9. November 2008 - Sonntags-Tipp Syke
Fragliche Prävention
Dass der Vatikan nun mit neuen Richtlinien für die Aufnahme ins Priesterseminar endlich einen konkreten Versuch zur Prävention unternimmt, ist zu begrüßen. Doch ob die beabsichtigten psychologischen Tests für Priesteramts-Anwärter ein wirklich wirksames und geeignetes Mittel darstellen, erscheint mehr als fraglich.
Problematisch ist vor allem, dass – wie schon früher – nicht klar zwischen sexueller Gewalt gegenüber Minderjährigen und Homosexualität erwachsener Menschen unterschieden wird. Auch wird erneut Homosexualität als sexuelle Möglichkeit der Orientierung von Priestern ausgeschlossen. Beides ist äußerst diskriminierend.
Neu ist das Vertrauen der Kirche in die Psychologie in der Hoffnung, psychopathologische Störungen (Homosexualität ist aber keine!) frühzeitig erkennen zu können, die möglicherweise erst im Laufe der Zeit auf Grund der Lebensweise und einer nicht integrierten Sexualität entstehen. Dies missachtet, dass sich die Sexualität eines Menschen im Laufe seines Lebens entwickelt.
Die eingesetzten Psychologen sollen „von einem christlichen Menschenbild geleitet“ sein. Da ist es sehr fraglich, ob sie auch strukturelle Ursachen, die durch die kirchliche Sexuallehre selbst bedingt sind, erkennen und benennen können. Vermutlich bleibt es bei der Feststellung individuellen Versagens, das auch nur individuell therapiert wird – sofern eine Therapie überhaupt möglich ist.
Für die Opfer sexueller Gewalt hält die KirchenVolksBewegung, solange die deutschen Bistümer der Forderung nach Einrichtung unabhängiger Beratungsstellen nicht nachkommen, das Zypresse-Notruf-Telefon bereit.
Christian Weisner vom Bundesteam KirchenVolksBewegung "Wir sind Kirche" zu "Psychotestes für angehende Priester"
Zuletzt geändert am 29.01.2014