08.09.2008 - Frankfurter Neue Presse
Neuer Bischof beendet Sonderrolle des Bistums Limburg
Der Bischof ist ein Missionar, aber keiner im Auftrag des Bistums, sondern im Auftrag Roms.
Dass ihm die Einheit der katholischen Kirche ebenfalls ein Herzensanliegen ist, daran hat Tebartz-van Elst nie einen Zweifel gelassen. Konflikte mit Rom, wie es sie unter seinem Vorgänger Franz Kamphaus nicht nur bei der Schwangerenkonfliktberatung gab, sind für den neuen Bischof unvorstellbar.
«Kamphaus war Bischof von Limburg, Tebartz-van Elst ist ein Beamter Roms», sagt ein Pfarrer des Bistums. Der neue Bischof sehe sich der Eigenständigkeit des Bistums, der Ortskirche weniger verpflichtet als der Zentrale im Vatikan.
Es gibt Anzeichen für die stärkere Ausrichtung auf Rom.
Der jüngste Fall ist die Amtsenthebung von Dekan Peter Kollas in Wetzlar. Er hatte ein gleichgeschlechtliches Paar in einer öffentlichen Zeremonie gesegnet. Ein Vergehen nach den Gesetzen der katholischen Kirche. Der Bischof enthob ihn seines Amts.
Nach Informationen unserer Zeitung wäre er sogar noch weiter gegangen. Doch es gab in der Bistumsleitung Fürsprecher für den engagierten Mann der katholischen Kirche in der Diaspora in Wetzlar.
Beatrix Schlausch, Präsidentin der Diözesanversammlung und damit oberste Vertreterin der Laien im Bistum, hat Verständnis für die Entscheidung des Bischofs. Auf die öffentliche Segnung habe der Bischof reagieren müssen.
Das Laiengremium im Bezirk Wetzlar konnte sich bisher noch auf keine gemeinsame Stellungnahme verständigen. Die Meinungen gehen auseinander.
Auch Klaus-Peter Röther, der Vorgänger von Beatrix Schlausch, zeigt Verständnis für die Amtsenthebung. «Der Bischof musste auf die Segnung reagieren», sagt Röther, der sich als progressiven Katholiken bezeichnet und dies während seiner Zeit als Präsident der Laien immer wieder gezeigt hat. Kamphaus, davon ist Röther überzeugt, hätte den Fall anders gelöst, ohne dass die katholische Kirche an Profil eingebüßt hätte. Röther warnt jedoch davor, den neuen Bischof wegen dieser Entscheidung in eine Ecke zu stellen.
Von einem «Klima der Angst und der Einschüchterung» durch das Handeln des Bischofs spricht ein Mitarbeiter der Kirche. Die pastorale Wirklichkeit mache es immer wieder notwendig, von dem von der Amtskirche vorgegebenen geraden Weg abzuweichen. Die Vergabe der Kommunion an Wiederverheiratete entspreche ebenso wenig den offiziellen Vorstellungen wie die Einladung von evangelischen Christen zu Kommunion. Es gebe noch andere «Verfehlungen». Die Beschäftigung von Wiederverheirateten. Manchmal ist es möglich, andere haben Pech gehabt und müssen gehen. Wo ist die Grenze?
Die Amtsenthebung von Peter Kollas wird von der Mehrheit als zu scharf abgelehnt, macht ein Mitglied des Wetzlarer Bezirkssynodalrats deutlich. In dem Gremium ist die Entscheidung des Bischofs durchaus kontrovers diskutiert worden. Nach Informationen unserer Zeitung hat der von seinem Amt enthobene Bezirksdekan Kollas zahlreiche Solidaritätsbekundungen erhalten.
Der Bischof musste reagieren, aber er habe durchaus andere Möglichkeiten gehabt. Eine Rüge wäre möglich gewesen, ebenso eine Mahnung. In einem persönlichen Gespräch hätte er Kollas auch zu einem Verzicht auf sein Amt bewegen können.
