26.9.2008 - Süddeutsche Zeitung
Großpfarrei oder Kerngemeinde
Von Monika Maier-Albang
Mit sieben „Denkanstößen” zum geplanten Zukunftsforum im Münchner Erzbistum hatte sich die Reformbewegung „Wir sind Kirche” am Mittwoch zu Wort gemeldet und darin zum Ausdruck gebracht, was viele Katholiken in den Gemeinden momentan umtreibt: Wird es in Zukunft künftig nur noch unpersönliche Mega-Pfarreien geben? Ist auf dem Forum, dass am 11. Oktober in Freising beginnt, überhaupt eine ergebnisoffene Diskussion gewünscht?
„Die wird es geben”, versichert Domkapitular Klaus Franzl, der als Projektleiter des Zukunftsforums seit Wochen durch das Bistum tourt, um über den Prozess zu informieren. Denn neben den bislang rund 60 Rückmeldungen von Einzelpersonen, die beim Projektbüro eingegangen sind, bereiten sich jetzt schon viele Dekanate und Verbände intensiv auf die erste Sitzung vor. Moderiert wird das Forum vom Präsidenten der katholischen Stiftungsfachhochschule in München, Egon Endres, und der Leiterin des in Freising ansässigen Fortbildungsinstituts der bayerischen Bischöfe, Anna Hennersberger. An die Moderatoren werde man die Anfragen der Kirchenvolksbewegung auch weiterleiten, sagt Franzl, „damit sie sie aufgreifen können”.
Einen eigenen Vertreter wird die Reformbewegung im Forum allerdings nicht stellen. Man habe sich bei der Auswahl der 123 Delegierten an den „Strukturen der verfassten Kirche orientiert”, begründet dies Franzl. Neben dem 16-köpfigen Ordinariatsrat hat Erzbischof Reinhard Marx alle 40 Dekane, die Sprecher der Berufsgruppen, den Vorstand des Diözesanrates, Abgesandte der Orden und der geistlichen Bewegungen, der Jugendverbände und der Caritas eingeladen. Vorgesehen sind vier Treffen innerhalb von eineinhalb Jahren. Auf der ersten Sitzung werden die Delegierten den im Ordinariat erstellten Entwurf eines Strukturplans bekommen, den sie an der Basis zur Diskussion stellen und die Ergebnisse rückmelden sollen.
In der Methodik soll sich das Zukunftsforum am „Pastorale Forum” orientieren, das in den 90er Jahren im Münchner Erzbistum stattfand. Nur hätten sich mit der seither verstrichen Zeit eben auch die Anforderungen an die Kirche geändert, sagt Franzl. Die Volkskirche sei passé, die seien Menschen mobiler. „Darauf müssen wir regieren”, sagt Franzl – und das möglichst rasch und nicht nur mit einer Strukturdebatte und Klagen über den Mangel – „das führt auf Dauer in die Depression”. Nötig sei, dass sich die Katholiken darüber verständigen, wie man Menschen für den Glauben gewinnen könne. Dazu aber sei es heute nötig, Kräfte zu bündeln, wie das etwa in Traunstein seit drei Jahren praktiziert werde. Ein großes Seelsorgeteam arbeitet dort pfarreiübergreifend. Damit die Priester für diese Aufgabe besser vorbereitet sind, ist gerade ein Fortbildungskurs „Führen und Leiten” im Aufbau.
Dass solche Pfarreien-Gemeinschaften nicht immer reibungslos zusammenwachsen, weiß auch Franzl. Doch er hält es für unabdingbar, dass die Gläubigen „erkennen, dass es hinter dem nächsten Berg auch Katholiken gibt. Unser Auftrag heißt nun mal, Zeugnis geben von Gott und nicht: Behüte die Kerngemeinde”. Sätze, die eine angeregte Debatte auf dem Forum versprechen. Die Delegierten sollen dort zunächst in Arbeitsgruppen ihre Sicht der „Zeichen der Zeit” herausarbeiten und diese dem Erzbischof darlegen. Der, sagt Franzl, sei dabei erst einmal „Zuhörender”.
Zuletzt geändert am 26.09.2008