November 2016 - Kirche In (Kolumne „Unzensiert“)
Endlich die „Zeichen der Zeit“ erkennen!
„Mach´s wie Gott – werde Mensch“ war das Thema eines kirchenpolitischen Ratschlag-Treffens am Wochenende vor dem Reformationastag in Lutherstadt Wittenberg. ChristInnen verschiedener Konfessionen befassten sich mit dem reformatorischen Grundanliegen Ecclesia semper reformanda. Welche aktuellen Herausforderungen stellt die Botschaft des Jesus von Nazaret heute für Gläubige und Kirchen dar? Die Veranstaltung wurde getragen vom Institut für Theologie und Politik (ITP) aus Münster, der KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche und der Leserinitiative Publik-Forum.
Der fulminante Auftaktvortrag von Renate Wind „Mehr Mensch werden ... biblischer Rückblick und Zukunftshoffnung“ legte eine Spur in die verschiedenen Workshops wie z.B. „Was bedeutet Reformation heute? Für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung“, „Zwischen Willkommenskultur und Rechtsruck – Herausforderungen für ChristInnen“ „Gottesbild, Menschenbild und Gottesdienst. Eine Aktualisierung“, oder „Kann denn Gender Sünde sein?“. Und Ulrich Duchrow forderte in seinem Abschlussvortrag „Die Reformation radikalisieren – angesichts unserer Krisen“.
Deutlich wurde innerhalb der drei Tage: eine Reform, die nur an kirchlichen Strukturen ansetzt, greift zu kurz, und eine Ökumene, die nur das friedliche Nebeneinander anstrebt, ist zu wenig. So verabschiedete die Versammlung den Wittenberger Appell. Darin heißt es unter anderem:
„Die „versöhnte Verschiedenheit“ ist ein wichtiges Etappenziel hin zu einer geschwisterlichen Kirche. In ihr nehmen verschiedene Bekenntnisse mit unterschiedlichen Auffassungen und Traditionen gemeinsam in gegenseitigem Respekt ihre Verantwortung in der und für die Welt wahr. Im Handeln über die Konfessionsgrenzen hinweg wird die Botschaft Jesu wieder in den Mittelpunkt gestellt. Ein gemeinsames christliches Zeugnis ist die gemeinsame Mahlfeier, die diese Verantwortung zum Ausdruck bringt, ein Zeichen des Versöhnungswillens. ...
... Die Welt brennt, und wir sind aufgerufen, endlich die „Zeichen der Zeit“ zu erkennen. In einer erbarmungslosen Welt der Eigensucht haben wir ChristInnen Gottes Barmherzigkeit zu bezeugen. Die Gier nach Geld, die Freihandelszonen ohne die Berücksichtigung eines fairen Handels für alle, die Flüchtlingsfrage und die wirtschaftliche Kluft zwischen der Nord- und der Südhalbkugel, die Gefährdung der Freiheit und des Friedens weltweit: das sind die Themen, auf die ChristInnen heute eine gemeinsame Antwort finden müssen. Denn nur so können wir glaubwürdig sein.“
Zuletzt geändert am 12.11.2016