Mai 2011 - Kirche In (Kolumne „Unzensiert“)
Kein Aufbruch ohne Abschiede
Ich war erstaunt ber diese Einstellung, die gleichzeitig Resignation und Treue miteinander verband. Vor allem die Vorstellung, Kirche sterben zu sehen, erschütterte mich. Das wollte ich so für mich nicht akzeptieren.
2011: Der Religionssoziologe und Theologe Michael N. Ebertz sieht in seinem Artikel in Herder-Korrespondenz Spezial 1-2011 die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Kirche auch in eine Steuerungs- und Lernkrise hineinmanövriert neben der hausgemachten Strukturkrise: der Vergemeinschaftungskrise, der Sinnstiftungs-, der Autoritäts- und Identitätskrise der Kirche und der fundamentalen Vertrauens- und Statuskrise. Alles in allem könnte man sagen, die alte Kirche kommt mit den vielen neuen, komplexen, un- bis antihierarchisch ausgerichteten Lebensbedingungen nicht mehr klar und ihre Chancen, sich auf die moderne Umwelt einzustellen sind gering. Er spricht nicht ausdrücklich von einem Sterben der Kirche, aber von einer Neugründungsaufgabe von „einem gewaltigen Refounding-Prozess der Kirche .
Alles was Ebertz an Hand von Datenmaterial darlegt ist nachvollziehbar und seine Konsequenz radikal. Damit bestätigt er mir, was auch bei mir seit 2001 immer klarer geworden ist: Diese (!) Kirche muss sterben. Diese Konsequenz aber birgt die zutiefst christliche Vorstellung von Sterben, Tod und Auferstehung, von Abschied, Zurücklassen und Aufbruch.
Nicht erst 2011 mit dem Memorandum, schon in den letzten zwanzig, dreißig Jahren war in Deutschland in vielen Statements und Ankündigungen, in Diözesanforen und im Hinblick auf den Katholikentag 2012 von Aufbruch die Rede. Dieser notwendige eine große Aufbruch und die vielen kleinen Aufbrüche werden aber nur dann gelingen, wenn wir es in der Kirche schaffen, das was sterben muss, sterben zu lassen, Abschiede zuzulassen und mit dem was lebensfähig ist und leben lässt neu Kirche zu sein.
Sigrid Grabmeier
Wir sind Kirche Deutschland – www.wir-sind-kirche.de
Zuletzt geändert am 12.07.2012