25. Mai 2006 - Pressezentrum Katholikentag
Mehr Mitsprache von Laien in der Kirche gefordert
Mehr Mitsprache der Laien und mehr Rechte für Frauen in der Kirche haben die Teilnehmer der Podiumsdiskussion „Braucht Mutter Kirche nur brave Kinder? Den Christinnen und Christen die Freiheit“ angemahnt, das von der Kirchenvolksbewegung „Wir sind Kirche“ veranstaltet wurde. Sigrid Brüggemann vom Verein „Frauenwürde e.V.“ forderte die Zulassung von Frauen zum Priesteramt. Majella Lenzen, ehemalige Nonne, wünschte sich von Kirchenleitungen und Orden mehr Respekt für das Charisma des einzelnen Gläubigen. Der Trierer Kirchenrechtler Peter Krämer befürwortete eine Gewaltenteilung in der Kirche. Der Saarbrücker Theologe Gotthold Hasenhüttl, dem der Trierer Bischof Reinhard Marx im Januar die Lehrerlaubnis entzogen hatte, nahm an der Veranstaltung lediglich als Gast teil. Rund 250 Menschen drängten sich im vollbesetzten Festsaal des Saarbrücker Schlosses.
Majella Lenzen, die 33 Jahre lang als Missionarin in Afrika tätig war, erklärte, mit dem erzwungenen Austritt aus ihrem Orden habe sie alle Rechte und finanzielle Absicherung verloren, da Ordensfrauen keine Sozialversicherung hätten. In Österreich und den Niederlanden sei das besser geregelt. Sie sei deshalb in große Schwierigkeiten mit ihrem Orden gekommen, weil sie „denunziert“ worden sei: Sie sei beschuldigt worden, in Afrika Kondome an Prostituierte verteilt zu haben. Die frühere Ordenfrau kritisierte, in der Kirche herrschten Regeln, die der gesunde Menschenverstand nicht einhalten könne. Viele Priester und Bischöfe in Afrika lehnten Kondome wider besseres Wissen ab, aus Angst vor Rom. Auch Eheleute, von denen einer HIV-infiziert sei, hätten Recht auf eheliche Liebe, sagte Lenzen. Wenn der Ehemann eine Zeit lang in einer anderen Region arbeite, fremdgehe und sich infiziere, fordere er nach seiner Rückkehr zur Familie meist wieder Geschlechtsverkehr von seiner Ehefrau, die dann auch infiziert werde. Solchen Frauen Kondome zu geben, heiße nicht, Prostituierten Kondome zu geben, betonte die frühere Ordensfrau.
Sigrid Brüggemann vom Verein „Frauenwürde e.V.“ berichtete, ihr innerer Bruch mit der Kirchenleitung habe bereits vor zehn Jahren stattgefunden, als die Amtskirche harsch ablehnend auf das Kirchenvolksbegehren von „Wir sind Kirche“ reagiert habe. Ein weiterer Bruch habe sich ergeben, als die katholische Kirche aus dem staatlichen System der Schwangerenkonfliktberatung ausgestiegen sei: „Die Kirche will doch Notleidenden und Bedrängten helfen, und jetzt steigt sie aus? Das habe ich nicht verstanden“, sagte Brüggemann.
Der Trierer Kirchenrechtler und Priester Peter Krämer bezeichnete das Zweite Vatikanische Konzil als wichtigstes kirchenpolitisches Ereignis des 20. Jahrhunderts, hinter das man nicht zurückfallen dürfe. Allerdings sei in jüngster Zeit ein fragwürdiger Umgang mit den Konzilstexten zu beklagen. Krämer forderte einen kirchlichen Leitungsstil, der von Partnerschaft und Transparenz geprägt sei. „Die Bischöfe müssen gemeinsam mit den Gläubigen um den richtigen Weg ringen und dann ihre Entscheidung ausführlich und nachvollziehbar begründen.“ In diesem Zusammenhang begrüßte Krämer das Vorhaben des Papstes, die Kurie zu reformieren. Er hoffe auf eine Trennung der legislativen, exekutiven und richterlichen Gewalt auch in der Kirche.
Der amtsenthobene Saarbrücker Theologe Gotthold Hasenhüttl, der beim Ökumenischen Kirchentag 2003 in Berlin evangelische Christen ausdrücklich zur Kommunion eingeladen hatte, fragte als Gast der Veranstaltung den Kirchenrechtler Krämer, warum er ihn ständig mit der Behauptung desavoire, es habe sich um eine „Interkommunion“ gehandelt. Vielmehr habe es sich um eine „offene Kommunion“ gehandelt. Krämer betonte, in der Enzyklika „Ecclesia de eucharistia“ habe Papst Johannes Paul II. klargestellt, dass Interkommunion mit Nichtkatholiken unzulässig sei. Die Führung des Ökumenischen Kirchentags habe sich gegen ein gemeinsames Abendmahl und gegen Interkommunion ausgesprochen. Sogar der bayerische evangelische Landesbischof Johannes Friedrich habe erklärt, dass die Aktion Hasenhüttls der Ökumene eher geschadet habe.
Zuletzt geändert am 12.07.2006