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Veröffentlicht am 12­.10.2024

12.10.2024 - domradio.de

Wir sind Kirche" will Revision eines Anti-Ökumene-Textes

"Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre"

Zum 25-jährigen Jubiläum der "Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre" fordert Christian Weisner von "Wir sind Kirche" eine ökumenische Versöhnungsgeste. Das umstrittene Vatikan-Dokument "Dominus Iesus" solle revidiert werden.

Mit Blick auf die vor 25 Jahren verabschiedete "Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre" zwischen Lutheranern und Vatikan hofft der Sprecher von "Wir sind Kirche", Christian Weisner, auf eine ökumenische Versöhnungsgeste. So müsse das Vatikan-Papier "Dominus Iesus" aus dem Jahr 2000, in dem sich Rom von den evangelischen Kirchen klar abgegrenzt, "revidiert werden", sagte der Vertreter der katholischen Reformbewegung dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Diskussion auf Augenhöhe

Das Vatikan-Dokument "Dominus Iesus" hatte für anhaltende Spannungen zwischen Protestanten und Katholiken gesorgt. Darin wird die römisch-katholische Kirche als die einzig wahre Kirche Christi bezeichnet. Die römische Glaubenskongregation hatte 2007 diese Aussagen bekräftigt und den evangelischen Kirchen Theologen zufolge die Anerkennung als "Kirchen im eigentlichen Sinn" erneut verweigert.

Das müsse von Rom berichtigt werden, unterstrich Weisner. Zwar gebe es gute Ansätze und zeichenhafte Handlungen von Papst Franziskus zur Vertiefung der Ökumene. Beispiele seien der Abendmahlskelch, den Franziskus im November 2015 der evangelisch-lutherischen Gemeinde bei seinem Besuch ihrer Kirche in Rom schenkte oder das hochrangige Treffen zwischen dem Papst und dem Lutherischen Weltbund in Lund. 2016 war Franziskus zum Reformationsgedenken des Jahrs 2017 nach Schweden gereist.

Weisner appellierte an die Verantwortung der katholischen Kirche als größte christliche Gemeinschaft. Sie dürfe ihre Größe nicht ausspielen. "Das muss auf Augenhöhe passieren". Die evangelische Kirche habe sehr wichtige Impulse in das Christentum gebracht: "Das muss anerkannt werden."

Kirche als Teil des Problems?

Die Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre sei damals mit großen Hoffnungen verbunden gewesen, erinnerte Weisner: "Die konkreten Hoffnungen hier in Deutschland richteten sich auf den ersten Ökumenischen Kirchentag 2003 in Berlin." Dieser sei als Schritt hin auf eine Mahlgemeinschaft von Eucharistie und Abendmahl gedeutet worden. "Wir wissen dann alle, dass das nicht so gekommen ist", räumte er ein. Die Erwartungen auf mehr Ökumene seien auch auf dem zweiten Ökumenischen Kirchentag 2010 in München "heruntergedimmt" worden.

Das "christliche Glaubensgut" in der Gesellschaft sei weiterhin vorhanden und im Sozialstaat noch in vielerlei Hinsicht zu finden, so Weisner: "Aber beide Kirchen müssen sich sehr, sehr anstrengen, dass sie den Kontakt zu den Menschen nicht verlieren und relevant bleiben. Das können sie nur, wenn sie wirklich ihre Aufgaben erfüllen, wenn sie eben nicht nur ein Kirchturmdenken pflegen." Es gebe zurzeit "eine große Verunsicherung im politischen, aber auch im religiösen Leben", sagte Weisner. Die große Frage sei, ob die Religionen den Menschen Hoffnung geben können. "Sind die Religionen noch relevant? Oder sind sie Teil des Problems?"

Rechtfertigungslehre 

Die aus der Bibel abgeleitete Rechtfertigungslehre behandelt die zentrale Frage, wie der Mensch vor Gott gerecht wird. Der Streit um deren Auslegung führte am Ende des Mittelalters zur Spaltung der europäischen Christenheit. Dieser Kernpunkt des Glaubens trennte Katholiken und Protestanten fast 500 Jahre lang.

Am 31. Oktober 1999 wurde dieser theologische Konflikt in Augsburg beigelegt: Vertreter des Vatikans und des Lutherischen Weltbunds unterzeichneten die "Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre". Dieses Dokument bestätigt, dass beide Kirchen in dieser fundamentalen Glaubensfrage nun grundsätzlich übereinstimmen.

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Zuletzt geändert am 12­.10.2024