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Veröffentlicht am 26­.01.2009

26.1.2009 - Neue Osnabrücker Zeitung

Papst hebt Ausschluss auf

Vier Traditionalisten-Bischöfe nicht länger exkommuniziert

KNA/hav ROM/OSNABRÜCK. Papst Benedikt XVI. hat die Exkommunikation von vier Traditionalisten-Bischöfen aufgehoben. Sie waren 1988 nach der illegalen Weihe durch Erzbischof Marcel Lefebvre (1905–91) aus der kirchlichen Gemeinschaft ausgeschlossen worden.

Die Entscheidung erntete ein gemischtes Echo. Katholische Bischöfe sprachen von einer Geste der Versöhnung. Innerhalb der jüdischen Welt wurde Kritik an der Rehabilitierung des Briten Richard Williamson laut. Gegen ihn läuft ein Ermittlungsverfahren wegen der Leugnung des Holocaust.

Williamson hatte in einem in Deutschland aufgezeichneten Interview mit dem schwedischen Fernsehsender SVT bestritten, dass die Nazis sechs Millionen Juden ermordet hätten. Vatikan- Sprecher Federico Lombardi nannte diese Äußerungen „in keiner Weise akzeptabel“. Die Rücknahme der Exkommunikation habe damit aber nichts zu tun.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, bewertete den Schritt des Vatikans als Ausdruck des päpstlichen Bemühens um die Einheit der Kirche. Zugleich lasse der Papst keinen Zweifel daran, dass die Beschlüsse des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962–65) „unabdingbar Grundlage für das Leben der Kirche“ seien.

Die Traditionalisten der Priesterbruderschaft Pius’ X. lehnen zahlreiche Reformen des Konzils ab. Neben der Liturgiereform kritisieren sie den Kurs der Ökumene, das römische Kirchenverständnis und die Aussagen zur Religionsfreiheit.

„Große Empörung“

Die Reformbewegung „Wir sind Kirche“ erwartet „große Empörung“ bei den Gläubigen als Reaktion auf die Aufhebung der Exkommunikation. Im Gespräch mit unserer Zeitung kritisierte „Wir sind Kirche“-Sprecher Christian Weisner, dass der Vatikan ohne jede Vorbedingung auf die Traditionalisten zugegangen sei. Noch im Juni 2008 habe die Priesterbruderschaft Pius’ X. eine Aufforderung zur theologischen und kirchenpolitischen Aussöhnung abgelehnt.

Nach Ansicht der Reformbewegung kann eine Rückkehr in die volle Gemeinschaft der katholischen Kirche nur möglich sein, wenn die Beschlüsse des Zweiten Vatikanischen Konzils ohne Wenn und Aber anerkannt werden. Daher sei die Erklärung von Erzbischof Zollitsch zur Aufhebung der Exkommunikation „voll und ganz“ zu unterstützen.

Als besonderes Ärgernis bezeichnete es Weisner, dass Bischof Williamson den Holocaust geleugnet haben soll. Dadurch werde das Verhältnis zu den Juden zusätzlich belastet.


Zeitungen in Israel widmeten dem Thema gestern breiten Raum und warfen dem Papst mangelndes Fingerspitzengefühl vor. Rabbi David Rosen sagte der „Jerusalem Post“, die Versöhnung mit der Piusbruderschaft sei zwar eine interne Angelegenheit der katholischen Kirche. Aber die Einbeziehung Williamsons sei „beschämend“. Buscho Ibrahim mitteilte. Das Gefängnis sorgte 2004 wegen Misshandlungen von Häftlingen durch US-Soldaten weltweit für Schlagzeilen.


Kommentar: Ein Rückschritt

Von Christof Haverkamp

Die Entscheidung von Papst Benedikt XVI. trägt dazu bei, dass der Abstand vieler deutscher Katholiken zum Vatikan weiter wächst und auch Andersgläubige nur den Kopf schütteln können. Bezeichnend ist die Reaktion von Robert Zollitsch, dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, zur Aufhebung der Exkommunikation: Seine Erklärung umfasst knappe vier Sätze; der Erzbischof betont das Festhalten an den Reformen des Zweiten Vatikanischen Konzils. Diese dürren Zeilen lassen deutliche Distanz erkennen.

Die Geste des Papstes mag gut gemeint sein als Versuch, durch Entgegenkommen eine dauernde Kirchenspaltung zu verhindern. Dennoch bleibt es unverständlich, warum Benedikt XVI. der winzigen Minderheit reaktionärer oder ultrakonservativer Traditionalisten mit einer Engelsgeduld entgegenkommt, die er bei reformbereiten Theologen auch früher schon vermissen ließ.

Ärgerlich, ja skandalös ist, dass auch der Holocaust- Leugner Richard Williamson faktisch aufgewertet wird. Richtig: Die Aufhebung der Exkommunikation der Traditionalisten hängt zwar theologisch nicht mit der Leugnung des Holocaust zusammen. Dennoch stellt sich die Frage, wie jemand überhaupt ein Bischof sein kann, der die Vernichtung von Millionen Juden in Gaskammern leugnet.

c.haverkamp@neue-oz.de

Zuletzt geändert am 26­.01.2009