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Veröffentlicht am 29­.10.2017

26.10.2017 - Tiroler Tageszeitung

Kirchen kuscheln beim Reformationsjubiläum und bleiben doch getrennt

Hannover (APA/dpa) - So viel Eintracht war auch 500 Jahre nach der Kirchenspaltung nicht abzusehen: Protestanten und Katholiken haben im zu Ende gehenden Jahr des Reformationsgedenkens Versöhnungsgottesdienste gefeiert und bei vielfältigen Aktivitäten an einem Strang gezogen. Feindseligkeiten und Vorwürfe aus vergangenen Jahrhunderten wurden offiziell für überwunden erklärt.

Konkrete Schritte aber zur Überwindung von Trennendem, etwa ein gemeinsames Abendmahl, zumindest für Ehepartner mit verschiedenen Konfessionen, wurden bisher nicht gemacht. Dabei ist beiden Kirchen die Notwendigkeit engerer Zusammenarbeit angesichts schrumpfender Mitgliederzahlen und gesellschaftlicher Relevanz bewusst.

Obwohl der Durchschnittschrist die Unterschiede zwischen beiden Konfessionen häufig kaum noch benennen kann, war es im Anlauf zum 500-jährigen Reformationsjubiläum lange Zeit nicht ausgemacht, dass es so etwas wie ein gemeinsames Gedenken gibt. Da gebe es für die Katholiken nichts zu feiern, tönte es von der einen Seite, es seien keine Luther-Festspiele geplant, beschwichtigte die andere. Was beiden dann gelang, war ein Gedenkjahr mit weit mehr als schönen Gesten.

So reiste Papst Franziskus erstmals zu einem Gedenken mit Vertretern des Lutherischen Weltbundes ins schwedische Lund. Ebenfalls erstmals brachen im vergangenen Oktober evangelische und katholische Bischöfe zu einer gemeinsamen Pilgerreise nach Israel und Palästina auf. Und bei einem historischen Versöhnungsgottesdienst in Hildesheim mit Kardinal Reinhard Marx, dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, sowie Bischof Heinrich Bedford-Strohm, dem Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), wurde ein riesiges symbolisches Holzkreuz aus dem Mittelgang der Kirche weggeschafft. Die Blockade zwischen beiden Kirchen sollte sichtbar aus dem Weg geräumt werden

Das offizielle Fazit der beiden Kirchen fällt denn auch optimistisch aus. Die Kirchen müssten „noch stärker eins werden“, sagte Kardinal Marx vor wenigen Wochen. Man müsse aufhören, von einer Kirchentrennung zu sprechen, denn es gebe große Übereinstimmungen im Glauben. Und sein evangelisches Gegenüber, Bischof Bedford-Strohm, stellte fest: „Die Menschen drängen nach der Ökumene in einer Weise, die wir so noch nicht hatten.“ Wichtig sei, die Freude an den verschiedenen Traditionen zu erhalten. Eine „Einheitssuppe“ der Religionen werde es aber nicht geben.

Alles im Lot nun also zwischen Katholiken und Protestanten? Die katholische Reformbewegung „Wir sind Kirche“ spricht zwar von dem mit Abstand am ökumenischsten geprägten Jahr, der Mut zu echten Reformen habe beide Kirchen am Ende aber doch verlassen, meint Sprecher Christian Weisner. „Anstatt sich auf die gemeinsamen Wurzeln und die gemeinsame Verantwortung der Christenheit zu besinnen, werden doch immer wieder einzelne theologische Fragen, Unterschiede im Ämterverständnis und leider zunehmend auch Differenzen in ethischen Fragen herangezogen, um weitere Schritte aufeinander zu in der Ökumene zu vermeiden.“

So nannte es der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki kürzlich einen „Etikettenschwindel“, wenn Protestanten von einer „versöhnten Verschiedenheit“ sprächen - und damit konfessionsbegründete Unterschiede in wechselseitig bereichernde Dimensionen umdeuteten. Für ein gemeinsames Abendmahl sei dies keine Grundlage. Einen „zunehmenden Dissens in moral- und sozialethischen Fragen“ attestierte Woelki beiden Kirchen in seinem Beitrag für die Herder Korrespondenz. „Wie viel wäre schon gewonnen, wenn in Deutschland beide großen Konfessionen in Fragen der Sozial-, Wirtschafts- und Bioethik erneut mit einer Stimme sprächen.“

Auf diese Vorhaltungen in Sachen Ökumene hat der Bischof der größten evangelischen Landeskirche in Hannover, Ralf Meister, seine eigene Antwort: „Wartet nicht auf die Bischöfe, trotz großer Gesten“, meinte er vor wenigen Tagen. „Die Zukunft der Ökumene entsteht in den Kirchengemeinden, wo Menschen unterschiedlicher Konfession einander begegnen.“ Die wolle er ermuntern: „Macht weiter!“

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Zuletzt geändert am 12­.11.2017