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Veröffentlicht am 26­.10.2015

26.10.2015 - Deutsche Welle

Katholische Kirche "Der Lernprozess geht weiter"

Das Echo auf die katholische Familiensynode im Vatikan ist geteilt. Auch Deutschlands Bischöfe üben Lob und Kritik. Die Rom-Rückkehrer schildern ihre Eindrücke.

Drei Wochen lang hatten Bischöfe aus aller Welt über Familienbild und Sexualmoral der Weltkirche diskutiert. Reformer und Bewahrer rangen um Positionen. Hinter den Türen der Synodenaula schlugen die Wogen hoch. Umstritten besonders: Der Zugang wiederverheirateter Geschiedener zu den Sakramenten und die Anerkennung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften. Am Ende legte die Bischofsversammlung Papst Franziskus ein - 94 Abschnitte umfassendes - Kompromisspapier vor. "Wir müssen schauen", so der Berliner Erzbischof Heiner Koch, "was der Heilige Vater daraus macht!"

So entspannt das klingen mochte - Koch, der in der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) seit 2014 die Kommission für Ehe und Familie leitet, wirkte sichtlich geschlaucht von dem römischen Verhandlungsmarathon. In der deutschen Sprachgruppe der Synode, in der kontroverse theologische Meinungen aufeinanderprallten, war er als berichterstattender "Relator" im Dauereinsatz. Für ihn ende die Synode nun "mit einem Doppelpunkt", sagte Koch. Jetzt sei der Papst am Zug. Danach, so Koch, "müssen wir uns überlegen, wie wir weiterarbeiten". Beim Thema Familie gehe es um viel, theologisch wie pastoral. "Das verändert unsere Gemeinden, denn es geht um einen Brennpunkt menschlichen Lebens."

Afrikaner: Kolonialismus vorbei

Beim Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen wünschen sich viele Gläubige - besonders in Deutschland - mehr Offenheit. Der Schlusstext von Rom blieb zwar hinter den Vorschlägen der deutschen Sprachgruppe zurück. Doch wertete Koch das Papier als Versuch, die verschiedenen Auffassungen in der Kirche abzubilden. Vorbehalte afrikanischer Synodenväter gegenüber Themen wie Homosexualität oder Abtreibung hätten diese bisweilen so begründet: "Wir lassen uns nicht mehr von euch beherrschen, der Kolonialismus ist vorbei!" Die deutsche Sprachgruppe habe deshalb vorsichtig handeln müssen, um nicht zu wirken wie "Machthaber, die anderen ihre Meinungen überstülpen". Am Ende müsse die Kirche aber eine Einheit sein. Sie sei kein "Dachverband" unterschiedlicher Kirchen. "Auf der Synode haben wir einen Weg gefunden, einander mitzunehmen", sagte Koch, "aber der Lernprozess geht weiter!"

Zufrieden hatte sich zuvor schon der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, geäußert. Die Synode habe "keine Türen geschlossen für das weitere Überlegen, sondern Türen geöffnet", so der Münchener Kardinal.

Der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode äußerte die Erwartung, dass Papst Franziskus den Kirchen vor Ort nun unterschiedliche Wege und mehr dezentrale Entscheidungen ermögliche. Bode bedauerte, dass das in der deutschen Sprachgruppe formulierte Schuldbekenntnis der Kirche wegen Unbarmherzigkeiten bei der Auslegung der katholischen Morallehre nicht ins Abschlussdokument aufgenommen wurde.

"Wir sind Kirche" enttäuscht

Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Alois Glück, hält es für möglich, dass die Synode von Rom die katholische Kirche verändert. Das Abschlussdokument sei eine Chance für den Papst und für die Ortskirchen, sagte er in Interviews. Nach Einschätzung Glücks zeigt es einen Weg auf, wiederverheirateten Geschiedenen die volle Teilhabe an den Sakramenten der Kirche zu ermöglichen. Die katholische Kirchenvolksbewegung "Wir sind Kirche" zeigte sich hingegen enttäuscht von der Synode, die "hinter den Erwartungen der allermeisten Katholiken zurückgeblieben" sei.

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Zuletzt geändert am 28­.10.2015