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Veröffentlicht am 10­.12.2015

Dezember 2015 - Kirche In (Kolumne „Unzensiert“)

Endlich das Konzil umsetzen!

50 Jahre soll es dauern, so lehrt die Erfahrung der Kirchengeschichte, bis ein Konzil umgesetzt ist. Wie gut, dass der Heilige Geist beim letzten Konklave und gerade noch rechtzeitig vor dem Konzilsjubiläum mitgeholfen hat, einen Papst zu wählen, der aus dem Kontinent kommt, wo die Verlebendigung des Konzils so intensiv wie in wohl keinem anderen Teil der Weltkirche erfolgte – auch mit zahlreichen Märtyrerinnen und Märtyrern. Das Konzil hat den Weg gewiesen für eine erneuerte Kirche mitten in der Welt. In der Zeit des polnischen und des deutschen Papstes sind die allermeisten Konzilsbeschlüsse jedoch schubladisiert worden. Die Reformer hatten geglaubt, sie könnten den Reformresistenten Zugeständnisse machen und die weitere Entwicklung werde schon in ihre Richtung gehen. Dem war leider nicht so.

Dass die Saat des Konzils trotzdem aufgegangen ist, haben jetzt die internationalen Tagungen der weltweiten Reformgruppen gezeigt, die in Rom des Konzilsendes und des Katakomben-Paktes – des geheimen „Vermächtnisses“ des Zweiten Vatikanischen Konzils – gedachten und dem damaligen Aggionarmento neue Aktualität verliehen. Die deutliche Botschaft: Eine Enttäuschung wie nach dem Konzil darf sich nicht wiederholen. Das Kirchenvolk, die Theologie und die reformwilligen Bischöfe sind jetzt weltweit gefordert, die Deutungshoheit über den künftigen Weg der Kirche nicht den von Angst besessenen Gegnern jeder Reform zu überlassen.

Da sind besonders auch die deutschen Bischöfe gefragt, die gerade ihren ersten Ad limina-Besuch bei Papst Franziskus absolvierten. Der warnte sie vor einer fortschreitenden Institutionalisierung der Kirche, vor einem neuen Pelagianismus, der dazu führe, auf den perfekten Apparat zu setzen. „Es sei nicht möglich, aus dem Strandgut ‚der guten alten Zeit‘ etwas zu rekonstruieren, was gestern war“, so Franziskus, und meinte damit wohl auch die klassischen, jetzt aber immer größer werdenden Pfarrstrukturen. Als positives Gegenmodell beschreibt Franziskus die „Ehrenamtlichen“ Priska und ihren Mann Aquila, die als Ehepaar ihr Haus öffneten, vor allem aber mit ihrem Leben glaubwürdig die Liebe Christi verkündeten.

Das Gebot der Stunde, so Franziskus in seiner Abschlussansprache zum Ad linima-Besuch, ist die pastorale Neuausrichtung, also dafür zu sorgen, dass die Strukturen der Kirche alle missionarischer werden, dass die gewöhnliche Seelsorge in all ihren Bereichen expansiver und offener ist, dass sie die in der Seelsorge Tätigen in eine ständige Haltung des ‚Aufbruchs‘ versetzt. Wie dieser Aufbruch konkret aussehen könnte, haben die weltweiten Reformgruppen in Rom gezeigt. Setzen wir uns dafür ein, dass das Konzil endlich umgesetzt wird! Das Franziskus-Projekt, das ganz auf der Linie des Konzils und des Katakomben-Paktes liegt, darf nicht scheitern!

Christian Weisner
Wir sind Kirche Deutschland
www.wir-sind-kirche.de

Zuletzt geändert am 24­.11.2015