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Veröffentlicht am 23­.10.2011

23.10.2011 - Sonntag Aktuell

Reformbewegung „Wir sind Kirche“ tagt in Mannheim

VON SEBASTIAN SCHWARZ

Mannheim. „Päpstin 2060“ steht auf dem TShirt der kleinen Lea. Das kleine Mädchen im Kinderwagen saß gestern neben ihren Eltern im großen Gemeindesaal der katholischen Heilig Geist-Kirche. In den Räumlichkeiten des Gotteshauses in der Mannheimer Schwetzinger Stadt haben sich von Freitag bis heute Vertreter der katholischen Kirchenvolksbewegung „Wir sind Kirche“ aus rund 22 Bistümern getroffen. Die 30. Bundesversammlung trug den Titel: „Die Wagemutigen von heute bereiten die normalen Handlungen von morgen vor.“ Die Reformbewegung setzt sich unter anderem dafür ein, dass Frauen, wie etwa in ein paar Jahren die kleine Lea, künftig die Möglichkeit bekommen, in der katholischen Kirche Priesterin, Bischöfin oder gar Päpstin zu werden. Weitere Ziele sind eine freie Wahl des Zölibats und eine demokratische Kirche.

Scharf kritisierten die rund 80 Teilnehmern der Bundesversammlung den Besuch von Papst Benedikt XVI. in Deutschland im September. „Der Papst sei seines Amtes als Oberster Hirte nicht gerecht geworden“, hieß es enttäuscht. Vor allem dessen Äußerungen zur „Entweltlichung der Kirche“ fasste das Bundesteam als Rückschritt auf. Der Papst wolle offenbar jeden menschlichen Bezug aufheben, dabei solle Gottes Botschaft doch in die Welt hineingetragen werden. Hinsichtlich Ökumene, Abendmahl, Gleichberechtigung von Mann und Frau oder der Wiederverheiratung Geschiedener forderte das Bundesteam von den Gemeinden einen öffentlichen „heiligen Ungehorsam“. Im Verborgenen fände dieser schon teilweise statt. „Die katholische Kirche befindet sich in ihrer größten Krise seit der Reformation“, hatte Christian Weisner, Bundesteammitglied von „Wir sind Kirche“, schon vor Beginn des Treffens am Freitag betont. Auch vom Verlauf des „Dialogprozesses in der katholischen Kirche“, dessen Auftakt im Juli in Mannheim gefeiert wurde, zeigten sich die Teilnehmer der Bundesversammlung enttäuscht: Er fände nicht auf Augenhöhe statt. Daher werde er von der Kirche mittlerweile nur noch als „Gesprächsprozess“ bezeichnet. Mit ihm hatte die katholische Kirche in Deutschland unter anderem auf ihre Krisenlage reagiert, nachdem 2010 zahlreiche sexuelle Missbrauchsfälle durch Geistliche bekanntgeworden waren. Mit Vorfreude sprachen die Anwesenden hingegen über den Deutschen Katholikentag, der im Mai 2012 in Mannheim gefeiert wird. „Wir sind Kirche“ werde mit zwei Vertretern an den offiziellen Vorbereitungen beteiligt sein, in den Arbeitsgruppen „Zentrum Kirche vor Ort“ und „Wege zu einer zukunftsfähigen Kirche“. Auch Vorschläge für eigene Veranstaltungen seien eingereicht worden. Heute planen die Konferenzteilnehmer einen Rundgang zu den Orten des Katholikentags. Neu in das Bundesteam wählte die Versammlung Ute Heberer aus Rheinstetten. Wilma Kaegebein hingegen schied aus.

Zuletzt geändert am 24­.10.2011