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Veröffentlicht am 02­.07.2010

2.7.2010 - Zeitungen der Verlagsgruppe Bistumspresse

Reformer ohne Basis?

Pius-Brüder, Missbrauchsskandal, Mixa-Rücktritt – wenn die katholische Kirche Schlagzeilen macht, ist Christian Weisner ein begehrter Interviewpartner. Er ist Sprecher der Reformbewegung „Wir sind Kirche“. Doch wer ist das überhaupt? Die Kirchenboten-Redaktion hat sich auf Spurensuche begeben und herausgefunden, dass bei „Wir sind Kirche“ vieles nicht so klar ist, wie der Name verspricht.

Für kräftige Zitate ist „Wir sind Kirche“-Sprecher Christian Weisner immer gut: „Die Causa Mixa ist auch eine Causa Benedikt“, wurde er zuletzt in vielen Medien zitiert. Geschickt hat er damit den Ball nach Rom gespielt, die aktuellen Entwicklungen mit einer Papstkritik kombiniert.

www.wir-sind-kirche.de

Seit 15 Jahren fordert „Wir sind Kirche“ Reformen in der katholischen Kirche. Der Ursprung der Gruppe liegt im sogenannten Kirchenvolksbegehren: Das unterschrieben im Herbst 1995 rund 1,5 Millionen Katholiken – für eine „geschwisterliche Kirche“, für die Gleichberechtigung von Frauen in kirchlichen Ämtern, für die Entkoppelung von Priesteramt und Zölibat, so ein Teil des plakativen Forderungskatalogs. Im Januar 1996 gründete sich dann die „Kirchenvolksbewegung Wir sind Kirche“.

Seitdem demonstrieren die Kirchenreformer bei Bischofskonferenzen, organisieren Diskussionen und verstoßen bei mancher Aktion auch bewusst gegen kirchliche Bestimmungen. So war „Wir sind Kirche“ mitverantwortlich für die Eucharistiefeier beim 1. Ökumenischen Kirchentag in Berlin, bei der der später suspendierte Priester Gotthold Hasenhüttl kirchlichen Vorschriften zum Trotz ausdrücklich auch Nicht-Katholiken zur Kommunion einlud. Sympathie findet die Gruppe auch für die Frauen, die 2002 auf einem Donauschiff eine Priesterweihe inszenierten.

Heftige Kritik von Bischöfen

Immer wieder zieht die Organisation heftige Kritik der Bischöfe auf sich. Sie „lässt das notwendige Denken und Fühlen mit der Kirche vermissen“, kritisierte etwa Regensburgs Bischof Gerhard Ludwig Müller. „Der Name – das ist schon ein starkes Stück“, sagt ein anderer Bischof im vertraulichen Gespräch. Letzterem widerspricht auch Christian Weisner nicht richtig: „Gemeint ist eigentlich ‚Wir sind auch Kirche‘.“ Wie viele Menschen in diesem Sinne „auch Kirche“ sind, weiß Weisner nicht. Denn eine Mitgliedschaft wie bei Kolping oder der kfd gibt es nicht. Oberstes Gremium ist die Bundesversammlung. Sie wählt die Sprecher, die „Wir sind Kirche“ vertreten. An der Bundesversammlung kann jeder teilnehmen, der „Ziele und Forderungen des Kirchenvolksbegehrens“ unterstützte, heißt es im Statut. Rund 80 bis 100 Teilnehmer kämen jedes Jahr, sagt Weisner und verweist auf Umfragen. So haben jüngst 37 Prozent der Katholiken angegeben, ihrer Kirche kritisch verbunden zu sein. „Das ist unser Potenzial.“ Mit welcher Legitimation Weisner und seine Mitstreiter sich zu Wort melden, wie viele Menschen tatsächlich ihre Ansichten teilen, bleibt unklar.

„Sie repräsentieren nicht die gesamte Kirche. Das ist uns schon sehr bewusst“, sagt ein Journalist eines weltlichen Mediums. „Wenn man schnell was braucht, ist ‚Wir sind Kirche‘ immer zu erreichen“, ergänzt ein Kollege. Bischofskonferenz und Zentralkomitee der Katholiken seien eben viel schwerer als Interviewpartner zu bekommen. „Wir fragen aber auch aus Gründen der Ausgewogenheit an. Wenn wir eine zweite, unabhängige Position brauchen.“ Dennoch: Wenn dieser Journalist an die Fernsehbilder etwa von Vollversammlungen der Bischofskonferenz denkt, bei denen regelmäßig die Handvoll Demonstranten von „Wir sind Kirche“ im Bild zu sehen ist und Aufmerksamkeit bekommt, „dann spielen sie schon eine zu große Rolle“.

http://www.kirchenbote.de/news/news.php?kat=20&nid=4080&eid=385







Veröffentlichte Leserbriefe zu diesem Artikel:
von Siegfried Amler
von Dr. Ursula und Dr. Hubert Bodde
von Magnus Lux
von Christian Weisner
von Wolfgang Dettenkofer

Nicht veröffentlichte Leserbriefe zu diesem Artikel:
von Beate Schilling
von Peter Sutor
von Klaus Kegebein

Zuletzt geändert am 28­.07.2010