31.10.2016 - Westfälische Nachrichten
KLARTEXT FÜR GLÄUBIGE - Für einen offenen Religionsunterricht
Zum wiederholten Mal werfen die Medien die Frage nach der Zukunft des Religionsunterrichtes (RU) auf. Anlass war u.a. eine Umfrage, nach der sich über zwei Drittel der Deutschen dafür ausgesprochen hat, den RU durch einen allgemeinen Werteunterricht zu ersetzen. Wie immer gab und gibt es Kommentare Pro und Contra.
Jetzt scheint dasThemaauch wieder vom Tisch zu sein. Dies liegt vor allem daran, dass der RU stärker im schulischen Angebot verankert ist als jedes andere Schulfach: So erklären u.a. das deutsche Grundgesetz und die Landesverfassung NRW den RU zum „ordentlichen Lehrfach”. Staatsverträge zwischen den beiden großen christlichen Kirchen und den Bundesländern zementieren den konfessionellen RU. Deshalb tun sich die Amtskirchen und die Bildungspolitiker enorm schwer, über eine Veränderung des Status Quo zu verhandeln.
Vielleicht geschieht dies auch aus Angst davor, dass dann der RU grundsätzlich in Frage gestellt würde. Da außerdem die Etablierung eines neuen Faches viele Jahre dauert, ist mittelfristig trotz aller Umfragen kaum mit Änderungen zu rechnen. Katholische und evangelische Amtskirche sollten endlich ihr Beharren auf der Konfessionalität des RU aufgeben und alles dafür tun, dass ein überkonfessioneller, z.T. interreligiöser RU eingeführt wird. Die Voraussetzungen dafür sind längst vorhanden und Hindernisse können leicht beseitigt werden.
Mehr noch: Wenn es den Kirchen gelingt, einen RU zu konzipieren, der im Klassenverband eine Vermittlung von „Religion, Lebensgestaltung und Ethik” ermöglicht und offen für alle Schüler/innen ist, hätten sie die Chance, ein zeitgemäßes Unterrichtsfach zu etablieren, das auch zukünftig einen wesentlichen Teil zur Bildung junger Menschen beiträgt. Zudem ist für eine gute Integration von Schüler/innen mit Migrationshintergrund und Geflüchteten ein gemeinsames Kennenlernen der jeweils anderen Religion eine unverzichtbare Voraussetzung. An der Konzeption sollten auf jeden Fall Religionslehrer/ innen beteiligt werden, weil ein Großteil von ihnen bereits heute flexibel und engagiert einen Schüler/innengerechten RU erteilt.
Berthold Zeppenfeld ist in der Bistumsgruppe Paderborn der Kirchenvolksbewegung „Wir sind Kirche“ aktiv und war viele Jahre als Religionslehrer an einem Gymnasium tätig.
Zuletzt geändert am 31.12.2016