14. September 2006 - Rheinische Post
Muslime irritiert über Papst-Äußerungen zum Islam
München/Freising (rpo). Papst Benedikt XVI. hat seinen Besuch in der bayerischen Heimat beendet und ist nach Rom zurück gekehrt. Seine Visite sorgt in Deutschland weiter für Diskussionen. Während Spitzenvertreter der katholischen Kirche und Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber voll des Lobes sind, zeigen sich Muslime hierzulande wegen einiger Äußerungen des Papstes zum Islam irritiert.
Der Papst selbst betonte, die Reise habe ihm "neue Kraft" gegeben. Er trage in seinem Herzen unauslöschlich "den bewegenden Eindruck, den die Begeisterung und die starke Religiosität der großen Massen von Gläubigen in mir ausgelöst hat".
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann, zog ebenfalls eine positive Bilanz des sechstägigen Papstbesuches. Ministerpräsident Stoiber sprach von einem "historischen Ereignis".
Auch an seinem letzten Besuchstag wurde der Papst von Tausenden Menschen umjubelt. In Freising war der Domberg gesäumt von Gläubigen und Schaulustigen, die das Kirchenoberhaupt mit "Benedetto"-Rufen empfingen. Der Papst war 1951 im Freisinger Dom zusammen mit seinem Bruder und 40 anderen Diakonen zum Priester geweiht worden. In seiner Rede im Dom erinnerte er an das Motto seiner Reise: "Wer glaubt, ist nie allein."
"Zwischen den Zeilen lesen"
Lehmann wandte sich gegen den Vorwurf mangelnder ökumenischer Signale des Papstes. Er betonte, man könne auch "zwischen den Zeilen" lesen. So sei die Art und Weise des Papstes, Gemeinsamkeiten der katholischen und evangelischen Christen herauszustellen, "weiterführend". Auch der Vorsitzende des Landeskomitees der Katholiken in Bayern, Helmut Mangold, lobte den Papstbesuch als "beeindruckend".
Die Bewegung "Wir sind Kirche" monierte dagegen: "Bei aller Begeisterung, die die Menschen dem Papst in seiner Heimat entgegengebracht haben, können und dürfen die medial inszenierten Massen-Events nicht über die tatsächlichen Probleme der katholischen Kirche hinwegtäuschen." Der kirchenkritische Theologe Hans Küng sagte, der Papst habe jegliche Reformsignale vermissen lassen. Auch in Sachen Ökumene seien die Hoffnungen nicht erfüllt worden.
Für Wirbel sorgte zudem der Vortrag des Papstes vom Dienstag in der Regensburger Universität. Darin zitierte Benedikt XVI. den byzantinischen Kaisers Manuel II. Palaeologus (1350-1425) zum Thema "heiliger Krieg" mit dem Satz: "Zeig mir doch, was Mohammed Neues gebracht hat - und da wirst du nur Schlechtes und Inhumanes finden wie dies, dass er vorgeschrieben hat, den Glauben, den er predigte, durch das Schwert zu verbreiten." Der Papst nannte es entscheidend in der Argumentation gegen Bekehrung durch Gewalt, dass nicht vernunftgemäßes Handeln "dem Wesen Gottes zuwider" sei.
"Irritierend"
Der Islamrats-Vorsitzende Ali Kizilkaya nannte diese Aussagen "irritierend". Der Generalsekretär des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, betonte, es falle ihm "schwer zu glauben, dass der Papst gerade im Verhältnis zur Gewalt die Grenze zwischen Islam und Christentum sieht". Zuvor war bereits in türkischen Zeitungen Unmut laut geworden.
Der Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller entgegnete, es sei bei dem Vortrag nicht darum gegangen, "die einen auf Kosten der anderen herauszustellen." Vielmehr habe der Papst zeigen wollen, dass Religion und Glaube "niemals etwas mit Gewalt zu tun haben können", wenn sie sich auf Gott beziehen.
Zuletzt geändert am 14.09.2006