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Veröffentlicht am 11­.12.2013

HerderKorrespondenz 12/2013

Alexander Foitzik: Bischöfe im römischen Frühlingswind

von Alexander Foitzik

Viele haben sich schon an einer Schadensbilanz der „Causa Tebartz-van Elst“ versucht. Unübersehbar hat diese vor allem das Ansehen der anderen Bischöfe und des Bischofsamtes insgesamt beschädigt. Und mit aller Macht kamen sämtliche Fragen aufs Tapet, die sich auch viele Katholiken und Katholikinnen seit Langem schon stellen; gerade auch jene, die in ihrer Kirche engagiert und mit ihr nach wie vor stark identifiziert sind. Umgekehrt zeigt sich ebenso, welche enormen Erwartungen auf dem Bischofsamt lasten beziehungsweise wie groß die Fallhöhe ist angesichts des gewaltigen Selbstanspruchs der Bischöfe.

Drohen Teile der deutschen Ortskirche womöglich einer neuen Variante von „Ultramontanismus“ zu erliegen? Zumindest überrascht es, wie heftig seit März dieses Jahres gerade unter reformorientierten, eher basiskirchlich-demokratisch, in jedem Fall antiklerikal denkenden Katholiken und Katholikinnen offenkundig eine gewisse „Papolatrie“ grassiert. Zu groß ist offenbar der erlebte kirchliche Reformstau und Kirchenfrust und zu beflügelnd umgekehrt der frische Frühlingswind aus Rom. Der diesen Gruppen, wenn nicht gleich der ganzen deutschen Ortskirche oft unterstellte „antirömische Affekt“ scheint da nicht bremsen zu können. Aus der durchaus berechtigten Begeisterung für Papst Franziskus beziehungsweise den hohen Erwartungen und Hoffnungen, die man in ihn setzt, wird zudem kaum eine neue „Romhörigkeit“ erwachsen. Wir befinden uns nicht mehr im 19. Jahrhundert.

Vorzügliches „Opfer“ dieser neuen Papstbegeisterung ist die dem Papst nächsthöchste Führungsebene, also die Bischöfe. Man mag über die tatsächliche Repräsentativität der von säkularen Medien oft zur innerkirchlichen Opposition schlechthin stilisierten „Wir sind Kirche“-Bewegung streiten können. In diesem Punkt scheinen die unermüdlichen Anwälte für Kirchenreform doch auch einer Mehrheit von Katholikinnen und Katholiken hierzulande aus dem Herzen zu sprechen. Etwa, wenn sie in einer Pressemitteilung wenige Tage nach der Herbstvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz mahnten: Es reiche nicht aus, wenn die Bischöfe erklären ließen, dass sie sich intensiv mit dem Denken von Franziskus befassen würden. „Die Katholikinnen und Katholiken in Deutschland erwarten jetzt dringlichst, dass der Kurswechsel von Franziskus, der sich immer deutlicher abzeichnet, auch konkret spürbar wird im Lebensstil, im Handeln und bei den Entscheidungen ihrer Bischöfe.“ Offenkundig will man durch den neuen Papst die eigenen Bischöfe mit sanftem Druck unter Zugzwang setzen.

Dabei war Franziskus bei dieser ersten Vollversammlung der deutschen Bischöfe im neuen Pontifikat vielfach zitiert und beschworen im Geist omnipräsent. Gerade der Noch-Vorsitzende der Konferenz, der Freiburger Erzbischof beziehungsweise Apostolische Administrator Robert Zollitsch, betonte eindringlich die wichtigen Impulse, die auch die Kirche in Deutschland diesem Papst schon verdanke (vgl. HK, November 2013, 549?ff.). Und mancher deutsche Bischof hat sich schon längst öffentlich unter seine papstbegeisterten Landsleute gereiht. Er sei „mit dem Papst und vielen, vielen Bischöfen, Priestern und Laien auf einem neuen gemeinsamen Weg. Und das gerne!“, erklärte beispielsweise erst jüngst der Hamburger Erzbischof und Misereor-Bischof, Werner Thissen, in einem Interview (Frankfurter Rundschau, 2.11.2013).

Freilich, der „Kurswechsel von Franziskus“, der den deutschen Bischöfen jetzt zu Lehre und Vorbild gereichen soll, ist gegenwärtig noch ein ziemlich schillerndes Phänomen, eine Mischung aus unübersehbaren Indizien, Hoffnungen, Erwartungen, aber auch mancher Projektion.

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Zuletzt geändert am 11­.12.2013