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Veröffentlicht am 12­.12.2009

Dezember 2009 - Kirche In (Kolumne „Unzensiert“)

Keine Ökumene der Vertröstungen!

Nach Jahrzehnten des Aufeinanderzugehens steht es schlecht wie selten um die Ökumene – zumindest auf der Ebene der Kirchenleitungen. Der in Rom für die Einheit der Christen verantwortliche Kardinal Walter Kasper scheint so unter Druck zu stehen, dass er bei der Feier des zehnten Jahrestages der Unterzeichnung der Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre am Reformationstag 2009 in Augsburg das „gottlose Gejammer über vermeintlichen Stillstand in der Ökumene“ beklagte.

Aber es gibt nicht nur Stillstand, es gibt sogar deutliche Rückschritte: Wegen der Wahl der Bischöfin Margot Käßmann zur Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche Deutschlands will die russisch-orthodoxe Kirche ihre Kontakte zu den Lutheranern kappen – orthodox-katholische Ökumene auf Kosten der Protestanten. Für den gemeinschaftlichen Übertritt von Anglikanern zur katholischen Kirche hat der Vatikan eigene Regelungen veröffentlicht – was zu Recht als „Fischen in anglikanischen Teichen“ moniert wird. Und schon ein halbes Jahr vor Beginn des 2. Ökumenischen Kirchentages ist der Streit um die Gastfreundschaft bei Eucharistie und Abendmahl entbrannt – die es auch 2010 in München offiziell nicht geben darf.

Kardinal Kasper sagte in Augsburg jedoch auch: „Wir werden auf dem weiteren Weg Geduld, aber ebenso auch Ungeduld brauchen. Beides gehört zum Reich Gottes.“ Es gebe nicht nur in Deutschland viele Menschen, „die sehnsüchtig und ungeduldig auf die eine Kirche am einen Tisch des Herrn warten, die dafür beten und die sich dafür einsetzen, dass alle eins sind.“

Diese geduldige Ungeduld brauchen wir jetzt. Schluss mit der Ökumene der Vertröstungen auf den Sankt Nimmerleinstag! Es ist doch fadenscheinig, wenn gerade die Amtsträger darauf pochen, dass erst noch Fragen des Amts- und Kirchenverständnisses geklärt werden müssen. Ökumene ist ein Grundauftrag für die Christenheit und zu wichtig, als dass wir sie allein den Kirchenleitungen überlassen dürfen. Diese müssen zwar letztendlich die formellen Schritte vollziehen, aber sie müssen den Druck von der Basis spüren.

Christian Weisner
Wir sind Kirche Deutschland
www.wir-sind-kirche.de

Zuletzt geändert am 12­.12.2009