21.12.2007 - Süddeutsche Zeitung
Bischof Müller wird Glaubenswächter
In Kirchenkreisen wurde Müllers Berufung als Karriereschritt und als Bestätigung dafür gewertet, dass der Papst, der die Glaubenskongregation von 1981 bis 2005 leitete, den Regensburger Bischof als Theologen schätzt. Die Rede war aber auch von einem „Trostpflaster” dafür, dass Müller nicht als Erzbischof von München und Freising berufen wurde. Für diesen Posten war Müller bis zuletzt im Gespräch, berichten gut informierte Kirchenkenner – gegen seine Ernennung habe es aber massive innerkirchliche Widerstände gegeben. Als Entschädigung habe der Vatikan für Müller eine andere wichtige Aufgabe gesucht. In Kirchenkreisen kursiert seit geraumer Zeit das Gerücht, Müller werde nach Rom abberufen. Die Bestellung in die Kongregation könnte ein erster Schritt dahin sein.
In seinem Bistum ist der 59-Jährige sehr umstritten – nicht zuletzt wegen seines Umgangs mit Laienvertretern. Kritiker werfen ihm ein selbstherrliches Amtsverständnis vor. Heftige Kritik musste sich Müller zudem in diesem Jahr gefallen lassen, als bekannt wurde, dass er einen wegen sexuellen Missbrauchs vorbestraften Priester in die Gemeinde Riekofen versetzte, wo er erneut einen Ministranten missbraucht haben soll. Müller leitet die Diözese Regensburg seit fünf Jahren. 1998 wurde er in die Internationale Theologenkommission im Vatikan berufen. Auch der Glaubenskommission der Deutschen Bischofskonferenz gehört er an. 1978 wurde Müller in seiner Heimatstadt Mainz zum Priester geweiht. Ein Jahr zuvor hatte er über den evangelischen Theologen Dietrich Bonhoeffer promoviert. Seine Habilitation schrieb er 1985 über die „Gemeinschaft und Verehrung der Heiligen”. Ein Jahr später wurde er mit erst 38 Jahren Professor für Dogmatik an der Münchner Universität.
Zu seiner Berufung äußerte sich Müller am Donnerstag zunächst nicht. Sigrid Grabmeier von der Reforminitiative „Wir sind Kirche” gratulierte mit den Worten, es komme Müllers „Neigungen und Fähigkeiten entgegen, wenn er sich mit anderen Bischöfen und Wissenschaftlern auf gehobenem Niveau für die Lehre der Kirche einsetzen kann”. Von einer „großen Ehre” und einer „Auszeichnung für seine theologische Arbeit” sprach Philipp Graf von und zu Lerchenfeld, der Vorsitzende des Regensburger Diözesankomitees. (Kommentar) kast/kaa
Zuletzt geändert am 22.12.2007