März 2010 - Kirche In (Kolumne „Unzensiert“)
Menschendienst ist Gottesdienst
So Oscar Romero, 1980 bei der Verleihung der Ehrendoktorwürde der Universität Löwen in Belgien. Wenige Wochen später am 24. März wurde er durch eine Todesschwadron des Sicherheitsdienstes während einer Messfeier bei der Darbringung der Gaben am Altar erschossen. Er lebte Hingabe für das Leben anderer in letzter Konsequenz, Oscar Romero war sich dieser letzten Konsequenz mehr als bewusst.
Die meisten von uns fühlen sich von dieser letzten Konsequenz überfordert. Auch Oscar Romero war wohl nicht von Anfang an zu dieser letzten Konsequenz bereit. Die Ermordung seines Freundes, des Jesuitenpaters Rutilio Grande, 1977 löste in ihm eine Radikalisierung seines Einsatzes für die Armen, Gerechtigkeit und Gewaltlosigkeit aus: „ Als ich den toten Rutilio ansah, dachte ich: Wenn sie ihn für das umgebracht haben, was er getan hat, dann muss ich denselben Weg gehen wie er ...". Bis dahin war er aber schon lange den Weg der Armen, Unterdrückten und Ausgebeuteten mitgegangen. Sein Gottesdienst war Menschendienst und sein Menschendienst wurde zum Gottesdienst.
Der Seligsprechungsprozess wurde 1997 eingeleitet. Romero wird in El Salvador wie ein Heiliger verehrt, viele wünschen sich dringend die Seligsprechung durch den Papst. Aber weder der jetzige noch sein Vorgänger konnten sich mit dem radikalen Bekenntnis Romeros zu den Armen identifizieren. Ihre Angst vor einer spekulativen Nähe zum Marxismus ist größer als der Respekt vor dem Auftrag Jesu: „Was ihr den Geringsten getan habt ...". Die gelebte Befreiungstheologie Romeros, seine Frömmigkeit und Demut sollen uns um so mehr Anstoß sein, Vorbild und Ermutigung. Auf dem Ökumenischen Kirchentag in München vom 12.-16. Mai hat Wir sind Kirche das Thema "Menschendienst ist Gottesdienst" für eine zentrale Veranstaltung aufgegriffen, damit wir uns immer wieder dieser Botschaft Jesu erinnern.
Sigrid Grabmeier
Wir sind Kirche Deutschland – www.wir-sind-kirche.de
Zuletzt geändert am 09.03.2010