in Thüringen; eine Woche nach dem Katholikentag findet die Europa-Wahl statt. Vor allem in Ostdeutschland sind die Wahlumfragen für die AfD erschreckend hoch, bei 30 Prozent. Da ist es gut, dass die Deutsche Bischofskonferenz in diesem Frühjahr erklärt hat, dass Völkischer Nationalismus und Christentum unvereinbar sind. Seit der correctiv-Recherche „Geheimplan gegen Deutschland“ wird jetzt überall in Deutschland für Demokratie und Toleranz demonstriert.

Das schon im letzten Jahr festgelegte Leitwort des diesjährigen Katholikentags könnte angesichts der Weltpolitik und auch der innerkirchlichen Spannungen aktueller nicht sein: „Zukunft hat der Mensch des Friedens“. Der Einsatz für Demokratie und Vielfalt zieht sich als Roter Faden durch das Programm. Der Stand des deutsch-deutschen Zusammenwachsens wie auch der Zusammenhalt der Gesellschaft, in der Gewalt, Ausgrenzung, Hass und Hetze keinen Platz haben sollten, werden beim Katholikentag behandelt. Die spezifisch ostdeutsche Erfahrung, als Kirche in der Minderheit zu sein, ist mit Blick auf die aktuellen Herausforderungen einer postsäkularen Gesellschaft wichtig. Ebenso werden die Reformen des „Synodalen Weges“ der katholischen Kirche in Deutschland auf der Agenda des Katholikentags zu finden sein. Die abwechselnd stattfindenden Katholiken- und Kirchentage haben sich immer wieder als wichtige Foren in Zeiten des gesellschaftlichen und kirchlichen Umbruchs erwiesen. Hoffen wir, dass dies auch diesmal wieder gelingt. Wir sind Kirche ist wie immer auch in Erfurt aktiv mit dabei: www.wir-sind-kirche.de/erfurt2024

Christian Weisner 
Wir sind Kirche Deutschland

Zuletzt geändert am 16­.04.2024