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Veröffentlicht am 10­.11.2011

November 2011 - Kirche In (Kolumne „Unzensiert“)

Papst Benedikt: Wir sind Kirche!

Alles in allem war der Papstbesuch in Deutschland ein wohl durchdachtes Gesamtkunstwerk. Durchgestaltet in jedem Detail, nichts war dem Zufall überlassen oder wirklicher Spontaneität. Nur im Bundestag, da wo der Papst sich nicht auf seinem Terrain bewegte, gab es eine kleine Panne, als er meinte auch vom erhöhten Platz des Bundestagspräsidenten sprechen zu dürfen. In seinen fein ziselierten Vorlesungen, ich will hier nicht von Ansprachen reden, machte er höflich aber unerbittlich deutlich, dass er nicht gekommen ist, um sich in irgendeiner Weise auf die Menschen in Deutschland zuzubewegen und ihnen womöglich zuzuhören sondern als monarchistischer Potentat seine Positionen zu präsentieren und Gefolgschaft einzufordern. Die Idee der Entweltlichung war so von der ersten Minute an bei der Begrüßung durch den Bundespräsidenten gleichsam wie in einer Ouvertüre gesetzt.

Bei den Seminaristen in Freiburg verdeutlichte er insbesondere seine Abneigung gegen Ideen von Demokratie in der Kirche: „es kann nie eine Mehrheit gegen die Apostel und gegen die Heiligen geben, das ist dann eine falsche Mehrheit“. Hierin verrät sich eine Angst davor, dass die bisherige Herrschaft einer Minderheit sich womöglich in das Gegenteil verkehren könnte. Sollte der Papst meinen, dass in Glaubens-und Gewissensfragen ein Diktat der Mehrheit in der Kirche unangemessen wäre, dann könnte ich ihm zustimmen, würde das aber auch auf eine Diktatur des Absolutismus als genauso unangebracht ausdehnen.

Denn Jesus hat uns zur Freiheit berufen, zur Freiheit des Gewissens. Es kann also nur so gehen, dass wir aufeinander schauen, aufeinander hören, einander wahr und ernst nehmen und so miteinander Kirche sind. Der Papst fährt fort: „Wir sind Kirche: Seien wir es, seien wir es gerade dadurch, dass wir uns öffnen und hinausgehen über uns selber und es mit den anderen sind.“ - Wo aber sollten wir als Christinnen und Christen hingehen wenn nicht in die Welt, um dort mit den vielen anderen Kirche zu sein? Entweltlichung kann auf keinen Fall das wirkliche Ziel unseres Kircheseins sein. Unser Auftrag ist es Sauerteig zu sein, Salz der Erde um das Reich Gottes in die Welt hineinzuleben. - Und dabei können demokratische und synodale Strukturen uns sehr wohl helfen.

Sigrid Grabmeier
Wir sind Kirche Deutschland – www.wir-sind-kirche.de

Zuletzt geändert am 12­.07.2012