Kolumne für KIRCHE IN März 2025
Synodalität gegen böse Zeitgeister
Was ist nur mit uns Männern los? Die Wiederwahl von Präsident Trump erscheint als Triumph für das von Superreichen unterstützte Patriarchat. Aber es ist auch schwer zu verstehen, dass viele Frauen und Katholik:innen den verurteilten Sexualstraftäter gewählt haben. Jetzt stellen Trump und viele einflussreiche Bosse wie Elon Musk das gesamte demokratische System in den USA und die Weltordnung auf eine harte Probe. Wir erleben maskuline Energie (so Mark Zuckerberg) und toxische Männlichkeit. Es ist eine Broligarchie, eine Oligarchie von „Brüdern“, die durch keine Wahl legitimiert ist. Wo bleibt da das demokratisch ausgehandelte politische Handeln, das Frauenrechte und Minderheiten einbezieht und respektiert?
Die philippinische Journalistin und Friedensnobelpreisträgerin Maria Angelina Ressa analysierte Ende Januar 2025 auf einem Medientreffen im Vatikan, wie Hass, Ausgrenzung und rechtsextreme Gruppen durch neue Technologien übermäßig verstärkt werden und heimtückisch auch die Wurzeln unserer Demokratien manipulieren. 71 Prozent der Weltbevölkerung werden mit zunehmender Tendenz von zwar rechnerisch demokratisch gewählten, aber von antidemokratisch agierenden Autokraten regiert. „Soziale“ Medien sind von einem Kommunikationsnetz zu einem Massenmanipulationsmittel verkommen. Aus Zorn und Hass wird Geld gemacht, werden ganze Gesellschaften polarisiert. Die über Jahrzehnte mühsam errungene Stärke des Rechts und regelbasiertes Handeln werden durch das brutale Recht des Stärkeren wieder zunichte gemacht.
Maria Angelina Ressa sieht zwei große Bruchlinien in vielen Gesellschaften und Kulturen: eine wachsende Frauenfeindlichkeit und eine zunehmende Fremdenfeindlichkeit. Ich meine, angesichts dieser zerstörerischen Zeitgeister in aller Welt, die der Botschaft Jesu grundlegend widersprechen, ist unser christliches Handeln und sind die Kirchen besonders herausgefordert. Für die Frauenfeindlichkeit ist auch die jahrhundertelang, aber nicht auf Jesus zurückzuführende Überordnung der „geweihten Männer“ mitverantwortlich. Die Fremdenfeindlichkeit ist auch ein Produkt unserer Überheblichkeit gegenüber „unterentwickelten“ Ländern, die christlich missioniert und kolonialisiert wurden. Beides, Frauenfeindlichkeit und Fremdenfeindlichkeit, widerspricht der jesuanischen Lehre, dem Gleichheitsgebot und unserer Vision des Christlichen.
Kann angesichts des gefährlichen Anwachsens autokratischer Machtsysteme in der politischen Welt die von Papst Franziskus wiederbelebte Synodalität ein prophetisches Zeichen „von unten“ sein? Noch ist Synodalität ein zartes Hoffnungspflänzchen. Es braucht einen Mentalitätswechsel hin zu mehr Dialog, Beteiligung und Selbstverantwortung. Zu hoffen ist in dieser Zeit keine einfache Aufgabe, aber es ist unser christlicher Auftrag. Geben wir den bösen Zeitgeistern keine Chance!
Christian Weisner
Wir sind Kirche Deutschland
www.wir-sind-kirche.de
Zuletzt geändert am 23.02.2025