April 2014 - Kirche In (Kolumne „Unzensiert“)
Gefährliche Seilschaften
Die deutsche Kirche war in einem sehr unguten Schwebezustand, als die Bischöfe im März einen neuen Vorsitzenden zu wählen hatten. Das von Franziskus gewünschte Bischofsprofil für Deutschland war und ist noch nicht erkennbar, einige Bischofsstühle waren gar seit eineinhalb Jahren vakant, vor allem aber die Causa Limburg immer noch ungeklärt. Diese Verzögerungen im Vatikan und die wiederholten Sympathie-Bekundungen gewisser römischer Amtsträger für Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst lassen auf weiterhin starke Seilschaften innerhalb des Vatikans schließen. Diese reichen vom Papst emeritus Benedikt (der noch viele Besuche empfängt) über seinen Sekretär Erzbischof Georg Gänswein und den Glaubenspräfekt Kardinal Gerhard Ludwig Müller bis tief hinein in die deutsche Kirche, die damit weiterhin unter besonders strenger Kontrolle steht. Immerhin ist sie auch ein wichtiger Finanzier des Vatikans und der Weltkirche.
In dieser Situation sah sich die durch innere Zerrissenheit geschwächte deutsche Bischofskonferenz letztendlich gezwungen, „ihren Mann in Rom“ zu ihrem neuen Vorsitzenden zu wählen, der hoffentlich den Seilschaften wird Paroli bieten können. Marx gilt als durchsetzungsstark. Er gehört zum engsten Beraterkreis des Papstes in der „K8-Gruppe“ und wird auch den neu eingerichteten Wirtschaftsrat im Vatikan leiten. Damit ist der Münchner Kardinal in der gegenwärtigen äußerst schwierigen Übergangsphase der einzige, der auch mal einen Kardinal Müller in die Schranken weisen kann. In der Frage des Kommunionempfangs für nach Scheidung Wiederverheiratete hat er dies auch schon getan. Aber in vielen anderen Fragen scheinen die alten Seilschaften immer noch stark genug zu sein, das Reformprojekt von Franziskus in Gefahr bringen zu können.
Christian Weisner
Wir sind Kirche Deutschland
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Zuletzt geändert am 18.03.2014