Juni 2010 - Kirche In (Kolumne „Unzensiert“)
Das Jahrzehnt des Gottesvolkes
Die Deutsche Bischofskonferenz hat angesichts des dramatischen Ansehensverlustes jetzt eine Art „Denkfabrik“ angekündigt. Man will – koordiniert vom Münchner Erzbischof Marx und den Bischöfen Bode (Osnabrück) und Overbeck (Essen) – „konkrete Lösungsansätze für die vielfältigen Probleme der Kirche erarbeiten und einen Erneuerungsprozess einleiten“.
Doch wenn dies, wie angekündigt, auch im Hinblick auf den 50. Jahrestag des Beginns des Zweiten Vatikanischen Konzils erfolgen soll, dann kann und darf dieser Prozess nicht nur in internen Bischofszirkeln hinter verschlossenen Türen stattfinden, sondern muss von Anfang an die vorhandenen Laien-Strukturen und auch die Reformgruppen einschließen. Denn die Lehre des Konzils besagt, dass wir zuallererst und gemeinsam Volk Gottes sind.
In der „Denkfabrik“ muss es auch um viel mehr gehen als nur um die „Präsenz der Kirche in der Öffentlichkeit“. Seit langem liegen konkrete Vorschläge von Synoden, von katholischen Verbänden und von Reformgruppen für eine spirituelle und strukturelle Erneuerung der Kirche auf dem Tisch, die die Bischöfe nicht ignorieren dürfen. Angesichts der umfassenden Kirchenkrise darf es auch keine Tabu-Themen mehr geben.
Wenn die Bischöfe immer wieder nur darauf verweisen, dass zentrale Fragen allein in Rom und auf der Ebene der Weltkirche zu entscheiden seien, führt dies angesichts der weltweiten Kirchenkrise nicht weiter. Die Bischöfe sind gemäß Zweitem Vatikanischen Konzil zuallererst Hirten der Ortskirchen und sollten sich als solche künftig sehr viel deutlicher und mutiger in Rom Gehör verschaffen. Zum Beispiel für ein Jahrzehnt des Gottesvolkes, der sogenannten „Laien“!
Christian Weisner
Wir sind Kirche Deutschland
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Zuletzt geändert am 10.06.2010