Es hat den Eindruck, als wollte der Bischof ein deutliches Zeichen setzen. Für Gerd Wild, Geschäftsführer der Initiative Christenrechte in der Kirche aus Eschborn, hätte der Bischof durchaus moderater entscheiden und den Fall niedriger hängen können. Aber er entspreche seinem Ruf als «Hardliner».
Der Bischof als Beamter von Rom, es gibt weitere Beispiele:
Die Bezeichnung Seelsorger will der neue Bischof, seit 20. Januar im Amt, nur für die Priester reservieren. Das hat Tebartz-van Elst den Gemeindereferenten schon deutlich gemacht. Bisher war es üblich, die Männer und Frauen, die als Laientheologen aktiv sind, ebenfalls als Seelsorger zu bezeichnen, wenn sie entsprechende Aufgaben in den Gemeinden innehaben.
Die Reservierung des Begriffs Seelsorger hat bei den Gemeinde- und Pastoralreferenten alles andere als Begeisterung ausgelöst. Ohne sie ist Verkündigung und Seelsorge im Bistum jedoch gar nicht mehr möglich. Was Verunsicherung auf der einen Seite auslöst, stärkt im gleichen Atemzug das Amt, das Priestertum.
Die Zahl derer, die im Bistum ihren geweihten Dienst im Namen des Herrn verrichten, wird zwar immer kleiner, doch die Stärkung des Amtes ist ganz im Sinne Roms.
«Der Bischof fährt eine sehr konservative Linie», sagt Henny Toepfer von der Kirchenvolksbewegung «Wir sind Kirche» im Bistum Limburg. Dass Tebartz-van Elst die Bezeichnung Seelsorger für die geweihten Priester reservieren will, ist für sie ein klares Signal in diese Richtung. Seelsorge als Dienst am Menschen kann und darf nach ihrer Einschätzung nicht nur Sache der Pfarrer sein. Dies entspreche auch nicht der Realität im Bistum, in dem der Weg von den Katholiken zu ihrem Pfarrer immer weiter werde. Der Pfarrer sei nicht der allseits kompetente Ansprechpartner in den Pastoralen Räumen, wie vom Bischof gewünscht, sondern sei oft nur noch ein Reisender im Auftrag des Bistums.
Auch der Umgang mit der evangelischen Kirche scheint distanzierter zu werden. Das ist aber «Trend» in der gesamten katholischen Kirche. Die evangelische Kirche Hessen-Nassau ist ebenfalls auf der Suche nach mehr Eigenständigkeit. Gibt es über die Ökumene oder den Umgang mit der evangelischen Kirche, der Bischof bedient sich auch hier der von Rom empfohlenen Sprachregelung und spricht nur von evangelischen Christen, zumindest noch Gespräche, so blockt Tebartz-van Elst beim Thema Zölibat komplett ab. Kein Thema.
«Der Bischof agiert gegen das Profil des Bistums», sagt Thomas Seiterich, Redakteur von Publik Forum, einer 14-tägig erscheinenden Zeitschrift für kritische Christen. Das Profil des Bistums, das sind für ihn die starken Räte, die der Laien und der Priester. Sein Eindruck von Tebartz-van Elst: Er ist stark auf das Amt, auf das Priestertum bezogen.
Für Seiterich ist zudem klar: Der neue Bischof will noch Karriere machen und ist betont linientreu.
Die dafür notwendigen Voraussetzungen bringe er mit: zu 100 Prozent gegen Frauenpriestertum und für den Zölibat der Priester.
Gerd Wild (Geschäftsführer der Initiative Christenrechte) sieht den Sonderweg des Bistums in Gefahr. Der neue Bischof setze nur auf die Linie Roms. Von einem jungen Mann wie Tebartz-van Elst wünsche er sich, dass er sich das Bistum erst einmal anschaut. «Er soll sich mal anhören, was das Volk Gottes in seinem Bistum denkt», sagt Wild. Das entspreche keineswegs immer dem, was die Zentrale im Rom denkt und möchte.
Zuletzt geändert am 08.09.2008