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Veröffentlicht am 23­.11.2017

28.10.2017 – Badische Neueste Nachrichten – Karlsruhe – SÜDWESTECHO

„Wir sind Kirche“ wirbt für mutige Reformen

Kritische Laienbewegung tagt am Wochenende in Ulm

Von unserem Mitarbeiter Thomas Burmeister

Siegfried Fleiner ist 85 Jahre alt, seit 60 Jahren katholischer Priester und ist mächtig sauer auf die obersten Hirten seiner Kirche. „Ich spüre eine zunehmende Wut auf Euch, weil Ihr sehenden Auges unsere Gemeinden und unsere Kirche in eine seelenlose Wüste führt“, hält der Priester den deutschen Bischöfen vor. Mit einem offenen Brief spricht er den Teilnehmern der 40. Bundesversammlung der Reformbewegung „Wir sind Kirche“ aus dem Herzen. Sie findet an diesem Wochenende in Ulm statt.

„Zu unseren Sorgenthemen gehört das von den Kirchenleitungen forcierte Gemeindesterben“, sagt Christian Weisner vom „Wir sind Kirche“-Bundesteam. Laut Angaben der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) ist die Zahl der Pfarreien im Vergleich zu 1990 – damals gab es noch 13 313 – um fast 23 Prozent gesunken. Als einen Hauptgrund sehen die Laien von „Wir sind Kirche“ den Mangel an Priestern. „Jedes Gemeindemitglied weiß, woher der Priestermangel in unserer Kirche kommt, nämlich, weil Priester nicht heiraten dürfen“, schrieb Ruhestandspfarrer Fleiner. Forderungen nach Abschaffung des Zölibats, der Pflicht zur Ehelosigkeit, aber auch nach Öffnung des Priesteramtes für Frauen werden immer lauter - und stoßen regelmäßig auf die Ablehnung der Bischöfe. Bis heute hält eine Polarisierung zwischen der eher konservativen Kirchenführung und liberal eingestellten Gläubigen an, die vor 22 Jahren zum Entstehen der basis-demokratischen Reformbewegung „Wir sind Kirche“ führte. Sie wirbt für Reformen, damit „Menschen der Zugang zum Kern der christlichen Botschaft und zur Kirche auch im kommenden Jahrtausend ermöglicht wird“, wie es 1995 in einem „Kirchenvolksbegehren“ hieß. Dabei sprachen sich 1,8 Millionen Menschen, unter ihnen 1,5 Millionen Katholiken, für diese Ziele aus: Mitsprache der Ortskirchen bei Bischofsernennungen, volle Gleichberechtigung der Frauen – samt Zugang zum Priesteramt -, freie Wahl für Priester zwischen zölibatärer und nicht-zölibatärer Lebensform sowie eine positive Bewertung von Sexualität. Von den deutschen Bischöfen erwartet die Bewegung insgesamt mehr und konkrete Unterstützung für die Reformbemühungen von Papst Franziskus.

Zuletzt geändert am 23­.11.2017