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Veröffentlicht am 25­.11.2009

25.11.2009 - Saarbrücker Zeitung

Laien würden Priestern das Heiraten erlauben Zölibat

In der Frage des Pflichtzölibats sind die katholischen Laien nicht sehr dogmatisch. Deren neu gewählter Präsident Alois Glück hat sich nun für eine Entschärfung des Gebots der Ehelosigkeit ausgesprochen.

Von SZ-Redakteur Jörg Wingertszahn

Saarbrücken/Bonn. Alois Glück verliert keine Zeit, um sich als neuer Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) zu profilieren. Gerade einmal fünf Tage ist er im Amt, da lässt er mit einer seiner ersten öffentlichen Aussagen aufhorchen: "Ich würde es begrüßen, wenn bewährte, verheiratete Diakone mit einer entsprechenden Fortbildung zur Priesterweihe zugelassen würden", sagte er in einem Interview. Allerdings könne dies nicht nur isoliert für Deutschland entschieden werden, schränkte der frühere bayerische Landtagspräsident ein, "die Frage des Pflichtzölibats kann nur innerhalb der Weltkirche gelöst werden".

Beim Zentralkomitee der Katholiken in Bonn/Bad Godesberg will man dies nicht als Forderung nach einer radikalen Abschaffung des Zölibats verstanden wissen. Es gehe vielmehr um eine "Öffnung", wie ZdK-Sprecher Theodor Bolzenius auf Nachfrage unserer Zeitung erklärte.

Neu ist die Haltung der katholischen Laien nicht. Schon Glücks Amtsvorgänger, der allseits geschätzte Hans Joachim Meyer, hatte wiederholt eine Lockerung des Zölibats gefordert. Und selbst der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, der Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch, hatte sich nach seinem Amtsantritt im vergangenen Jahr "gegen Denkverbote" beim Zölibat ausgesprochen. Die Verbindung zwischen Priestertum und Ehelosigkeit sei "nicht theologisch notwendig", sagte Zollitsch damals. Dennoch habe sich der Zölibat bewährt, und eine Abkehr davon wäre "eine Revolution, die ein Teil der Kirche nicht mitginge".

Tatsache ist, dass die katholische Kirche seit Jahren unter Priestermangel leidet. Wie viele Pfarrstellen in Deutschland zurzeit unbesetzt sind, konnte die Deutsche Bischofskonferenz nicht mitteilen. Für das Bistum Trier gibt der dortige Sprecher Stephan Kronenburg die Antwort: "300 Pfarreien und Pfarrgemeinschaften gibt es derzeit, davon sind 14 unbesetzt." Das sei jedoch keine ungewöhnliche Zahl, sondern bei der Größe des Bistums durchaus üblich. Insgesamt zählte das Bistum seinen Angaben zufolge zum 1. Januar dieses Jahres 719 Priester (ohne Ordenspriester), 271 davon sind im Ruhestand. Bundesweit sind es nach Auskunft der Deutschen Bischofskonferenz 13 332 Priester, von denen 10 442 im aktiven Dienst sind. Ob der Zölibat wirklich der einzige und maßgebliche Grund für Priestermangel in Deutschland sei, stellt Kronenburg jedoch in Frage: "Für Protestanten gilt kein Zölibat, und auch dort fehlen Pfarrer."

Zumindest bei einem ist Glücks Forderung nach einer Reform nicht auf taube Ohren gestoßen. Der Sprecher der Kirchenvolksbewegung "Wir sind Kirche", Christian Weisner, begrüßte gegenüber unserer Zeitung ausdrücklich den Vorstoß von Glück: "Alois Glück hat als Präsident der katholischen Laienvertretung das Recht und die Pflicht - das sieht sogar das Kirchenrecht vor -, das Thema Pflichtzölibat anzusprechen. Denn der immer dramatischer werdende Priestermangel und der dadurch bedingte massive Abbau kirchlicher Strukturen betreffen doch zuallererst die Gläubigen. Durch die Zölibatsverpflichtung wird das im Kirchenrecht verankerte Recht der Gemeinden auf die sonntägliche Eucharistiefeier immer mehr in Frage gestellt."

Gleichzeitig verwies Weisner darauf, dass sogar der jetzige Papst 1970 in seinem Buch "Glaube und Zukunft" geschrieben hatte: "Die Kirche der Zukunft (. . .) wird neue Formen des Amtes kennen und bewährte Christen, die im Beruf stehen, zu Priestern weihen." Viel anders hat sich Alois Glück auch nicht ausgedrückt.

Zuletzt geändert am 25­.11.2009