| |
Veröffentlicht am 31­.10.2015

31.10./1.11.2015 - Neue Westfälische

Hoffnung auf ein Machtwort des Papstes

Das Kirchenvolksbegehren „Wir sind Kirche“ entstand vor 20 Jahren. Der Bielefelder Manfred Dümmer setzt sich weiter für Reformen in der katholischen Kirche ein

VON MATTHIAS BUNGEROTH

Bielefeld/Paderborn. Sie waren angetreten, um Reformgedanken in die katholische Kirche zu tragen. Gut 1,8 Millionen Menschen unterzeichneten im Herbst 1995 die fünf Forderungen des Kirchenvolksbegehrens „Wir sind Kirche“. Darin geht es unter anderem um die Gleichberechtigung von Frauen, die Aufweichung des Zölibats und eine liberalere Bewertung von Sexualität. Auch in Ostwestfalen- Lippe findet „Wir sind Kirche“ bis heute engagierte Mitwirkende.

Darunter ist der Bielefelder Manfred Dümmer, Sprecher der Kirchenvolksbewegung für das Erzbistum Paderborn. Gefragt, was „Wir sind Kirche“ seit seiner Gründung an Veränderungen in der Kirche bislang erreichen konnte, antwortet Dümmer entwaffnend: „Wir sind nicht weiter als vor 20 Jahren“. Diese Entwicklung spiegelt sich auch im Engagement von Menschen in OWL wider. Die ersten Monatstreffen wurden noch von rund 50 Interessierten besucht. „Das ist dann etwas abgebrochen, weil man gesehen hat, dass man zumindest kurzfristig nichts erreichen kann.“

Heute finden sich noch etwa rund 20 Menschen zu den Treffen ein, dieMehrzahl aus Bielefeld und Paderborn. Denn eines wollen die Vertreter von „Wir sind Kirche“ nicht: Ihre Anliegen einfach zu den Akten legen und die Arbeit einstellen. So versuchen die Mitglieder seit drei bis vier Jahren verstärkt, einen Dialogprozess zu den Bistümern herzustellen. Dies gestaltet sich im Erzbistum Paderborn schwierig, wie Dümmer berichtet. „Offizielle Kontakte zur Bistumsleitung gibt es nicht.“

Aber Dümmer ruft die Anliegen von „Wir sind Kirche“ immer wieder mal in Erinnerung, wie er sagt. Das Erzbistum Paderborn sagt auf Anfrage, dass sich unter den Mitgliedern „zum Teil sehr engagierte Gläubige“ befinden. Der Dialog stoße jedoch an Grenzen. Ägidius Engel, Sprecher des Erzbistums: „Ein Diskurs ist dort nicht möglich, wo Positionen zur Debatte stehen, die aus der Lehre und der Tradition der Kirche heraus nicht diskutabel sind.“ Beispiele seien Forderungen nach einem Frauenpriestertum oder die Abschaffung des Zölibats. „Da hat der Bischof keinen Handlungsspielraum.“

Manfred Dümmer wird dennoch nicht müde, darauf hinzuweisen, dass die Kirche nach Ansicht von „Wir sind Kirche“ in vielen Dingen „mehr als der Zeit hinterher läuft“. So seien die Ergebnisse der jüngsten Familiensynode der Bischöfe in Rom „mehr als enttäuschend“. Es habe keine Fortschritte bei der Anerkennung homosexueller Partnerschaften oder wiederverheiratet Geschiedener gegeben.

„Wir hätten nichts dagegen, wenn der Papst auch mal ein Machtwort spricht“, sagt Dümmer. Erwartet werde, dass Franziskus Anfang 2016 zur Familienthematik ein Lehrschreiben herausgeben wolle. Der Bielefelder ist überzeugt: „Kirche hat in das Schlafzimmer einer Familie nicht hineinzureden.“

Wenn an dieser Einstellung nichts geändert werde, „motiviert das niemanden, in der katholischen Kirche Mitglied zu sein“. Dabei würden durch jeden Austritt die Reformkräfte geschwächt. „Es gibt sicher in der Gesellschaft eine Glaubenskrise, vor allem aber eine Glaubwürdigkeitskrise.“ Obwohl Dümmer auf Reformen von der Basis her setzt, hofft er nun auf entschlossenes Handeln des Papstes.

Zuletzt geändert am 08­.11.2015