26.3.2012 - Hildesheimer Allgemeine Zeitung
„Glaubensgehorsam der Kirche scheut Neuerungen“ Hildesheim
Hildesheim (r/br). Sie kämpfen für einen Wandel in der katholischen Kirche. Und so hätten die Verantwortlichen der Kirchenvolks-Bewegung „Wir sind Kirche“ kaum einen besseren Tagungsort für ihre 31. Bundesversammlung als die Kultur- Fabrik finden können – steht sie doch beispielhaft für Veränderung.
Doch die katholische Amtskirchte tut sich mit Veränderungen schwer, moniert „Wir sind Kirche“. So zeichnete der Tübinger Theologe Hermann Häring in der Tagung ein sehr differenziertes Bild von Papst Benedikt XVI. Dieser habe den christlichen Glauben schon immer als ein menschen- und vernunftfreundliches existentielles Ereignis verstanden. Doch spiegele diese Haltung die verbreitete Neigung der römisch-katholischen Theologie wider, den Glauben am liebsten in definierte Sätze zu fassen und wirksame Kritik durch Tabuisierung des Heiligen in Riten und Personen zu verhindern. Ihr tief verwurzelter Glaubensgehorsam scheue sich vor substantiellen Neuerungen, kritisierte Häring: Ratzingers Verurteilung eines jeden „Pluralismus“, den der Papst als „Diktatur des Relativismus“ diskriminiere, zeuge von einem tiefen Misstrauen gegen die Wahrheits- und Dialogfähigkeit der menschlichen Vernunft.
Den Hauptgrund für die westeuropäischen Säkularisierungsprozesse sieht Häring nicht im Verschwinden des Glaubens bei den Menschen. Vielmehr liege diese an der Unfähigkeit der Kirchen, auf die Differenzierungsprozesse der Gesellschaft und auf die religiösen Fragen der Menschen angemessen einzugehen. Deshalb müssten reformorientierte Gruppen wie „Wir sind Kirche“ die Aufgaben übernehmen, die amtlich Beauftragte sträflich vernachlässigt hätten.
Unzufrieden zeigt sich die Vereinigung auch mit dem „Dialog- Prozess“, den die Bischöfe als Antwort auf den Missbrauchskandal versprochen hatten. „Da ist viel angekündigt und bislang wenig geliefert worden“, sagte „Wir sind Kirche“ Sprecher Christian Weisner dieser Zeitung. „Eine kirchliche, um ihre Wahrheit bemühte Gemeinschaft ist ohne einen offenen und ständigen Dialog nicht denkbar. Diesem Dialog haben sich auch die Kirchenleitungen zu stellen“, lautete das Resüme der Versammlung. Die Bewegung erneuerte ihre Kritik daran, dass Bischof Norbert Trelle eine in Soltau geplante Veranstaltung mit dem Pfarrer-Initiative-Vorsitzenden Pfarrer Helmut Schüller hatte verbieten lassen.
Zuletzt geändert am 27.03.2012