Oktober 2024 - Zeitung Maria 2.0
Kolumne: Auf dem synodalen Weg bleiben!
Wird die zweite Versammlung der Weltsynode in diesem Oktober wieder die Dynamik und Aufbruchsstimmung lebendig werden lassen, die wir im vergangenen Oktober in Rom innerhalb und außerhalb der Synodenaula erleben konnten?
Der Anspruch des von Papst Franziskus einberufenen weltweiten Prozesses „Für eine synodale Kirche – Gemeinschaft, Teilhabe und Mission“ ist hoch. Doch im Frühjahr 2024 irritierte die Anordnung des Papstes, Themen, die in der ersten Synodenversammlung besonders eindringlich diskutiert wurden, in zehn Studiengruppen auszulagern und die römische Kurie einzubinden, „damit sie angemessen untersucht werden können“. Über die Zulassung zu kirchlichen Ämtern gerade auch von Frauen, die Priesterausbildung, die Rolle des Bischofs, Ökumene und andere grundlegende Fragen soll die kommende Synodenversammlung nicht abstimmen.
Noch stärker als bei der Weltsynode 2023 soll es diesmal um Grundsatzfragen der Synodalität gehen, nicht um einzelne theologische Fragen. Will die Kurie mit diesem Vorgehen wieder die Kontrolle über die Synode übernehmen? Oder sind die Fragen wirklich so grundlegend, dass Franziskus sie nicht der Synode überlassen will, deren Mitglieder – das gilt auch für viele Kleriker – nicht auf dem neuesten Stand der Theologie sind? Oder ist es schon die Andeutung einer dritten Synodalversammlung?
Bei der Ankündigung der Weltsynode im Frühjahr 2020 war das Wort „Synodalität“ für viele noch ein Fremdwort. Mittlerweile ist es auf den verschiedensten Ebenen gelungen, trotz aller Unterschiede und Schwierigkeiten zumindest eine gemeinsame Gesprächskultur zu finden. Bei dem europäischen Vorbereitungstreffen im Frühjahr 2023 in Prag waren die Differenzen im Kirchenverständnis zwischen den Ortskirchen in West- und Osteuropa noch sehr deutlich. Bei dem von Theolog:innen initiierten Folgetreffen der Synodalen Ende August dieses Jahres in Linz/Österreich war das wechselseitige Verstehen schon sehr viel besser. Der Appell von Wir sind Kirche International an die Teilnehmenden aus Ost- und Westeuropa lautete: „Gemeinsam eine synodale Kirche werden!“ Nach dem Treffen forderte Thomas Söding, der auch in Linz dabei war, „Europäische Kirchenversammlungen“ nach südamerikanischem Vorbild, also nicht nur der Bischöfe. Das wäre nicht nur für die kirchliche Einheit, sondern auch für die politische Einheit Europas gut. Ich finde, in einer Zeit politischer Umbrüche, in der Autoritäten, insbesondere Autoritäten von oben, nicht mehr ohne weiteres akzeptiert werden, könnte die kirchliche Synodalität auch ein gutes Modell für Demokratien sein.
Wie sehr derzeit alles in Bewegung ist, zeigt die Tatsache, dass nur wenige Tage nach Linz die Spitze des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), zu der auch Söding gehört, zu Gesprächen im Vatikan war. Nach acht langen Jahren der Dialogverweigerung war dies die erste Gelegenheit für das ZdK, um Verständnis für den Synodalen Weg in Deutschland zu werben. Und dies scheint, wie man hört, gelungen zu sein. Aber der Dialog muss weitergehen. Es braucht Geduld und Ungeduld zugleich. Und die „Frauenfrage“ bleibt ganz oben auf der Agenda.
Wir sind Kirche und andere internationale Reformgruppen werden, wie schon 2023, die Weltsynode im Oktober 2024 in Rom aktiv begleiten. Wichtig ist aber auch unser gemeinsames Engagement hierzulande. Und zwar unabhängig davon, was bei der Synode in Rom beschlossen oder nicht beschlossen wird. Werden in Rom Reformen angestoßen, sind diese in den Diözesen umzusetzen. Falls die Synode in Rom keine Fortschritte bringt, sind die Ortskirchen erst recht gefragt. Die Reformkräfte gehen auf jeden Fall weiter auf dem Synodalen Weg: auf der KirchenVolksKonferenz am 19./20. Oktober 2024 in Köln und auf der Konzilsversammlung am 16. November 2024 in Stuttgart.
Christian Weisner
Unser Kolumnist ist Mitinitiator des deutschen KirchenVolksBegehrens, Mitglied des Bundesteams und Mitbegründer der Internationalen Bewegung „Wir sind Kirche“.
Zuletzt geändert am 28.09.2024