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Veröffentlicht am 08­.07.2008

Juli 2008 - Kirche In (Kolumne "Unzensiert")

Mit geschlossenen Augen hinaus in die Weite?

Katholikentage sind in Deutschland eine Tradition seit 1848, eng verbunden mit der Demokratisierung der Gesellschaft - von Anfang an auch Ausdruck eines selbstbewussten Katholizismus gegenüber dem Staat und dem Vatikan. Ausrichterin dieses Ereignisses, das Qualitäten einer Fachmesse, eines Kongresses und eines spirituellen Festivals in sich vereint, ist das Zentralkommittee der deutschen Katholiken (ZdK). Darin sind die Kräfte des deutschen Laienapostolats bundesweit organisiert. Das Motto des diesjährigen Großereignisses, zu dem rund 60.000 Menschen kamen, hieß: "Du führst uns hinaus ins Weite", nach Psalm 18,20 Auf den offiziellen Plakaten und Flyern wurden unter dieser Überschrift Menschen allen Alters und beiderlei Geschlechts mit geschlossenen Augen gezeigt. Was sollte das bedeuten? Ist der Blick nach innen gerichtet - so fern und doch so nah? Gehen diese Menschen mit geschlossenen Augen in die weite Welt hinein und lassen sich überraschen, wo er oder sie unter der Führung der Hirten landen? Oder ist es ein Verschließen der Augen vor der Realität?

In seiner Grußbotschaft lobte der Papst, es sei gut "daß ihr in Osnabrück zunächst Gott in den Blick nehmt, Gottesdienst feiert und biblische Impulse hört und von daher dann auch über die verschiedenen Felder der Politik und der Gesellschaft diskutiert. ...Wagt die Mitgestaltung der Zukunft als katholische Laien in Verbundenheit mit den Priestern und Bischöfen!" Davon, dass die Gläubigen auch an der Gestaltung der Zukunft in der Kirche Anteil haben könnten, sprach er nicht. Entsprechend zahm gestaltete sich auch die Oberfläche dieses Katholikentagsprogramms. Reizthemen und innerkirchliche Konflikte tauchten spärlich auf und wenn, verhallten sie hinter geschlossenen Türen. Doch die Menschen auf dem Katholikentag verschlossen ihre Augen, anders als es die Plakate suggerierten, keineswegs vor der innerkirchlichen Realität! Noch scheinen sie aber die zunehmende Klerikalisierung und das erneuerte priesterzentrierte Denken hinzunehmen. Wie weit müssen die daraus abgeleiteten gnaden- und sinnlosen Gemeindezusammenlegungen noch gehen, bis das so schmerzvoll wahrgenommen werden wird, dass im Kirchenvolk die Unbehaglichkeit zur Unduldsamkeit und zum Aufbegehren wird? Noch herrscht der Kuschelkatholizismus vor, wie er in Osnabrück zu beobachten war. Aber wie lange noch?

Sigrid Grabmeier
Wir sind Kirche Deutschland
www.wir-sind-kirche.de

Zuletzt geändert am 16­.07.2008